Rauch über dem Kimiwan wildfire complex in Northern Sunrise County
Reuters/Alberta Wildfire
Kanada

Waldbrände verheerender denn je

In nahezu jeder Provinz Kanadas lodern Waldbrände, fast 500 sind es derzeit, mehr als die Hälfte davon gilt als außer Kontrolle geraten. Eine Fläche von mehr als der Größe Österreichs wurde in den letzten Wochen ein Raub der Flammen – ein trauriger Rekord. Die Waldbrände haben auch Rekordmengen an Kohlenstoffemissionen verursacht, der Rauch reicht bis nach Europa. Und in den USA gibt es aktuell neue Warnungen.

Waldbrände sind im kanadischen Sommer seit Jahrzehnten Realität, der bisherige Rekord für die dadurch verbrannte Fläche wurde nach Angaben der Regierung im Jahr 1989 erreicht – über 11.000 Brände wurden damals registriert. Für gewöhnlich fängt die Brandsaison aber erst im Juli richtig an, heuer war es um Wochen früher. Zudem sind die Brände derzeit so großflächig wie seit Langem nicht mehr.

Den ungewöhnlich trockenen Bedingungen sowie den hohen Temperaturen geschuldet, kam es in Kanada bereits seit Anfang Mai zu Waldbränden. Erst traten sie im Westen des Landes auf, verbreiteten sich anschließend jedoch auch auf östlichen Regionen. Der Copernicus Atmosphere Monitoring Service (CAMS) der Europäischen Union teilte mit, dass der Rauch weit nach Osten über den Atlantik bis nach Irland, Frankreich und Spanien vorgedrungen sei. Laut CAMS haben die Waldbrände 160 Millionen Tonnen Kohlenstoff freigesetzt – so viel wie in keinem anderen Jahr seit 2014.

Verkohlte Waldflächen
APA/AFP/Nova Scotia Government
Verkohlte Wälder in ganz Kanada

US-Warnung an 100 Millionen Bürgerinnen und Bürger

In Toronto und Ottawa wurde die Luftqualität Mitte der Woche als „hohes Risiko“ für die Gesundheit der Menschen eingestuft. In Windsor an der US-kanadischen Grenze galt gar „sehr hohes Risiko“. Doch die Brände waren weit über die Grenzen Kanadas hinaus zu spüren:

US-Behörden forderten am Donnerstag über 100 Millionen Bürgerinnen und Bürger auf, Aktivitäten im Freien einzuschränken und eine Maske zu tragen, wenn sie an einer Lungen- oder Atemwegserkrankung leiden. Kindern und älteren Menschen wird geraten, anstrengende Aktivitäten zu verkürzen oder zu vermeiden.

Diesige Luft in großen Städten

Die Rauchschwaden der kanadischen Waldbrände ziehen nach Angaben des Nationalen Wetterdienstes von Wisconsin und Nord-Illinois über Michigan bis nach New York und an die Ostküste. Dort gelten bis Mitternacht (Ortszeit) Warnungen vor schlechter Luftqualität. In den großen Städten wie New York, Chicago und Philadelphia kann der Himmel den ganzen Tag über diesig sein, teilweise liegt Brandgeruch in der Luft. „Treffen Sie am Donnerstag Vorsichtsmaßnahmen. Wenn Sie unter gesundheitlichen Problemen leiden, einschließlich Atemwegserkrankungen wie Asthma, sollten Sie sich weniger im Freien aufhalten“, twitterte der Bürgermeister von New York City, Eric Adams.

Smog über Chicago
Reuters/Eric Cox
Trübe Luft in Chicago

Rauchwolke erreichte Europa, Österreich kaum betroffen

Bei Waldbränden entsteht eine große Rauch- und Aschewolke. In ihr werden kleine Teile wie etwa Rußpartikel in die Atmosphäre transportiert. Einmal in großer Höhe angekommen, können diese zusammen mit den Höhenwinden mehrere tausend Kilometer über den Globus transportiert werden. So erreichte die Rauchwolke der Waldbrände in Kanada bereits Großbritannien und die Iberische Halbinsel. Am Donnerstag sollte sie auch in Mitteleuropa ankommen.

In Österreich aber werden die Folgen kaum merkbar sein, am ehesten könnte sich in Vorarlberg ein intensiveres Morgenrot bzw. Abendrot zeigen: Aerosole streuen das Sonnenlicht und können damit zu ausgeprägten Himmelsfarben beitragen. Von Westen kommend dünnt sich der Rauch aber zunehmend aus, bedingt auch durch Niederschläge, die am Freitag über das Land ziehen sollen. Signifikante Auswirkungen auf die Luftqualität sind hierzulande nicht zu erwarten.

Prognosekarte der Aerosole aus der Verbrennung von Biomasse in Europa am Donnerstag, 29.6. um 20 Uhr
Prognosekarte der Aerosole aus der Verbrennung von Biomasse in Europa am Freitag, 30.6. um 14 Uhr
ECMWF ECMWF
Prognose zur Bewegung von Rauchwolkenpartikeln (Aerosole aus der Verbrennung von Biomasse) in Europa am Donnerstagabend und Freitagmittag

Alarmsignale Richtung Zukunft

Von Entwarnung kann aber keine Rede sein. Mark Parrington, leitender Wissenschaftler bei CAMS, sagte: „Unsere Beobachtungen des Ausmaßes und der Dauer der Waldbrandemissionen haben gezeigt, wie ungewöhnlich diese im Vergleich zu den vorausgegangenen zwei Jahrzehnten waren.“

„Der weitläufige Rauchtransport ist nicht ungewöhnlich und wird voraussichtlich keine nennenswerten Auswirkungen auf die Luftqualität in Europa haben, aber es ist ein deutliches Zeichen für die Intensität der Brände, dass die Werte der optischen Tiefe der Aerosole und anderer im Zuge der Rauchwolke auftretenden Schadstoffe so hoch sind, wenn sie diese Seite des Atlantiks erreichen“, so Parrington.

Smog über Toronto
APA/AFP/Getty Images/Ian Willms
Von Toronto (Bild) bis Toulouse – der Rauch bewegte sich Tausende Kilometer

Die Waldbrände vermitteln einen Eindruck von der Gefahr, die Kanada in Zukunft droht. Aufgrund der Klimakrise werden die Brände in den borealen Wäldern, das sind die Wälder der kaltgemäßigten Klimazone, der Nordhalbkugel Fachleuten zufolge noch häufiger und heftiger werden. Die Brände sind jedoch nicht nur eine Folge des Klimawandels, sie befeuern ihn auch noch: Pro verbranntem Hektar setzt der boreale Wald zehn- bis 20-mal mehr CO2 frei als andere Ökosysteme und trägt so zur globalen Erwärmung bei – ein Teufelskreis.

Wetterextreme und Klimakrise

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut dem aktuellen IPCC-Bericht aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.