Salzabbau zur Lithium-Gewinnung am Salzsee Uyuni in Bolivien
APA/AFP/Pablo Cozzaglio
Lithium

Russland und China kooperieren in Bolivien

Im Rennen um den Rohstoff Lithium investieren Russland und China in die Förderung des weltweit stark nachgefragten Leichtmetalls in Bolivien. Das chinesische Unternehmen Citic Guoan und die russische Uranium One Group, eine Tochter des Nuklearkonzerns Rosatom, würden dafür mit dem bolivianischen Konzern Yacimientos de Litio Bolivianos (YLB) zusammenarbeiten, wie Boliviens Präsident Luis Arce bei der Unterzeichnung einer entsprechenden Vereinbarung am Donnerstag sagte.

Alle drei Unternehmen sind mindestens zu großen Teilen in staatlicher Hand. Insgesamt würden rund 1,4 Milliarden US-Dollar (rund 1,28 Mrd. Euro) für den Bau zweier Lithiumfabriken im Department Potosi ausgegeben, teilte der bolivianische Staatskonzern YLB am Freitag mit.

Uranium One Group wird 578 Millionen Dollar in eine Anlage in den Salzpfannen von Pastos Grandes und Citic Guoan 857 Millionen Dollar in eine zweite Anlage nördlich der Salzwüsten von Uyuni investieren.

Salzabbau zur Lithium-Gewinnung am Salzsee Uyuni in Bolivien
APA/AFP/Pablo Cozzaglio
Salzabbau zur Lithiumgewinnung am Salzsee Uyuni in Bolivien

Vorkommen auf 21 Mio. Tonnen geschätzt

„Diese beiden Abkommen werden es uns ermöglichen, diesen Industrialisierungsprozess mit zwei sehr wichtigen internationalen Unternehmen zu beschleunigen“, sagte YLB-Präsident Carlos Ramos. Mindestens 45.000 Tonnen Lithium pro Jahr sollen von Citic Guoan und Uranium One Group produziert werden.

Bolivien beziffert seine Lithiumreserven in den Salzseen von Uyuni auf 21 Millionen Tonnen und geht davon aus, dass es sich um die größten Vorkommen der Welt handelt. Das südamerikanische Land hat jedoch Schwierigkeiten, sein Lithium zu fördern und zu verarbeiten, was zum Teil auf die geografische Lage, politische Spannungen und fehlendes technisches Know-how zurückzuführen ist.

Ein Lager in Llipi bei den Salzseen von Uyuni in Bolivien
Reuters/David Mercado
Ein Lithiumlager in Llipi bei den Salzseen von Uyuni

Lithium ist heute eines der gefragtesten Metalle der Welt. Das weiße Metall gilt als das „Erdöl des 21. Jahrhunderts“. Angesichts des Booms von Elektroautos und des rasant steigenden Bedarfs an Batterien hat ein globales Wettrennen um das Leichtmetall eingesetzt, das für die Zukunft der E-Mobilität unverzichtbar ist. Neben Batterien von E-Autos wird es beispielsweise auch in Akkus für Smartphones und Tablets verbaut.

China: Großeinkauf auch in Afrika

Bis 2025 könnte China nach den Erwartungen von Fachleuten rund ein Drittel der weltweiten Lithiumversorgung kontrollieren. Chinesische Unternehmen haben bereits Milliarden in Afrika investiert, um sich Vorkommen zu sichern. Simbabwes größte Lithiummine Bikita ist in den Händen des chinesischen Großkonzerns Sinomine. Das chinesische Unternehmen Zhejiang Huayou Cobalt besitzt Kontrollrechte für Simbabwes zweitgrößte Lithiumgrube, Arcadia.

Simbabwe, die Demokratische Republik Kongo, Ghana, Namibia und Mali verfügen nach Angaben der Geological Society of America zusammen über 4,38 Millionen Tonnen Lithium. Bisher produzieren afrikanische Länder allerdings nur 40.000 Tonnen im Jahr. Bis 2030 wird ein Anstieg auf 500.000 Tonnen erwartet.

Ein Arbeiter beim Abfüllen von Lithiumkarbonat in bei den Salzseen von Uyuni in Bolivien
Reuters/David Mercado
Ein Arbeiter beim Abfüllen von Lithiumkarbonat

Geringere Anforderungen an Standards

Die Lithiumproduktion verursacht starke Umweltschäden, um diese zu vermeiden wäre viel Geld zu investieren, doch das wiederum würde sich auf den Lithiumpreis niederschlagen, so Fachleute. Ein Wettbewerbsvorteil chinesischer Investitionen in Ländern in Südamerika und Afrika ist, dass diese meist geringere Anforderungen an Umwelt- und Menschenrechtsstandards als etwa europäische Firmen stellen, so Fachleute.

„Die Regierungen wissen, dass sie durch die Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen nicht das gleiche Qualitätsniveau erreichen – aber sie bereitet ihnen auch weniger Kopfschmerzen, es gibt weniger Vorschriften, weniger Vorträge über Umweltbelastungen und weniger Beschwerden von Nichtregierungsorganisationen“, sagte Ryan Berg vom US-Zentrum für Strategische und Internationale Studien (CSIS) der Fachzeitschrift „Foreign Policy“ kürzlich.

Xi gab Anweisung aus

Die Offensive in Sachen Rohstoffen und speziell Lithium hatte Staats- und Parteichef Xi Jinping vor drei Jahren vorgegeben: „Wir müssen die Abhängigkeit internationaler Lieferketten von China verstärken und wirksame Gegenmaßnahmen und Abschreckungsmöglichkeiten gegen Ausländer schaffen, die die Versorgung nach China künstlich unterbrechen wollen.“

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnte in ihrer China-Rede Ende März vor allzu großer Abhängigkeit bei Rohstoffen von China – besonders im Falle politischer Streitigkeiten mit Peking. Immerhin beziehe die EU ihr Lithium zu 97 Prozent aus China. „Batterien, die unsere Elektroautos antreiben, werden den Bedarf an Lithium bis 2050 um das 17-fache steigen lassen“, sagte von der Leyen.

Nachfrage weitaus größer als Angebot

Der weltweit größte Lithiumproduzent Albemarle erwartet, dass die weltweite Lithiumnachfrage das Angebot im Jahr 2030 um 500.000 Tonnen übersteigen wird. Andere Produzenten haben leicht abweichende Prognosen, aber alle warnen vor einer drohenden Verknappung. Das Unternehmen Albemarle wächst in Nord- und Südamerika, Asien und Australien.

Auch Fachleute warnen vor Knappheit. „Man könnte in eine Krisensituation geraten, in der die Batterieunternehmen keine Sicherheit für (Lithium-)Rohstoffe haben“, sagte Stu Crow, Vorsitzender von Lake Resources, am Rande der Fastmarkets-Konferenz für Lithium- und Batterierohstoffe letzte Woche in Las Vegas.

Tempo der Energiewende in Gefahr

Verzögerungen bei der Genehmigung von Minen, Personalknappheit und die Inflation könnten dazu beitragen, dass nicht genügend Batteriemetall geliefert werden kann. Auf dem Spiel steht das Tempo, mit dem Elektrofahrzeuge Verbrennungsmotoren verdrängen könnten, ein zentrales Ziel der Energiewende. „Es besteht eine Diskrepanz zwischen der Panik, die wir hier sehen, und der frenetischen Aktivität, mit der versucht wird, die Versorgung innerhalb der Branche zu sichern“, sagte Crow weiter.

Nach Angaben von Fastmarkets waren im vergangenen Jahr weltweit 45 Lithiumminen in Betrieb. In diesem Jahr sollen elf und im nächsten Jahr sieben weitere eröffnet werden. Dieses Tempo liegt nach Expertenmeinung weit unter dem, was eine angemessene weltweite Versorgung sicherstellt.