Autos und Radfahrer in der Stadt
ORF.at/Christian Öser
Nationaler Klimaplan

EU-Ziele noch in weiter Ferne

Am Dienstag hat Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) den Entwurf zum Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) vorgestellt. Zwar verwies man darauf, dass mit den bisher geplanten Maßnahmen bis 2030 die Emissionen deutlich reduziert werden können. Gleichzeitig ist man von der EU-Vorgabe, bis dahin ein Minus von 48 Prozent zu erreichen, deutlich entfernt. Eine Konsultation soll nun Lösungen bringen – doch die fehlenden Prozentpunkte zu erreichen wird eine schwierige Aufgabe.

Mit den Maßnahmen, die „wir bis jetzt umgesetzt haben und an denen gerade gearbeitet wird, sinken die Emissionen bis 2030 um 35 Prozent“, so Gewessler bei der Pressekonferenz zur Präsentation des NEKP. Dieses Szenario heißt „With additional measures“ („WAM“) und geht davon aus, dass auch alle geplanten Schritte zur Reduktion der Emissionen so umgesetzt werden können.

Doch selbst das ist zu wenig: Die EU-Kommission verschärfte ihre Ziele zuletzt deutlich und gab eine Reduktion der Emissionen um 48 Prozent bis 2030 (im Vergleich zum Jahr 2005) vor. Österreich fehlen also 13 Prozentpunkte auf diesen Wert – und das im Idealfall. Nimmt man nur die bereits beschlossenen Reduktionsmaßnahmen bis 1. Jänner 2022 als Grundlage, hier ist vom „With existing measures“-Szenario („WEM“) die Rede, sinken die Emissionen um 27 Prozent. Nicht inkludiert in diesem Modell ist damit aber etwa die CO2-Bepreisung. Der Rückgang ist immer noch mehr als 2019 erwartet – liegt aber deutlich hinter sämtlichen Vorgaben zurück.

Umweltministerin Leonore Gewessler
APA/Georg Hochmuth
Gewessler präsentierte den Plan am Dienstag

Konsultation bis August

Mit der Präsentation des Plans beginnt nun auch die Konsultationsphase: Bis August erhofft man sich Vorschläge, man lade „alle Beteiligten und alle Betroffenen dazu ein, uns ihre Vorschläge für diesen letzten Teil zum Klimaziel 2030 zu übermitteln“. Eigentlich hätte der Plan schon bis Ende Juni an die Kommission übermittelt werden sollen, nun verwies man darauf, dass man „die besten Ideen“ nach Brüssel übermitteln wolle. Die Konsultation geht bis Ende August, dann gehen die Vorschläge an die EU-Kommission. Ein fixer Plan muss bis Juni 2024 stehen.

Grafik zum Klimaziel Österreichs
Grafik: APA/ORF; Quelle: Umweltbundesamt

Günther Lichtblau vom Umweltbundesamt sagte bei der Pressekonferenz, dass man mit dem ursprünglichen EU-Ziel ganz gut „in Deckung gewesen“ sei. Er verwies darauf, dass einige Ziele mit dem „WAM“-Szenario erreicht würden, etwa was die Stromaufbringung anbelange – hier könne man den inländischen Strombedarf mit inländischer Erzeugung bis 2030 decken, wobei man nicht energieautark sei, weil weiterhin Strom im- und exportiert werde, so Lichtblau.

Erneuerbare Energien als Herausforderung

„Was ein bisschen herausfordernd ist und bleibt, ist der Anteil erneuerbarer Energieträger“, so Lichtblau weiter. Hier erreiche man 52,6 Prozent im Jahr 2030 – mit neuen EU-Regeln liege man damit aber unter dem Zielwert von 60 Prozent. Auch Öl werde zu einem gewissen Grad weiterhin eine Rolle spielen, hieß es.

Umweltministerin Leonore Gewessler und Günther Lichtblau vom Umweltbundesamt
APA/Georg Hochmuth
Lichtblau sah einige Herausforderungen

Im nun vorgelegten Plan wird vor allem auf die Rolle von Verkehr und Emissionen bei Gebäuden hingewiesen sowie auf die Landwirtschaft. Die Industrie wird großteils über den EU-Emissionshandel (ETS) geregelt und spielt für den NEKP nur eine untergeordnete Rolle. Lichtblau verwies etwa auf den Trend zur E-Mobilität, erwähnte aber auch die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene. Um die fehlenden 13 Prozent zu erreichen, muss aber auch hier noch nachgelegt werden.

Klimaplan: EU-Ziele noch in weiter Ferne

Am Dienstag hat Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) den Entwurf zum Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) vorgestellt. Zwar verwies man darauf, dass mit den bisher geplanten Maßnahmen bis 2030 die Emissionen deutlich reduziert werden können. Gleichzeitig ist man von der EU-Vorgabe, bis dahin ein Minus von 48 Prozent zu erreichen, deutlich entfernt.

Vorschläge für Ziel gesucht

Im NEKP finden sich Vorschläge dazu, in den Konsultationen sollen mehr Ideen zur Erreichung der Ziele gesammelt werden. Gewessler sagte, dass man jetzt niemanden brauche, der sage, dass etwas „nicht geht“ – „mit Nein-Sagen erreichen wir das Klimaziel nämlich sicher nicht“. Auch wenn Gewessler niemanden direkt erwähnte, ließ sich erahnen, in welche Richtung ihre Botschaft an „jene, die das sonst gerne tun“, ging: „Wenn Ihnen etwas nicht gefällt, dann sagen Sie uns, wie es besser geht. Dann reden wir nämlich über die besten Lösungen und nicht, wie man am schädlichsten bremsen kann“, so Gewessler.

Kritik von Opposition

Kritik kam schon am Dienstag kurz nach der Präsentation. SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr kritisierte die Umweltpolitik der Regierung: „Nicht nur, dass der Konsultationsprozess zum Nationalen Energie- und Klimaplan zu spät gestartet wurde und somit EU-Fristen versäumt wurden, die Regierungsvorhaben sind auch inhaltlich völlig unzureichend. Die geplanten Maßnahmen werden nicht ausreichen, um drohende Strafzahlungen wegen verfehlter Klimaziele abzuwenden“, so Herr.

NEOS-Klimasprecher Michael Bernhard kritisierte die Umsetzung: „Beim Klimaschutz ist Ministerin Gewessler nicht im Wanderschritt, sondern im Schneckentempo unterwegs“, hieß es in einer Aussendung. „Es bringt uns allerdings beim Klima- und Umweltschutz kein Stückchen weiter, wenn wir immer mehr und mehr Ideen sammeln, diese aber nicht umsetzen“, so Bernhard.

NGOs für Verbesserungen

Der WWF forderte deutliche Verbesserungen: „Mit den derzeit geplanten Maßnahmen wird Österreich die EU-Klimaziele um rund 16 Millionen Tonnen Treibhausgase verfehlen. Ohne ambitionierte Klimapolitik wird das mehrere Milliarden Euro für Zertifikate kosten. Daher braucht es dringend zusätzliche Klima- und Naturschutzmaßnahmen“, sagte WWF-Klima- und -Energiesprecher Karl Schellmann im Vorfeld der Konsultationsphase. Global 2000 sprach von einem „zahnlosen Papiertiger“, der kein Plan sei, „wie wir die österreichischen Klimaziele bis 2030 erreichen können“.

Von der Initiative Klimavolksbegehren hieß es, dass andere EU-Staaten mit ihren gleichzeitig präsentierten Plänen bereits aufzeigen würden, was möglich ist: „Dänemark plant bis 2030 bereits mit einem Anteil von 71 Prozent an Erneuerbaren am Gesamtenergieverbrauch; mit über 100 Prozent Erneuerbaren werden sie dann zudem zum Netto-Stromexportland.“ Auch Slowenien und Italien würden konkrete Maßnahmen ergreifen, so Christian Kdolsky, Sprecher des Klimavolksbegehrens.

Die Landwirtschaftskammer kritisierte die späte Einbindung: „Wir nehmen daher nicht mehr zur Kenntnis, dass Stakeholder wie wir erst jetzt, nach dem offiziellen Ablauf der Abgabefrist auf EU-Ebene im Juni, erstmals eingebunden werden“, kritisierte Landerwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger und sprach von einer „Scheineinbindung.“