Bachmannpreis live: Vom Proseminar zur Literatur

Der Bachmannpreis-Wettbewerb hat heute die Proseminarebene verlassen. Sophie Klieeisen, Martin Piekar, Jacinta Nandi und Anna Felnhofer treten mit ihren durchaus sehr unterschiedlichen Arbeiten an. ORF Topos ist bei jeder Etappe live dabei. Gleich zu Beginn überraschte ein Text, der von der quälenden Ich-Begehung absah und die Verfasstheit gesellschaftlicher Schichtungen ins Auge nahm.

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Ich, ich, ich am ersten Tag

Ich-Zentrierung und Binnenperspektive waren die großen Themen am ersten Tag des Bachmannpreis-Wettlesens. Das Politische spielte wenn eine indirekte Rolle oder wurde zur Hintergrundfolie. Waren die Texte im Vorjahr nach der Covid-Pandemie deutlich dystopischer und mit Blick auf die Gesellschaft ausgelegt, sind die Arbeiten diesmal sehr auf die Positionierung und Befragung eigener Identitäten, kulturell, vor allem aber in Genderfragen fixiert.

Das Politische wird indirekt in die Pflicht genommen. Infrage steht auch, wie sehr eine neue Generation überhaupt die Leistungskategorien der Literaturkritik annehmen will – was am Ende natürlich auch das Wettlesen in diesem Rahmen zu einer paradoxen Angelegenheit macht.

Kritik versus „Next Generation“

Die Jury, mit Ausnahme der Autorin Mithu Sanyal vielleicht, repräsentiert deutlich einen eher klassisch ausgelegten Anspruch im Blick auf das, was Texte zu leisten haben: Dicht, durchkomponiert sollten die Arbeiten sein, doch schon gestern war man sich nicht einig, ob das klassische Arsenal in der Bewertung immer weiterhilft bei Arbeiten, denen man entweder große Raffinesse oder Banalität gepaart mit einem großen Literaturwollen attestieren konnte.

Eigentlich, so bleibt als Zwischenfazit, ist der Bachmannpreis zu einem Nachwuchsliteraturfestival geworden – was man natürlich als wichtige Funktion ansehen kann. Dass dieser Preis die Breite der Literatur im deutschsprachigen Raum abbildet, wie man das in der Vergangenheit noch behaupten konnte, ist einer neuen Funktion gewichen. Der Preis ist zum Seismografen geworden, wie eine neue Generation gegenüber einem etablierten Literaturbetrieb tickt.