Containerschiff auf offener See
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Klimaschutz

Kurssuche auf hoher See

Der Schiffsverkehr hinterlässt einen großen ökologischen Fußabdruck. Knapp drei Prozent aller CO2-Emissionen gehen auf die Schifffahrt zurück. Seit Jahren will die Branche sauberer werden. Derzeit ringt die Internationale Schifffahrtsorganisation (IMO) um verbindliche Klimaschutzregeln für die Schifffahrt. Die Suche nach dem Kurs verläuft aber schleppend.

Seit Montag tagt die IMO in London und berät über Verschärfungen der Klimaschutzregeln. Delegierte aus 175 Regierungen nehmen an den Diskussionen teil, in denen es nicht nur um neue Maßnahmen gegen die hohen CO2-Emissionen geht, sondern auch um die Frage, wie ehrgeizig die Branche gegen die Klimakrise auftreten will.

Die Schifffahrt, so schrieb die „Washington Post“ mit Blick auf die IMO-Tagung, sei „traditionell ein schmutziger Sektor“. Die meisten Schiffe würden mit Schweröl betrieben. Deshalb spiele die Branche bei der Klimakrise eine „überragende Rolle“. Aber ohne Schiffe geht es nicht. 90 Prozent des Welthandels wird über die hohe See abgewickelt.

Containerschiff wird in Hafen beladen
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Die Schifffahrt soll grüner werden – wie genau, ist unklar

Klimaneutralität bis 2050

Die IMO sucht daher Lösungen, die den Handel nicht schwächt, aber die Anstrengungen in Sachen Klimaschutz stärkt. IMO-Generalsekretär Kitack Lim appellierte zum Auftakt an die Delegierten, „ehrgeizige Ziele festzulegen, die die Schifffahrt auf einen klaren Weg zur schrittweisen Verringerung der Treibhausgasemissionen bringen“. Branchenverbände erwarten, dass sich die UNO-Sonderorganisation dazu durchringt, Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 anzustreben.

Die 2018 beschlossene Klimastrategie der IMO sieht bisher nur vor, die Treibhausgasemissionen des internationalen Schiffsverkehrs bis 2050 um mindestens 50 Prozent im Vergleich zu 2008 zu senken. Zur weiteren Perspektive hieß es lediglich, es werde angestrebt, „diese Emissionen so bald wie möglich in diesem Jahrhundert zu beenden“. Ein schärferer Kurs wurde bisher durch Entwicklungsländer, mineralölproduzierende Staaten und Billigflaggenländer blockiert.

UNO-Generalsekretär Antonie Guterres hatte zu Beginn der Tagung die Schiffsfahrtnationen aufgefordert, sich auf einen Kurs zu einigen. Bis spätestens Mitte des Jahrhunderts soll die Industrie in der Lage sein, ihre klimaschädlichen Emissionen auf null zu reduzieren. Der Kurs für die Schifffahrt, die für fast drei Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich ist, „wird von entscheidender Bedeutung sein“, sagte Guterres. Es müssten die Emissionen reduziert und gleichzeitig mehr in „sauberen Kraftstoff“ investiert werden.

Fossile Energie

Die Verbrennung fossiler Rohstoffe ist die Hauptursache für die globale Erwärmung. 2018 stammten laut Weltklimarat knapp 90 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen und der Industrie. 2021 stammte über 80 Prozent der weltweiten Primärenergie aus Kohle, Öl und Gas.

CO2-Abgabe für die Schifffahrt?

Wie so oft, könnten gemeinsame Regeln auch am Geld scheitern. Wie die „Washington Post“ berichtete, wollen die USA den Schiffsverkehr schneller grüner machen. Allerdings befürworten Länder wie Saudi-Arabien, China und Russland langsamere Ansätze. Sie sind Exporteure von Treibstoff und wollen sich Maßnahmen, die den globalen Handel behindern könnten, nicht leisten. Einige Delegierte würden bereits versuchen, Zielformulierungen schwammiger zu gestalten.

Vor der IMO-Tagung hatten Staats- und Regierungschefs Ende Juni in Paris die Verhandlungen zu einem Klimafinanzpaket quasi ohne Ergebnis abgeschlossen. Allerdings plädierten gut zwei Dutzend der teilnehmenden Länder für eine CO2-Steuer auf die Schifffahrt. Man werde dieses Thema weiter vorantreiben, hieß es. „Eine internationale Steuer funktioniert nur, wenn alle mitmachen“, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Die Schifffahrt sei einer der Sektoren, für die bisher keine CO2-Abgaben vorgesehen sind.

Dafür sprach sich zuletzt auch UNO-Chef Guterres aus. Maßnahmen wie eine CO2-Abgabe würden die Industrie „in die richtige Richtung lenken, indem sie emissionsfreie Kraftstoffe wettbewerbsfähiger machen“, sagte Guterres. Zuvor hatten schon Umweltschutzaktivisten und -aktivistinnen vorgeschlagen, dass eine solche Emissionsabgabe finanzschwachen Ländern im Kampf gegen die Klimakrise zufließen könnte. Andere wiederum meinen, das Geld aus Abgabe soll in neue Technologien investiert werden.

Mit Segel gegen die Klimakrise

Gegenüber CNBC sagte John Maggs, Vorsitzender der Clean Shipping Coalition und Berater bei der US-Umweltschutzorganisation Seas at Risk, dass eine Einigung sinnvoll wäre, um die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, wie die internationale Gemeinschaft 2015 in Paris vereinbart hatte. Der Schifffahrtssektor sei aber in Sachen effiziente Klimaschutzmaßnahmen „extrem zögerlich“, so Maggs.

Mit Verweis auf eine Studie meinte er, dass die Schifffahrtsindustrie ihre Emissionen bis zum Ende des Jahrzehnts um fast 50 Prozent senken könnte. Dafür benötige es lediglich fünf bis zehn Prozent emissionsfreie oder nahezu emissionsfreie Kraftstoffe und zum Beispiel windunterstützte Technologien wie große Segel.

Dabei handelt es sich freilich nicht um herkömmliche Segeltücher, die mit Seilen befestigt werden, sondern um Hartsegel aus mit Fasern verstärktem Kunststoff, das mit Hilfe von Sensoren die Windrichtung und -geschwindigkeit erkennt und sich danach ausrichtet. Der japanische Kohlefrachter „Shofu Maru“, der zwischen Australien, Japan und Nordamerika verkehrt, testet etwa so ein Segel.

Kipppunkte vermeiden

Um die im Pariser Abkommen festgelegte Temperaturschwelle von 1,5 Grad Celsius zu erreichen, muss sich die Schifffahrt laut der Initiative Science Based Targets bis 2030 auf ein Dekarbonisierungsziel von 36 Prozent und bis 2040 auf ein Ziel von 96 Prozent festlegen. Ob man sich in den Verhandlungen auf diese Zwischenziele einigen kann, ist aber ungewiss.

Der vereinbarte 1,5-Grad-Wert von Paris wird als entscheidendes globales Ziel anerkannt, weil jenseits dieses Niveaus Kipppunkte wahrscheinlicher werden. Kipppunkte sind Schwellenwerte, an denen kleine Veränderungen zu dramatischen Entwicklungen im gesamten Lebenserhaltungssystem der Erde führen können.