Parlamentarier im Plenarsaal bei einer Nationalratssitzung
APA/Roland Schlager
Nationalrat

Neues ORF-Gesetz beschlossen

Im Nationalrat ist am Mittwoch mit den Stimmen der Regierungsparteien ÖVP und Grüne das neue ORF-Gesetz beschlossen worden. Das Gesetz bringt unter anderem das Ende der GIS-Gebühr, die durch eine Haushaltsabgabe ersetzt wird. Vorangegangen war dem Beschluss eine emotionale Debatte.

Die Haushaltsabgabe ist mit 15,30 Euro pro Monat rund drei Euro günstiger, muss aber künftig von allen bezahlt werden. Dazu kommt in einigen Bundesländern eine Landesabgabe. Der ORF erhält mehr Möglichkeiten im digitalen Raum. Im Gegenzug soll der Textanteil in ORF.at deutlich beschränkt werden. Damit geht die Politik auf die langjährigen Forderungen der Privatverleger ein, den Inhalt auf der „Blaue Seite“ zu reduzieren.

Die gegenwärtige Siebentagebeschränkung für Abrufe in der ORF-TVthek wird je nach Inhalt auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt. Dafür erwarten den ORF stärkere Werbebeschränkungen im Radio- und Digitalbereich sowie mehr Transparenzpflichten etwa bei Nebeneinkünften.

Neues ORF-Gesetz beschlossen

Im Nationalrat ist am Mittwoch mit den Stimmen der Regierungsparteien ÖVP und Grüne das neue ORF-Gesetz beschlossen worden. Das Gesetz bringt unter anderem das Ende der GIS-Gebühr, die durch eine Haushaltsabgabe ersetzt wird.

Der ORF darf künftig neu einen Onlinekinderkanal anbieten und ORF Sport + als digitalen Kanal führen. Bis 2026 bleibt der Sportspartenkanal in linearer Form erhalten. Mit Bundesmitteln wird das Bestehen des ORF-Radio-Symphonieorchesters bis 2026 gesichert. Die Opposition forderte hier einen dauerhaften Erhalt.

Emotionale Debatte

Vorangegangen war dem Beschluss eine emotionale Debatte im Nationalrat. Während die Koalition den öffentlich-rechtlichen Rundfunk „zukunftsfit“ gemacht sah, hagelte es seitens der Opposition Kritik. Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) verwies darauf, dass die Reform letztlich vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) angestoßen worden sei.

Eva Schindlauer (Kaufmännische Direktorin des ORF), ORF-GD Roland Weißmann, Harald Kräuter (Technischer Direktor des ORF) und Ingrid Thurnher (Radiodirektorin des ORF) auf der Zusehergalerie im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates im Parlament
APA/Roland Schlager
Die ORF-Spitze verfolgte die Debatte über das Gesetz im Nationalrat: Eva Schindlauer (Kaufmännische Direktorin), Generaldirektor Roland Weißmann, Technikdirektor Harald Kräuter und Radiodirektorin Ingrid Thurnher (v. l. n. r.)

Auch wenn sie mit manchen Inhalten nicht einverstanden sei, betonte sie die Bedeutung eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks – und dieser müsse auch finanziert werden, so Raab. Mit der Reform sorge man dafür, dass er für die bisherigen Gebührenzahlerinnen und -zahler billiger werde und mehr anbieten könne.

Susanne Raab (ÖVP) zum neuen ORF-Gesetz

Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) verwies auf den Auftrag des VfGH, die ORF-Finanzierung zu reparieren. Sie betonte, dass die Haushaltsabgabe die Zahlenden günstiger als die GIS-Gebühr sei.

ÖVP-Mediensprecher Kurt Egger betonte, dass man mit den Onlinevorgaben auch dafür gesorgt habe, dass der Wettbewerb gegenüber privaten Medienhäusern nicht unfair werde. Sport- und Kulturangebote blieben ebenso wie die Landesstudios erhalten.

Maurer mit scharfer Kritik an FPÖ

Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer betonte, man ermögliche dem ORF, ins 21. Jahrhundert zu gehen. Der Sender sei unabdingbar für die Demokratie. Gleichzeitig sichere man eine vielfältige Medienlandschaft ab.

Sigrid Maurer (Grüne) zum neuen ORF-Gesetz

Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer betonte, dass man dem ORF ermögliche, ins 21. Jahrhundert zu gehen. Der Sender sei unabdingbar für die Demokratie. Gleichzeitig sichere man eine vielfältige Medienlandschaft ab.

Scharf attackierte sie die FPÖ wegen deren Kritik an den Gebühren. Schließlich werde Fpoe.tv mit der Parteienfinanzierung über Steuergeld finanziert, und dort werde die freiheitliche Parallelwelt mit „Putin-Lügen“ präsentiert.

Kickl: Beschluss eine „Schande“

FPÖ-Chef Herbert Kickl hatte mit scharfen Attacken gegen den ORF nicht gespart. Den Beschluss nannte er eine „Schande“. Er sprach von einer Hunderte Millionen Euro schweren Zwangssteuer. Kickl sah im ORF ein „Gemisch aus links-wokem Zeitgeist und schwarz-rot-grünen Machtansprüchen“.

Herbert Kickl (FPÖ) zum neuen ORF-Gesetz

FPÖ-Chef Herbert Kickl griff den ORF und die Regierung in der Debatte über das neue ORF-Gesetz scharf an.

Auch nach der Reform bleibe der Rundfunk ein „willfähriges Werkzeug zur Unterdrückung der eigenen Bevölkerung“, sagte Kickl.

SPÖ vermisst Gremienreform

Kein gutes Haar am Beschluss fand auch der SPÖ-Abgeordnete Jörg Leichtfried. Er sagte, er finde die neue Abgabe weder sozial noch gerecht: „Die Millionenerbin in der Seevilla zahlt gleich viel wie die Supermarktkassiererin in der Zweizimmerwohnung.“

Jörg Leichtfried (SPÖ) zum neuen ORF-Gesetz

Der SPÖ-Abgeordnete Jörg Leichtfried Jörg Leichtfried bezeichnete die neue Abgabe als weder sozial noch gerecht.

Zudem fehle eine Stärkung der Unabhängigkeit des ORF: „Wo ist die Gremienreform?“, fragte Leichtfried.

NEOS: Kompetenz vor Parteibuch

Genau dasselbe bemängelte NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter. So bleibe der ORF ein „Instrument der Macht des politischen Orchesters“. NEOS wolle dagegen Kompetenz vor Parteibuch.

Henrike Brandstötter (NEOS) zum neuen ORF-Gesetz

NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter kritisierte fehlende Zielvorgaben für den ORF und parteipolitische Einflussnahme.

„Die Bundesregierung hält weiter an der Landesabgabe fest und rührt das Körberlgeld der Landeshauptleute nicht an“, so Brandstötter weiter. Zudem vermisste die Abgeordnete Antworten auf grundsätzliche Fragen zu den Aufgaben und Zielen des ORF sowie zu seinem Kernauftrag.

ORF: Wichtige Weichenstellungen

Mit dem Beschluss der Novelle seien auch wichtige Weichenstellungen für die Zukunft des ORF vorgenommen worden, sagte Generaldirektor Roland Weißmann. Die Finanzierung sei „mit dem für 3,2 Mio. Haushalte günstigeren ORF-Beitrag nachhaltig neu geregelt“ worden.

Die neuen gesetzlichen Grundlagen bedeuteten auch „einen neuen Auftrag“. Der ORF müsse „noch stärker zu einem ORF für alle Menschen in Österreich werden, der allen Bevölkerungsgruppen ein relevantes Programmangebot in Fernsehen, Radio und Online macht“, so Weißmann.

Er verwies auf die neue Unternehmensstrategie „ORF 2030“. Die Eckpunkte seien bereits definiert, die Detailmaßnahmen für die Umsetzung werden in den kommenden Monaten erarbeitet. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seien weiterhin schwierig. Der ORF müsse seinen Sparkurs konsequent fortsetzen, um die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Programmvorhaben schaffen zu können, so Weißmann.

Kritik von VÖZ und VÖP

Kritik kam vom Verband der Österreichischen Zeitungen (VÖZ) und dem Verband Österreichischer Privatsender (VÖP). „Diese Gesetzesnovelle ist dazu geeignet, den privaten Medienstandort Österreich in seiner Existenz zu gefährden“, sagte Markus Mair, VÖZ-Präsident und Vorstandsvorsitzender der Styria Media Group.

„Vor diesem Hintergrund sehen wir uns gezwungen, umgehend die Europäische Wettbewerbskommission mit verschiedenen Fragestellungen in Zusammenhang mit dem ORF-Gesetz sowie dem ORF-Beitragsgesetz zu befassen“, so Mair. Insbesondere die „Zeitungsähnlichkeit des ORF-Digitalangebots“ sowie die „zusätzlichen finanziellen Mittel“ sollen darin laut Mair thematisiert werden.

„Die heutige Beschlussfassung schädigt in erster Linie österreichische TV- und Radioanbieter, aber auch Zeitungen und Onlinemedienangebote, die ihre Inhalte – trotz des Drucks von Google, Facebook und Co. – in Zukunft nun auch gegen den verstärkten Angebotsdruck des ORF online refinanzieren sollen“, hieß es seitens des VÖP. Besonders enttäuschend sei, dass die öffentliche Zusage der Bundesregierung, „die Werbeflächen in den ORF-Kanälen im Werbegegenwert von 25 bis 30 Millionen Euro einzuschränken, nicht halten wird“, teilte der Verband in einer Aussendung mit.

GPA: „Chance vertan“

Durch die Novellierung des ORF-Gesetzes sei die längst fällige Novellierung im Digitalbereich zwar endlich Realität, teilte die Gewerkschaft GPA mit. Zentrale Punkte der Gesetzesänderung lehne man allerdings ab. „Durch die unsichere Finanzierungsperspektive wird der ORF einem ständigen Restrukturierungsdruck ausgesetzt. Gleichzeitig wird eine jährliche Reduktion der Personalkosten vorgegeben. Dies wird zwangsläufig zur Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Arbeitsverhältnisse im ORF führen“, sagte Nadja Igler, Vorsitzende des Wirtschaftsbereichs ORF und Töchter in der Gewerkschaft GPA.

Igler kritisierte überdies, dass an der Obergrenze von 350 Meldungen für ORF.at festgehalten worden sei. Weitere Möglichkeiten, den ORF zukunftsfit zu machen, etwa durch eine Entpolitisierung des Stiftungsrats, der Verbesserung der Situation von freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wie auch zeitgemäße Adaptierungen und Nachbesserungen bei der Gleichstellung seien leider ebenso verabsäumt worden, so Igler weiter.

Kritik kam auch von der Bundesjugendvertretung (BJV). „Eine Haushaltsabgabe ist de facto eine Jugendsteuer, weil sie junge Menschen überproportional belastet. Schaut man sich die Haushaltseinkommen und Lebensverdienstkurven an, sind Jugendliche bereits überdurchschnittlich von der Teuerung belastet“, sagte BJV-Vorsitzender Julian Christian.