„Bibi Ciao“: Massendemos gegen Justizumbau in Israel

In Israel haben gestern Abend wieder Zehntausende Menschen gegen den umstrittenen Justizumbau protestiert. Bei der zentralen Kundgebung in Tel Aviv skandierten die Demonstrantinnen und Demonstranten „Demokratie“, während sie weiß-blaue Nationalfahnen schwenkten. Mehrere Teilnehmenden dichteten das Protestlied „Bella Ciao“ zudem kurzerhand zu „Bibi Ciao“ um. „Bibi“ ist der Spitzname des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.

Demonstranten in Tel Aviv
Reuters/Ilan Rosenberg

Auch in Jerusalem, Haifa und etlichen weiteren Städten gingen Medienberichten zufolge wieder Tausende auf die Straße.

Neuer Anlauf nach Pause

Die Regierung geht den Justizumbau aktuell wieder konkret an. Netanjahu hatte die Pläne nach starkem Druck im März zunächst ausgesetzt. Israelischen Medien zufolge soll nun aber in den nächsten Wochen ein Gesetz verabschiedet werden, das die Möglichkeit des Gerichts einschränken soll, Entscheidungen der Regierung für „unangemessen“ zu erklären. Kritikerinnen und Kritiker befürchten, dass entscheidende Posten so willkürlich von der Regierung besetzt werden könnten.

Vor wenigen Tagen versuchte Netanjahu noch zu beschwichtigen: Er habe einen umstrittenen Teil der Reform „verworfen“, sagte er dem „Wall Street Journal“. Konkret gehe es um eine Klausel, mit der das Parlament die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs mit einer einfachen Mehrheit aufheben kann. Kritiker sehen darin jedoch keine Kehrtwende der Reform, auch weil aus ihrer Sicht noch viele weitere problematische Punkte auf der Agenda der Regierung stehen.

Die Koalition will mit dem Umbau das oberste Gericht des Landes gezielt schwächen. Die Regierung wirft den Richterinnen und Richtern übertriebene Einmischung in politische Entscheidungen vor. Kritiker sehen die Gewaltenteilung und damit die demokratische Ordnung in Gefahr.