Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP)
APA
Novelle geplant

Regierung will bei Homeoffice nachbessern

Homeoffice ist auf dem heimischen Arbeitsmarkt mittlerweile unverzichtbar. Das zeigt die Evaluierung des Maßnahmenpakets, das im Zuge der Pandemie am 1. April 2021 in Kraft getreten ist. Die Möglichkeit für Homeoffice mache Arbeitsplätze attraktiver, hieß es am Montag bei einer Pressekonferenz von ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher, allerdings verschwimmen gerade bei Frauen öfter die Grenzen zwischen Freizeit und Arbeit. Die Regierung überlegt nun eine Ausweitung.

Rund 25 Prozent der Beschäftigten in Österreich würden derzeit gelegentlich oder öfter im Homeoffice arbeiten, sagte Kocher bei der Vorstellung der Ergebnisse der Evaluierung. In vielen Betrieben, darunter auch im eigenen Ministerium, gebe es entsprechende Vereinbarungen, gedacht als Möglichkeit der flexibleren Arbeitsgestaltung – für beide Seiten. Und beide Seiten würden das auch als positive Maßnahme schätzen.

Das und die Möglichkeit, mit der Arbeit zu Hause Wege zu vermeiden, habe sich im Vergleich zu Pandemiezeiten, wo Homeoffice vorrangig als Schutzmaßnahme gedacht war, mittlerweile als Beweggründe etabliert, so Kocher. Grundsätzlich sei das Maßnahmenpaket zum Homeoffice immer als dauerhafte Lösung gedacht gewesen, allerdings sei die grundsätzliche Möglichkeit vor allem bei Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen in kleinen Betrieben nicht immer bekannt.

Statement von ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher

ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher erwartet trotz der wirtschaftlichen Stagnation in Österreich weiterhin eine „stabile Arbeitsmarktsituation“. Das sagte er bei einer Pressekonferenz am Montag.

Drei Punkte für Änderungen

Kocher nannte drei Punkte für mögliche Änderungen bzw. Adaptierungen, darunter erstens eine Infokampagne, um alle Möglichkeiten des Homeoffice aufzuzeigen. Bei den Rahmenbedingungen für Homeoffice soll als Punkt zwei ebenfalls nachgebessert werden, da die Begrenzung auf die eigene Wohnung als zu einschränkend empfunden wird. Noch diese Woche will Kocher dazu Gespräche mit den Sozialpartnern aufnehmen.

Diese Ausweitung in Richtung Telearbeit bzw. „Remote Work“, wie es Kocher nannte, sei ein großer und auch berechtigter Wunsch, es brauche aber klare Definitionen, etwa wegen des Versichungsschutzes. Dazu müsse auch mit Sozial- und Finanzministerium geredet werden. Drittens soll grenzübergreifendes Homeoffice einfacher werden: Der Minister verwies auf eine seit 1. Juli geltende entsprechende Rahmenvereinbarung auf EU-Ebene, wonach bis zu 50 Prozent der Arbeit auch im Ausland gemacht werden darf.

Beide Seiten mit Homeoffice zufrieden

Bei der Umfrage von rund 1.500 Beschäftigten und über 500 Firmen zwischen November 2022 und Juni 2023 habe sich gezeigt, dass 80 Prozent der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und auch Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen die Änderungen durch das Paket von 2021 als positiv einschätzen, so Kocher weiter. Von beiden Seiten werde mehr Flexibilität beim Arbeiten, angepasst an neue technologische Möglichkeiten, gewünscht, so Nadja Bergmann von der L&R Sozialforschung. Die Befürchtung, dass durch Homeoffice die Produktivität sinke, habe sich nicht bewahrheitet, sagte Kocher.

Homeoffice werde von 70 Prozent der Betriebe vor allem auf Wunsch der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen angeboten, so Bergmann weiter. Viel sei seit der Einführung des Pakets im Bereich Homeoffice auch formalisiert worden, etwa in Bezug auf Arbeitsmittel, wenn auch stärker in großen Betrieben. Viele Beschäftigte seien entsprechend ausgerüstet, zum Großteil würden die Firmen Laptop und Internetanschluss zur Verfügung stellen.

Mehrheit schätzt eingesparte Wege

85 Prozent der Beschäftigten gaben bei der Umfrage an, dass sie durch Homeoffice vor allem Pendelzeiten einsparen würden, ähnlich hoch auch der Anteil bei den Arbeitgebern. 80 Prozent der Firmen sehen weiters eine bessere Vereinbarkeit durch Homeoffice und nennen das als einen Grund, warum sie Homeoffice anbieten – etwas differenzierter die Sicht auf Beschäftigtenseite, die sich gegen parallele Kinderbetreuung und Arbeit aussprechen.

50 Prozent der Befragten sehen zudem Probleme durch das Verschwimmen von Arbeit und Privatleben, hier sei auch der einzige Geschlechterunterschied zu bemerken, so Bergmann: Frauen seien deutlich häufiger von der Entgrenzung von Arbeit betroffen, ihnen falle es etwa schwerer, Pausen einzuhalten.

60 Prozent der Befragten mit Betreuungspflichten gaben auch an, dass sie durch Homeoffice eher Mehrarbeit, also Überstunden, leisten können als ohne. Die Firmen wiederum würden erkennen, dass sie für eine ausreichende Attraktivität des Arbeitsplatzes nicht mehr auf Homeoffice verzichten können. Ein Viertel der Arbeitgeber gab an, dass durch Homeoffice Einsparungen etwa mittels Desksharing möglich seien, gerade in den Bereichen Finanz und IT.

Wirtschaftskammer und IV sehen Erfolgsmodell

Die Wirtschaftskammer (WKO) ist ebenfalls zufrieden mit der Möglichkeit des Homeoffices. Die Evaluierung zeige, dass das Modell der einvernehmlichen Lösung zwischen Betrieb und Arbeitnehmern bzw. Arbeitnehmerinnen in der Praxis am besten funktioniere, so WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf in einer Aussendung. Es sei eine von vielen Maßnahmen, die zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Arbeit und damit zur Bekämpfung des Arbeitskräftemangels benötigt werden, so Kopf.

Die Industriellenvereinigung (IV) pochte in ihrer Aussendung darauf, dass bestehende Barrieren bei grenzüberschreitendem digitalem Arbeiten weiter abgebaut werden müssten. Die vorliegende multilaterale Rahmenvereinbarung zur Sozialversicherung bei grenzüberschreitender Telearbeit sei ein positiver Schritt, nun müssten auch auf der steuerlichen Ebene Barrieren beseitigt werden. IV-Generalsekretär Christoph Neumayer sprach sich zugleich gegen Einschränkungen betrieblicher Gestaltungsräume beim Arbeitsrecht aus.