Leitung für Völkerrechtsbüro ausgeschrieben

Das Völkerrechtsbüro im Außenministerium sucht einen Chef bzw. eine Chefin. Das Ressort schrieb die Gruppenleitung gestern im Amtsblatt der „Wiener Zeitung“ aus. Bisher leitete Helmut Tichy als Chef der Sektion I das Völkerrechtsbüro. Im Sommer erreicht der Diplomat das Pensionsantrittsalter und scheidet aus dem Dienst aus.

Die Nachfolge von Tichy als Sektionschef ist schon geregelt. Den Posten wird Österreichs bisheriger EU-Botschafter Nikolaus Marschik übernehmen. Der frühere Kabinettschef von Außenministerin Ursula Plassnik und Außenminister Sebastian Kurz (beide ÖVP) wird gleichzeitig als Generalsekretär tätig sein.

Wohl auch aufgrund der künftigen Doppelrolle Marschiks wird in der Sektion I eine Gruppenleitung eingerichtet. Diese soll sich um die Agenden des Völkerrechtsbüros kümmern, hieß es auf ORF.at-Anfrage aus dem Außenministerium. Eine Änderung der Organisation stehe kurz bevor. Man kehre wieder auf eine Struktur zurück, die es bis 2018 gegeben hat.

Außenminister beraten und Stellungnahmen abgeben

Das Völkerrechtsbüro berät den Außenminister bzw. die Außenministerin in völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Fragen und vertritt Österreich vor internationalen Menschenrechtsinstanzen.

Bis Ende Juli können sich Interessierte für den renommierten Posten bewerben. Weil Tichy bereits im August 65 Jahre alt wird, soll die neue Leitung den Dienst ehestmöglich antreten.

Für den Chefposten kommen nicht viele Leute infrage. Neben der österreichischen Staatsbürgerschaft und einem Hochschulabschluss müssen Interessierte auch die Aufnahmeprüfung für den höheren auswärtigen Dienst erfolgreich abgelegt haben.

Große Namen, zurückgezogene Stellungnahme

Ähnlich dem Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt häufen sich an der Spitze des Völkerrechtsbüros bekannte Namen. Vor Tichy, der nach seiner Amtszeit im unabhängigen Expertengremium des Europarats sitzen wird, leitete etwa der spätere Staatssekretär Hans Winkler das Büro. Auch Helmut Türk, der später als Richter am Internationalen Seegerichtshof in Hamburg tätig war, saß der Einheit vor.

Der breiten Öffentlichkeit wurde das Völkerrechtsbüro wohl wegen einer Stellungnahme zur Indexierung der Familienbeihilfe bekannt. 2018 hatten die Fachleute europarechtliche Bedenken gegen den Plan unter dem damaligen Bundeskanzler Kurz angeführt. Wenig später wurde die Stellungnahme zurückgezogen.

Aus dem Außenministerium unter FPÖ-Ressortchefin Karin Kneissl hieß es damals, die Einschätzung des Völkerrechtsbüros sei versehentlich zu früh abgeschickt worden, man habe um Fristverlängerung ersucht und arbeite an einer neuen Stellungnahme. Mit der alten Stellungnahme hatte das Völkerrechtsbüro immerhin recht: 2022 entschied der Europäischen Gerichtshofs (EuGH), dass die Indexierung gegen EU-Recht verstößt.