Das Parlament in Wien
ORF/Roland Winkler
ORF, Raser und Weiteres

Nationalrat mit buntem Saisonfinale

Vor der Sommerpause nimmt der Nationalrat noch einmal eine breite Palette an Themen durch. Zu den Gesetzesanträgen, die beschlossen werden sollen, gehören die ORF-Reform, das Raserpaket und die Ausweitung der Primärversorgungseinrichtungen. Die SPÖ zeigt sich zudem wieder gesprächsbereit, was Zweidrittelmehrheiten angeht.

Drei Tage hat man sich vorgenommen, um an die 40 Beschlüsse abzuarbeiten. Den Beginn des Programms bildete am Mittwoch eine Aktuelle Stunde auf Antrag von NEOS, die sich der Forderung nach weniger Steuern auf Arbeit widmet. „Setzen Sie massiv auf steuerliche Entlastung, vor allem bei den Lohnnebenkosten“, appellierte NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger an Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP).

In Österreich würden die Preise schneller steigen als in anderen europäischen Ländern, was der Wirtschaft und der Wettbewerbsfähigkeit in Österreich schade, so die NEOS-Chefin. Die Maßnahmen der Regierung hätten die Inflation durch per „Gießkanne“ verteilte Hilfen weiter befeuert.

Regierung hebt Positives hervor

Die ÖVP kritisierte Meinl-Reisinger auch für deren Themensetzung – gemeinsam mit der FPÖ führe sie einen „feurigen Kulturkampf gegen das Gendern“, anstatt sich auf die Inflation zu konzentrieren: „Ihr seid echt nicht mehr ganz bei Trost.“

Brunner wollte indes das Positive sehen: So seien die Kaufkraft und die realen Haushaltseinkommen sogar leicht gestiegen. „Die Maßnahmen waren treffsicher“, so der Minister. Strukturelle Entlastungen habe man u. a. bereits durch die Abschaffung der kalten Progression geschaffen, auch eine Senkung der Lohnnebenkosten habe man bereits umgesetzt, sagten sowohl Brunner als auch der grüne Budgetsprecher Jakob Schwarz.

Steuern auch für FPÖ und SPÖ zu hoch

Auch für Hubert Fuchs (FPÖ) und Kai Jan Krainer (SPÖ) sind die Steuern auf Arbeit zu hoch. Finanzieren will Krainer eine Reduktion mit einer Vermögenssteuer – „Die Superreichen sollen endlich einen gerechten Beitrag leisten.“

Dem konnte der Finanzminister nichts abgewinnen: „Hart erarbeitetes Eigentum“ wäre auch beim Einziehen einer Schwelle betroffen, meinte der Finanzminister. Fuchs kritisierte die Regierung indes für das „Abkassieren“ der Bevölkerung. Unter dem „Deckmantel des Klimaschutzes“ gebe es große Steuererhöhungen, etwa die „CO2-Strafsteuer“.

ORF-Novelle steht am Programm

Die beiden anderen Plenartage starten mit Fragestunden. Am Donnerstag ist ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek an der Reihe, am Freitag dann Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Lange erwartet, dennoch umstritten ist die ORF-Novelle, die am Mittwoch den Nationalrat passieren soll. Sie bringt das Aus der gerätegekoppelten GIS-Gebühr, die durch eine Haushaltsabgabe in Höhe von 15,30 Euro pro Monat ersetzt wird. Der ORF erhält mehr Möglichkeiten im digitalen Raum. Als Gegenzug soll der Textanteil auf ORF.at deutlich beschränkt werden. Damit geht die Politik auf die langjährigen Forderungen der Privatverleger ein, den Inhalt auf der „Blaue Seite“ zu reduzieren.

Turbulente Medientage

Vor der Sommerpause wird im Parlament noch ein vieldiskutiertes Gesetz beschlossen: die Novelle des ORF-Gesetzes. Die Medienhäuser protestieren gegen die geplanten Gesetzesänderungen, die Finanzierung und digitale Möglichkeiten des ORF, der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) geht mit einer EU-Wettbewerbsbeschwerde gegen das neue ORF-Gesetz vor. Im Zentrum der Debatte stand und steht ORF.at, das seine Meldungen nach der neuen Regelung einschränken wird, von den Medienhäusern aber dennoch als zu zeitungsähnlich kritisiert wird.

Raserpaket soll beschlossen werden

Ebenfalls am ersten Tag der Plenarwoche abgehandelt wird der nächste gesetzliche Schritt gegen Raser. So soll es künftig zusätzlich zu einer Geldstrafe bei sehr hohen Geschwindigkeitsüberschreitungen die Möglichkeit geben, das Fahrzeug zu beschlagnahmen. Bei mehr als 80 km/h Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet bzw. 90 km/h im Freiland soll unter bestimmten Umständen schon ein einmaliger Verstoß zum Verlust des Fahrzeugs führen können.

Umstritten ist am Auftakttag auch eine Novelle zum Kindergeld, die besagt, dass man die volle Bezugszeit von 24 Monaten nur dann nutzen kann, wenn der zweite Elternteil zumindest zwei Monate in Karenz geht. Neu eingeführt wird der Anspruch für Arbeitnehmer, bis zu vier Wochen pro Jahr freigestellt zu werden, um ein Kind bei einem Rehaaufenthalt zu begleiten.

Umgesetzt wird eine EU-Vorgabe im Terrorinhaltebekämpfungsgesetz. Hier geht es um die Verpflichtung für Hosting-Anbieter, Terrorinhalte umgehend zu löschen. Bei Zuwiderhandeln drohen Strafen bis zu einer Million Euro.

SPÖ gibt Blockadehaltung auf

Vorbei ist die Blockade von Verfassungsmaterien durch die SPÖ. Die Sozialdemokraten werden dem Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz zustimmen. Dieses soll Verbraucher unterstützen, den billigsten und für sie passenden Tarif zu finden. Auch andere kleinere Materien werden von der SPÖ getragen, etwa die schon lange ausständige Besetzung der Kontrollkommission des Staatsschutzes.

Nationalratssitzung
ORF/Roland Winkler
Nationalrat tagt zum letzten Mal vor der Sommerpause

Keine Zustimmung wird es hingegen am Donnerstag zum Krisensicherheitsgesetz geben, das etwa ein neues Lagezentrum unter dem Innenministerium vorsieht. Hier müsste man sich eine einfachgesetzliche Lösung ausdenken, soll der Beschluss noch vor dem Sommer erfolgen.

Keine Probleme für eine Mehrheit dürfte der neue Eltern-Kind-Pass erhalten, der im Juni an einem Formalfehler gescheitert war und neu ins Plenum gebracht werden musste. Mit einer Novelle für den Ausbau von Primärversorgungseinrichtungen sollen Einrichtungen für Kinder etabliert werden, um dem Kinderärztemangel entgegenwirken zu können. Attraktiviert werden sollen Freiwilliges Sozial- und Umweltjahr über ein höheres Taschengeld.

CoV-Sonderregel als Dauerregel

Der Schlusstag der Plenarwoche bringt etwa den Übertritt von Coronavirus-Sonderregelungen ins Dauerrecht. Dabei geht es unter anderem darum, dass Videozuschaltungen vor Gericht bei Zivilverfahren weiterhin möglich sind. Auch Gesellschafterversammlungen etwa von Vereinen, Genossenschaften und Kapitalgesellschaften sollen in Zukunft virtuell abgehalten werden können.

Weiters auf der Tagesordnung finden sich neue Antikorruptionsregelungen. Strafbar wird, wenn man einen Kandidaten mittels einer Zuwendung auf einen günstigen Listenplatz setzen lässt bzw. auch die Person selbst, wenn sie davon weiß und finanziell profitiert. Sofort strafbar werden Kandidaten, die einen Vorteil – im Normalfall Geld – annehmen und dafür ein pflichtwidriges Amtsgeschäft versprechen. Schon am Mittwoch beschlossen wird die Ermittlungs- und Beschwerdestelle für Fälle von Polizeigewalt, deren Unabhängigkeit ob ihrer Ansiedlung im Bundeskriminalamt immer wieder angezweifelt wird.

Volksbegehren beschäftigen den Nationalrat in seiner Plenarwoche ebenso. Neben sieben „Ersten Lesungen“, in denen eine erste Befassung mit den Materien ansteht, werden drei Initiativen wie etwa das „Kinderrechte“-Volksbegehren bereits enderledigt. Haben die Abgeordneten das Programm durch, können sie dann einmal durchschnaufen. Erst am 12. September beginnt die nächste Tagung, also der Beginn der nächsten Saison des Parlaments.