Demonstranten bei Paris
AP/Christophe Ena
Soziale Netzwerke

Macron erwägt Blockade bei Unruhen

Nach tagelangen Unruhen, ausgelöst von der Tötung eines 17-Jährigen durch einen Polizisten, hat der französische Präsident Emmanuel Macron „grundlegende Antworten“ versprochen. Zur Verhinderung weiterer Unruhen zog Macron bei einem Treffen mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern am Dienstag auch eine Blockade sozialer Netzwerke in Betracht. Ein weiterer Todesfall beschäftigt unterdessen die Justiz.

Man müsse über die Nutzung sozialer Netzwerke durch die protestierenden Jugendlichen und mögliche Verbote nachdenken, sagte Macron bei dem Treffen, wie der Sender BFMTV berichtete.

„Und wenn die Dinge aus dem Ruder laufen, muss man sich vielleicht in die Lage versetzen, sie zu regulieren oder abzuschalten. Das sollte man auf keinen Fall im Eifer des Gefechts tun, und ich bin froh, dass wir das nicht tun mussten“, so der französische Präsident bei dem Treffen mit 241 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der von den Ausschreitungen besonders betroffenen Städte.

Macron: Gewalteskalation durch Social Media

Bereits am Freitag hatte Macron auch die sozialen Netzwerke für die Gewalteskalation bei den Protesten gegen Polizeigewalt verantwortlich gemacht. Dort seien gewalttätige Versammlungen organisiert worden.

Emmanuel Macron
APA/AFP
Macron bei seinem Treffen mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern

Nun sagte Macron, über den Umgang mit Social Media müsse in Ruhe nachgedacht werden. „Denn wenn es zu einem Instrument für Versammlungen oder für den Versuch zu töten wird, ist es ein echtes Thema.“

Borne: Geldstrafen für Eltern minderjähriger Randalierer

Frankreichs Ministerpräsidentin Elisabeth Borne kündigte indes an, auch gegen die Eltern von minderjährigen Randalieren vorzugehen. Sie sollten Geldstrafen erhalten und Schulungen über elterliche Verantwortung absolvieren müssen, sagte Borne am Dienstag vor dem Parlament.

Frankreich: Proteste beruhigen sich

Die Proteste in Frankreich scheinen sich wieder zu beruhigen. Präsident Emmanuel Macron hat bei einem Treffen mit den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden eine zukünftige Blockade von sozialen Netzwerken im Falle von Ausschreitungen erwogen.

Das Justizministerium werde in Kürze eine entsprechende Anweisung herausgeben. Die Regierungschefin sprach sich für eine strenge Haltung bezüglich Recht und Ordnung in der Gesellschaft aus. Das Justizsystem solle sicherstellen, dass auch kleinere Vergehen während der Unruhen verfolgt würden.

Mann möglicherweise durch Gummigeschoß gestorben

Die Justiz wird sich allerdings nicht nur mit den Forderungen von Borne beschäftigen, sondern auch mit einem Vorfall, der sich in der Nacht auf Sonntag zutrug. Während nächtlicher Ausschreitungen starb ein junger Mann möglicherweise durch einen Schuss der Polizei mit einem Gummigeschoß.

Der 27-Jährige sei vermutlich infolge eines „heftigen Schlags im Brustbereich“ gestorben, der von einem „Projektil vom Typ Gummigeschoß“ verursacht worden sei, sagte die Staatsanwaltschaft der südfranzösischen Hafenstadt Marseille der Nachrichtenagentur AFP.

Der Aufprall des Geschoßes habe ersten Erkenntnissen zufolge zum Herzstillstand geführt. Zu dem Zeitpunkt sei die Gegend von „Krawallen und Plünderungen“ erschüttert worden, erklärte die Staatsanwaltschaft weiter. Es sei aber unklar, ob der Mann an ihnen teilgenommen habe. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen zu den Umständen ein, die Kriminalpolizei und die Polizeiaufsichtsbehörde (IGPN) seien eingeschaltet.

Innenminister warnt vor Stigmatisierung von Ausländern

Frankreichs Innenminister Gerald Darmanin warnte indes vor einer Stigmatisierung von Ausländern. „Die Frage ist heute die nach den Straftätern, nicht nach den Ausländern“, sagte Darmanin. Unter den 4.000 Festgenommen der vergangenen Tage hätten weniger als zehn Prozent nicht die französische Staatsbürgerschaft, lediglich 40 von ihnen drohe die Abschiebehaft.

Polizeieinsatz auf den Champs Elysees
Reuters/Nacho Doce
Nach dem Tod eines 17-Jährigen kam es zu tagelangen Protesten, die von Krawallen überschatte waren

„Wir wollen weder Hass gegen die Polizei noch Hass gegen Ausländer. Wir wollen Liebe für die Republik.“ Es sei möglich, einen Migrationshintergrund zu haben, aus den Vorstädten zu stammen und sein Land zu lieben, sagte Darmanin aufgebracht am Rednerpult. In diesem Zusammenhang betonte der Minister im Parlament auch, dass nicht gegen die gesamte Polizei ermittelt werde. Ebenso wenig seien die Krawalle sämtlichen Bewohnerinnen und Bewohnern der Vorstädte anzulasten, sondern lediglich einigen Straftätern.

17-Jähriger starb durch Polizeikugel

Seit dem Tod des 17-jährigen Nahel durch eine Polizeikugel bei einer Verkehrskontrolle am Dienstag vergangener Woche wurde Frankreich von schweren Krawallen erschüttert. Wiederholt kam es zu Plünderungen, Brandanschlägen und gewaltsamen Konfrontationen zwischen Polizei und Randalierenden.

Gegen den Beamten, der den Schuss auf den Jugendlichen abgab, wird wegen Totschlagverdachts ermittelt. Er befindet sich in U-Haft. In der Nacht auf Dienstag kam es erneut vereinzelt zu Unruhen. 72 Menschen wurden festgenommen, deutlich weniger als am Höhepunkt der Krawalle.

Umstrittene Spendenaktion gestoppt

Die umstrittene Spendenaktion für die Familie des Polizisten, der den 17-Jährigen erschossen hat, wird indes gestoppt. Das sagte der Initiator Jean Messiha, der für seine radikalen Ansichten bekannte ehemalige Sprecher des rechtsextremen Politikers Eric Zemmour. Bei der Spendenaktion für den Polizisten auf der Plattform GoFundMe wurden bisher 1,5 Millionen Euro gesammelt.