Ausschreitungen bei Demonstration in Frankreich
Reuters/Juan Medina
Rund 1.300 Festnahmen

Krawalle hielten Frankreich erneut in Atem

In Frankreich haben zahlreiche Menschen die vierte Nacht in Folge schwere Zerstörungen angerichtet. Die Ausschreitungen fanden in mehreren Städten statt, sprangen dieses Mal aber auch auf französische Überseegebiete über. Am Samstag soll jener Teenager, dessen Tod die Proteste ausgelöst hatte, beerdigt werden. Präsident Emmanuel Macron sagte wegen der Krawalle seinen Staatsbesuch in Deutschland ab.

Auch die starke Polizeipräsenz und behördlich angeordnete Einschränkungen des öffentlichen Lebens konnten die erneuten Ausschreitungen in der Nacht auf Samstag in ganz Frankreich nicht verhindern. Innenminister Gerald Darmanin hatte am Freitagabend angekündigt, dass 45.000 Polizistinnen und Polizisten in der Nacht für Ordnung sorgen sollten – darunter auch Spezialkräfte. In Großstädten wie Lyon, Marseille und Straßburg waren Demonstrationen und Veranstaltungen verboten worden, wie der Sender franceinfo berichtete.

Trotzdem gab es Plünderungen, Sachbeschädigungen und gewalttätige Zusammenstöße. Zu besonders heftigen Auseinandersetzungen kam es Medienberichten zufolge in Marseille und Lyon. In Marseille wurde unter anderem nach einem Brandanschlag ein Supermarkt geplündert. Schon in der Nacht auf Freitag waren mehr als 900 Menschen festgenommen worden, in der Nacht auf Samstag waren es 1.311, so das französische Innenministerium. Zuvor war von knapp 1.000 die Rede gewesen.

Darmanin teilte mit, die Gewalt sei insgesamt trotzdem von „weitaus geringerer Intensität“ gewesen. Er sagte: „Die Republik wird gewinnen, nicht die Randalierer.“ Er sei nicht der Ansicht, dass der Ausnahmezustand verhängt werden müsse.

Hunderte Festnahmen in Frankreich

In Frankreich gab es am Freitag bereits die vierte Nacht in Folge Proteste und Ausschreitungen. Hunderte Menschen wurden festgenommen. Grund für die Unruhen ist die Tötung eines Teenagers durch einen Polizisten Anfang der Woche.

Auch Proteste in der Karibik

Die Unruhen griffen auch auf französische Überseegebiete in der Karibik über. In Cayenne, der Hauptstadt des südamerikanischen Departments Französisch-Guayana, kam ein Mensch durch einen Querschläger ums Leben. Nach Medienberichten handelte es sich bei dem Mann um einen Mitarbeiter der Lokalverwaltung. Auch im karibischen Überseegebiet Martinique kam es nach einem Bericht des regionalen Portals France-Antilles in der Nacht auf Freitag zu Gewalt. Etwa 20 bis 30 Vermummte warfen demnach in der Hauptstadt Fort-de-France mit Steinen auf Polizisten. An mehreren Orten seien Mülltonnen angezündet worden.

Zerstörung nach Ausschreitungen bei Demonstration in Frankreich
Reuters/Yves Herman
In Frankreich kam es erneut zu Ausschreitungen und Plünderungen. Im Bild: Nanterre

Auch in Brüssel kamen am Freitagnachmittag als Reaktion auf den Tod des 17-Jährigen erneut Jugendliche zusammen. Einer Polizeisprecherin zufolge versammelten sie sich nach einem Aufruf in sozialen Netzwerken an verschiedenen Orten. Zwischenzeitlich seien rund 50 Menschen präventiv festgenommen worden, hieß es. Bereits am Donnerstagabend war es in der belgischen Hauptstadt zu Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und Ordnungskräften gekommen.

Beerdigung geplant

Auslöser der Unruhen war der Tod eines Jugendlichen bei einer Polizeikontrolle am Dienstag. Eine Motorradstreife in Nanterre bei Paris hatte den 17-jährigen Nahel am Steuer eines Autos gestoppt. Als der Jugendliche plötzlich anfuhr, fiel ein tödlicher Schuss aus der Dienstwaffe des Polizisten. Der Vorfall sorgte landesweit für Bestürzung, Frankreich wird seitdem von heftigen Unruhen erschüttert. Der Polizist, der für Nahels Tod verantwortlich gemacht wird, kam in Untersuchungshaft. Gegen ihn wurde ein förmliches Ermittlungsverfahren wegen Totschlags eingeleitet. Der Jugendliche soll am Samstag beerdigt werden.

Poilzeieinheit während der Ausschreitungen in Frankreich
Reuters/Nacho Doce
Das Polizeiaufgebot war enorm

Die Regierung antwortete am Freitag auf die Randale u. a. mit Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Beispielsweise sollen Straßenbahnen und Busse bis auf Weiteres nicht mehr nachts fahren, Großveranstaltungen wurden abgesagt, der Verkauf und das Mitführen von Feuerwerkskörpern und brennbaren Stoffen verboten. Da viele der Randalierer nach Angaben der Regierung sehr jung sind, appellierte Macron an das Verantwortungsbewusstsein der Eltern und machte die sozialen Netzwerke für die Gewalteskalation verantwortlich.

Macron sagte am Samstag seinen Staatsbesuch in Deutschland ab, der für Montag geplant war. Das meldete die ARD. Der Besuch sollte die deutsch-französische Freundschaft erneuern.

Mbappe warnt vor Gewalt

Der französische Fußballstar Kylian Mbappe zeigte sich vom Tod des 17-Jährigen betroffen und warnte vor Gewalt. „Seit diesem tragischen Ereignis sind wir Zeuge des Ausdrucks der Wut der Bevölkerung, deren Inhalt wir verstehen, deren Form wir jedoch nicht gutheißen können“, heißt es in dem Statement, das er am Freitagabend wohl zusammen mit anderen Nationalspielern veröffentlichte. Gewalt löse keine Probleme. „Die Zeit der Gewalt muss enden, um der Zeit der Trauer, des Dialogs und des Wiederaufbaus Platz zu machen“, erklärte Mbappe.