Eine lächelnde junge Frau auf einer belebten Straße in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul
Getty Images/Mongkol Chuewong
Neue Berechnung

Südkoreaner heute jünger als gestern

Am Mittwoch ist in Südkorea ein Gesetz in Kraft getreten, das die Berechnung des Lebensalters neu und nach internationalen Standards regelt. Bisher galt jedes Neugeborene mit der Geburt als ein Jahr alt. Nun muss sich die Bevölkerung umgewöhnen.

Das entsprechende Gesetz war im vergangenen Dezember beschlossen worden und soll die traditionelle Altersberechnung ab sofort ersetzen. Nach dem im Alltag der Südkoreanerinnen und Südkoreaner am häufigsten verwendeten Alterssystem galten die Menschen bisher bei der Geburt als ein Jahr alt, zum Jahreswechsel – und nicht zum Geburtstag – wurde ein Jahr hinzugefügt.

Die Berechnung nach internationalen Standards gab es bereits bisher, etwa bei medizinischen und rechtlichen Dokumenten. Viele Menschen nutzten aber für alles andere weiterhin die traditionelle Methode. Das soll sich nun ändern.

Verwirrung und hoher Aufwand

Die Unterschiedlichkeit hat nicht nur oft zu einem Durcheinander geführt, sondern auch zu erheblichem bürokratischem Aufwand. „Wir gehen davon aus, dass Rechtsstreitigkeiten, Beschwerden und soziale Verwirrung, die über die Berechnung des Alters entstanden sind, deutlich zurückgehen werden“, sagte Lee Wan Kyu, Minister für Regierungsgesetzgebung, am Montag bei einem Briefing.

Südkorea ändert Alter der Bevölkerung

Am Mittwoch werden alle Menschen in Südkorea um mindestens ein Jahr jünger, manche sogar um zwei Jahre. Das ist die Folge einer Anpassung an die internationale Zählweise. Bisher galt in Südkorea jedes Neugeborene schon als ein Jahr alt und ab dem darauffolgenden ersten Jänner schon als zwei.

Laut einer im September 2022 durchgeführten Regierungsumfrage gaben 86 Prozent der Südkoreanerinnen und Südkoreaner an, dass sie die international übliche Methode in ihrem Alltag nutzen würden, wenn die neuen Gesetze in Kraft treten. Kein Wunder, werden die meisten doch automatisch „jünger“: „Ich wäre nächstes Jahr 30 geworden, aber jetzt habe ich etwas mehr Zeit und ich liebe es“, so etwa der Büroangestellter Choi Hyun Ji gegenüber Reuters. „Es ist einfach toll, das Gefühl zu haben, jünger zu werden.“

Ursprünge im Dunkeln

Die Ursprünge des Systems sind unklar. Eine Theorie besagt, dass die Einjährigkeit bei der Geburt die im Mutterleib verbrachte Zeit berücksichtigt – wobei neun Monate auf zwölf aufgerundet werden. Andere führen es auf ein altes asiatisches Zahlensystem zurück, in dem es das Konzept der Null nicht gab.

Die Erklärungen für das zusätzliche Jahr, das bisher am 1. Jänner hinzugefügt wurde, sind komplizierter. Einige Fachleute gehen davon aus, dass die alten Koreaner ihr Geburtsjahr in den chinesischen 60-jährigen Kalenderzyklus einordneten. Zu einer Zeit, als es noch keinen Sonnenkalender gab, ignorierten sie dabei aber den Tag ihrer Geburt und fügten einfach ein Jahr am ersten Tag des Mondkalenders hinzu.

Das zusätzliche Jahr am 1. Jänner wurde alltäglich, als mehr und mehr Südkoreaner begannen, den westlichen Kalender zu befolgen. Auch in anderen ostasiatischen Ländern wie Japan war früher die Alterszählung nach dem Kalenderjahr möglich.