Arbeitsminister Martin Kocher
AA/Georg Hochmuth
Vollzeit, überregionale Vermittlung

Kocher präsentierte neue AMS-Zielvorgaben

Nach Kritik des grünen Koalitionspartners schon im Vorfeld hat ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher am Mittwoch seine Zielvorgaben für das Arbeitsmarktservice (AMS) bekanntgegeben. So soll ein Fokus auf die Vermittlung in Vollzeitstellen gelegt werden, sofern keine Betreuungspflichten oder andere Gründe zur Verringerung der Arbeitszeit vorliegen. Weiters soll die überregionale Vermittlung eine größere Rolle spielen.

Als Beispiel für überregionale Vermittlung wird der Wechsel von Wien nach Westösterreich angeführt – aber auch der Transfer von Personen aus der EU. Kocher betonte Mittwochabend vor Vertretern der Sozialpartner und des AMS, dass eine effiziente Vermittlung auch in Verbindung mit Sanktionsbestimmungen stehe.

Insbesondere eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Krankenstand und negative Beschäftigungsanreize im Zusammenhang mit der Kombination von geringfügiger Beschäftigung und Leistungsbezug solle verhindert werden.

Zukunftsbranchen und Zielgruppenorientierung

Qualifizierungsangebote in Zukunftsbranchen – wie unter anderem in den Bereichen Umwelt, Digitalisierung, Technik sowie im Pflege- und Sozialbereich – sollen forciert werden. Das AMS-Frühwarnsystem, Arbeitsstiftungen, Qualifizierungsförderungen für Beschäftigte sowie Beratungen für Betriebe sollen einen noch größeren Stellenwert einnehmen, so der Arbeitsminister.

Zielgruppengerechte Angebote sollen ausgebaut werden, Kocher nennt hier insbesondere fünf Bereiche: Langzeitarbeitslose, Jugendliche und junge Erwachsene, Frauen, Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte sowie Menschen mit Behinderung. Und schließlich soll die AMS-Organisation weiterentwickelt werden.

Verstärkte Kontrollen und Sanktionen

Die letzten allgemeinen Zielvorgaben stammen aus dem Jahr 2018. „Der Arbeitsmarkt und Wirtschaftsstandort befinden sich heute aber strukturell in einer anderen Verfassung als noch vor fünf Jahren. Deshalb ist es wichtig, die gemeinsamen Ziele des Arbeitsministeriums und des AMS neu zu definieren“, so Kocher.

Der Arbeits- und Wirtschaftsminister hatte zu Wochenbeginn angekündigt, das AMS solle mit verstärkten Kontrollen und Sanktionsmöglichkeiten Arbeitslose mit geringfügigem Zuverdienst rascher in Jobs über der Geringfügigkeitsgrenze vermitteln. Gleichzeitig sollen Unternehmen, die auffällig viele arbeitslose geringfügig Beschäftigte für sich arbeiten lassen, strenger kontrolliert werden.

Scharfe Kritik vom Koalitionspartner

Der Erlass von Kocher sorgte allerdings für Kritik des Koalitionspartners. Klubchefin Sigrid Maurer bezeichnete Teile des Erlasses am Dienstag in der ZIB2 als Schikane, dem Minister gehe es dabei vor allem um die Schlagzeilen. Die Grünen würden sich die Maßnahme „ganz genau anschauen“. Man müsse Kochers Erlass aber „zur Kenntnis nehmen“.

Kocher sieht das naturgemäß anders. Er verwies dazu im Pressefoyer nach dem Ministerrat auf Studien, um die Notwendigkeit seiner Maßnahme zu untermauern. „Der Erlass ist sehr ausgewogen“, betonte er. „Das ist natürlich überhaupt keine Schikane.“ Es gehe um jene, die eigentlich auch eine Vollzeitstelle bekommen könnten. Es sei aber „legitim, dass es unterschiedliche Ansichten gibt“, er sehe das „gelassen“, meinte Kocher. Es habe auch keine Auswirkungen auf die Stimmung in der Regierungssitzung gegeben.

AMS: Kritik an strengerer Vermittlung

Laut einem Erlass von ÖVP-Arbeitsminister Kocher soll das Arbeitsmarktservice (AMS) Arbeitslose mit geringfügigem Zuverdienst künftig rascher mittels verstärkter Kontrollen und Sanktionsmöglichkeiten in Jobs über der Geringfügigkeitsgrenze vermitteln. Kritik dazu gibt es von den Grünen, dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) sowie der Arbeiterkammer (AK).

IV begrüßt Vorgaben

Die Industriellenvereinigung (IV) begrüßte die neuen Zielvorgaben an das AMS. Man befürworte vor allem den Fokus auf die rasche Vermittlung Arbeitsloser auf offene Stellen sowie das Ziel, bedarfsgerechte und arbeitsplatznahe Qualifizierung zu forcieren. „Unsere Betriebe leiden auch in den gegenwärtig konjunkturell fordernden Zeiten unter einem enormen Arbeits- und Fachkräftemangel, dem es gegenzusteuern gilt. Es ist an der Zeit, alle Potenziale zu heben und Beschäftigungsanreize zu stärken“, so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung.