17-Jähriger von Polizei getötet: Aufruhr in Frankreich

Nach einem tödlichen Polizeischuss auf einen 17-Jährigen bei einer Verkehrskontrolle ist Frankreich in Aufruhr. Eine Motorradstreife hatte den Jugendlichen gestern am Steuer eines Autos in Nanterre bei Paris gestoppt. Als der junge Mann plötzlich anfuhr, fiel der tödliche Schuss.

Wie Innenminister Gerald Darmanin nun sagte, wurde der Beamte in Polizeigewahrsam genommen. Gegen ihn wird wegen Totschlagverdachts ermittelt. Dem 38-Jährigen drohe die Suspendierung. Der tödliche Schuss folgt anderen ähnlichen Vorfällen bei Polizeikontrollen und löste schwere Krawalle und politische Empörung aus.

Feuerwehrleute löschen in Nanterre (Frankreich) ein brennendes Auto
APA/AFP/Zakaria Abdelkafi

Macron drückte Mitgefühl aus

Präsident Emmanuel Macron reagierte heute mit Mitgefühl und klaren Worten auf den Tod des 17-Jährigen. „Wir haben einen Jugendlichen, der getötet wurde, das ist nicht zu erklären und nicht zu entschuldigen“, sagte Macron. „Zunächst möchte ich hier die Emotion der ganzen Nation ausdrücken, nach dem Geschehen und dem Tod des jungen Nahel, und der Familie unsere ganze Solidarität und das Mitgefühl der ganzen Nation ausdrücken.“ Er wolle, dass die Justiz ihre Arbeit in Ruhe mache und die Wahrheit so schnell wie möglich offengelegt werde.

Die Unruhen, die mit einer Demonstration vor der Polizeiwache von Nanterre begonnen hatten, griffen auf angrenzende Orte über. Mülltonnen, Autos, eine Grundschule und der Anbau eines Rathauses wurden von aufgebrachten Menschen in Brand gesetzt, Einsatzkräfte mit explodierenden Feuerwerkskörpern beschossen. Die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschoße ein. Nach Angaben des Innenministers wurden 31 Menschen festgenommen und 24 der 1.200 eingesetzten Polizeibeamten verletzt. Rund 40 Autos brannten aus.

Kritik von Polizeigewerkschaften

Es sei „unfassbar“, dass Präsident Emmanuel Macron den Vorfall als „unerklärlich, unverzeihlich“ bezeichnet habe, erklärte Alliance, einer der größten Polizeigewerkschaften des Landes. Der Präsident sowie weitere „Politiker, Künstler und andere“ würden „unsere Kollegen verurteilen, noch bevor die Justiz sich geäußert hat“, hieß es.

Unite SGP Police, eine weitere große Polizeigewerkschaft, erklärte, die „Unschuldsvermutung“ sei ein Gesetz und gelte für alle – auch für Polizisten. Die Gewerkschaft bezeichnete die „politische Vereinnahmung, die Reaktionen einiger Künstler und Sportler“ als „unanständig“, da sie „den Hass gegen Polizisten schürt“.

Die Rechtspopulistin und mehrfache Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen kritisiert die Reaktion Macrons als „sehr übertrieben“ und „unverantwortlich“. Ob die Tat „unverzeihlich“ oder „unerklärlich“ sei, müsse die Justiz entscheiden. Der Präsident sei bereit, die Grundsätze der Verfassung zu vergessen, um einen potenziellen Großbrand zu verhindern, sagte sie.