Erste Anklagen wegen verschleppter ukrainischer Kinder

Die ukrainische Staatsanwaltschaft hat gestern im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Verschleppung Dutzender Waisenkinder die ersten Anklagen wegen Kriegsverbrechen erhoben. Sie richten sich gegen einen russischen Politiker und zwei mutmaßliche ukrainische Kollaborateure.

Sie sollen im September und Oktober 48 Waisen aus einem Kinderheim in der seinerzeit russisch besetzten südukrainischen Stadt Cherson verschleppt und nach Moskau sowie auf die von Russland annektierte Halbinsel Krim gebracht haben. Das geht aus Dokumenten der Staatsanwaltschaft hervor, die die Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnte.

Zusammenarbeit mit IStGH

Die Anklage ist das Ergebnis umfassender Ermittlungen der ukrainischen Behörden in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag. Dessen Chefankläger hatte das Kinderheim in Cherson besucht.

Es seien die ersten Verdächtigen, die von der Ukraine angeklagt würden, hieß es aus der Justiz zu Reuters. Sollte der Vorwurf bewiesen werden, wäre das ein Verstoß gegen die Genfer Konvention von 1949 und könnte nach ukrainischem Recht mit einer Haftstrafe von bis zu zwölf Jahren geahndet werden. Wo sich die Kinder, die damals zum Teil erst ein Jahr alt waren, aufhalten, ist der Staatsanwaltschaft zufolge ungewiss.