Bei der Testamentseröffnung dürfte seine letzte Lebensgefährtin, die Forza-Italia-Parlamentarierin Marta Fascina, gestaunt haben. Fascina, um 63 Jahre jünger als Berlusconi, war seit 2020 mit ihm liiert und soll nun 100 Millionen Euro erben. Zu Lebzeiten bezeichnete der Ex-Premier sie immer als „meine Ehefrau“ – rechtsgültig verheiratet war das Paar allerdings nicht.
Neben Fascina hinterließ Berlusconi seinem jüngeren Bruder Paolo 100 Millionen Euro sowie weitere 30 Millionen Euro seiner langjährigen „rechten Hand“, dem Ex-Senator Marcello Dell’Utri, der 2014 wegen Mafia-Absprachen verurteilt, letztinstanzlich aber freigesprochen wurde.
Entscheidung bereits 2006 getroffen
Das Testament befand sich in einem unverschlossenen Umschlag und war auf den 19. Jänner 2022 datiert – ein Tag, an dem Berlusconi zur Behandlung in das Mailänder Krankenhaus San Raffaele eingeliefert wurde. Vor knapp einem Monat, am 12. Juni, verstarb er mit 86 Jahren an den Folgen einer chronischen Leukämie.
Seine Erbschaftsentscheidung traf er bereits 2006, wie aus einer Kopie des Testaments hervorgeht, die der Nachrichtenagentur Reuters vorlag. Unterzeichnet hatte er sein Vermächtnis mit den Worten: „Vielen Dank und viel Liebe für euch alle, euer Vater.“
Älteste Kinder übernehmen Familienholding
Dem Testament nach sollen die beiden ältesten Kinder Berlusconis, Marina und Pier Silvio, in Zukunft gemeinsam die Mehrheit am Konzern Fininvest halten – Berlusconi selbst hielt zuletzt 61 Prozent der Anteile. Die beiden, die bereits leitende Funktionen in Teilen des Unternehmens innehaben, werden je 26,5 Prozent an Fininvest übernehmen.
Marina soll zudem Vorsitzende der Holding werden, während Pier Silvio für das Fernsehgeschäft von MFE (ehemals Mediaset), das lange das Kronjuwel der Familie war, verantwortlich sein wird. Die restlichen Anteile von 47 Prozent an Fininvest sollen unter Berlusconis drei Kindern aus zweiter Ehe, Luigi, Eleonora und Barbara, aufgeteilt werden.
Dem Testament zufolge soll künftig niemand die alleinige indirekte Kontrolle über die Holding ausüben können, wie Berlusconi es zu seinen Lebzeiten tat. Nach der Bekanntgabe am Mittwoch waren die Aktien von MFE aufgrund von Spekulationen, die Familie könnte ihren Anteil verkaufen, gestiegen. Der älteste Sohn Berlusconis und neue CEO sagte jedoch, dass ein Verkauf nie diskutiert worden sei und das Unternehmen an seinen europäischen Wachstumsplänen festhalten werde.
Villa San Martino soll Museum werden
Schätzungen zufolge soll das Vermögen von Berlusconi rund vier Milliarden Euro umfassen. Zudem besaß er den italienischen Serie-A-Fußballverein Monza sowie mehrere Immobilienvermögen, darunter auch die Villa Certosa an der Costa Smeralda auf Sardinien, in der er unter anderem den russischen Präsidenten Wladimir Putin und den ehemaligen britischen Premierminister Tony Blair empfing.
Ebenfalls in seinem Vermächtnis ist die Villa San Martino in der Stadt Arcore in der Nähe von Mailand. Seit 1974 war sie die Residenz von Berlusconi – nun soll sie zu einem Museum werden. Laut seinen fünf Kindern soll sie zu einer Art Berlusconi-Gedenkstätte werden, in der seine Erfolge in Politik und Wirtschaft sowie die Geschichte seiner Partei Forza Italia gezeigt werden.
Die Villa aus dem 18. Jahrhundert mit Park, in der sich mehr als 20.000 Gemälde befinden, soll Besucherinnen und Besuchern zugänglich gemacht werden. Fotos und Videos über Berlusconis Leben, sein Klavier und Plakate seiner Wahlkampagnen sollen gezeigt werden.
Seine Kinder wollen außerdem ein wissenschaftliches Komitee einsetzen, das sich um die Einrichtung der Stätte kümmert. Mit der Verwaltung des neuen Museums soll seine Lebensgefährtin Fascina betraut werden, die zurzeit noch in der Villa lebt.
Berlusconis politisches Erbe
Mit seiner Forza Italia hinterlässt der vierfache Ex-Premier auch politisch ein großes Erbe. In den nächsten Wochen will die Regierungspartei einen neuen Parteichef nominieren, der die konservative Gruppierung bis zum Parteitag im kommenden Jahr führen soll. Erwartet wird, dass Parteikoordinator und Außenminister Antonio Tajani neuer Parteichef wird.
Die 1994 gegründete Forza Italia, die sich nie von Berlusconis starker Persönlichkeit emanzipierte, erreichte bei der Parlamentswahl im vergangenen September nur noch acht Prozent der Stimmen, ist aber in der Regierung Meloni mit gleich fünf Ministern vertreten. Berlusconi, der mit der Forza Italia zum längstdienenden italienischen Premierminister aufgerückt war, hat sich nie bemüht, einen Nachfolger zu finden.