Studenten in Madrid
AP/Europa Press/Eduardo Parra
Spanien

20.000 Euro als linkes Wahlzuckerl für Junge

Die linke spanische Arbeitsministerin Yolanda Diaz hat ein Programm zur Bekämpfung sozialer Ungleichheit vorgeschlagen, bei dem jede Person in Spanien zum 18. Geburtstag 20.000 Euro vom Staat erhalten soll. Vorgesehen sei, das Geld für Studium, Ausbildung oder die Gründung eines Unternehmens zu nutzen. Doch ob es dazu kommen wird, ist unklar, denn für die Linke könnte es bei der anstehenden Parlamentswahl knapp werden.

Nach Angaben von Diaz’ linker politischer Plattform Sumar, die das Programm vor der vorgezogenen Parlamentswahl am 23. Juli angekündigt hatte, würde die Initiative zehn Milliarden Euro kosten. Finanziert werden soll sie durch eine Reichensteuer.

Sumar erklärte, das Ziel sei es, „Chancengleichheit“ unabhängig vom Einkommen zu garantieren. Die Zahlungen, die im Alter von 18 Jahren beginnen und bis zum Alter von 23 Jahren dauern sollen, würden von Expertinnen und Experten begleitet, um jungen Menschen zu helfen, ihre Ideen umzusetzen.

„Es geht darum, jungen Menschen eine Zukunft zu ermöglichen und ihnen die Chance zu geben, zu studieren oder ein Unternehmen zu gründen, ohne dass das von ihrem Nachnamen oder ihrer Familie abhängt“, sagte Diaz am Mittwochnachmittag vor Medien in Madrid: „Darum geht es am 23. Juli.“

Yolanda Diaz
AP/Europa Press
Diaz tritt mit der politischen Plattform Sumar bei der Parlamentswahl an

Dieses „universelle Erbe“ stehe allen jungen Spanierinnen und Spaniern zu und solle, so Diaz, durch die Besteuerung von Personen, die über drei Millionen Euro im Jahr verdienen, finanziert werden. Sumar schätzt, dass die Pläne etwa 0,8 Prozent des spanischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) kosten würden.

„Zukunft unabhängig vom Nachnamen“

Die Ministerin, die laut dem britischen „Guardian“ in einem streng kommunistischen Haushalt aufgewachsen ist, sagte, sie habe ihren eigenen Traum, Arbeitsinspektorin zu werden, nicht verwirklichen können, weil sie nicht genug Geld für ein jahrelanges Studium gehabt habe.

„Um Arbeitsinspektorin in Spanien zu werden, hätte man etwa fünf Jahre gebraucht“, sagte sie. „Ich bin keine Arbeitsinspektorin, weil ich die Tochter von Eltern aus der Arbeiterklasse bin, und das hätte ich mir nie erlauben können. Das ist eine Umverteilungsmaßnahme, die es den jungen Menschen in unserem Land ermöglichen wird, unabhängig von ihrem Nachnamen eine Zukunft zu haben.“

Kritik von vielen Seiten

Diaz’ Vorschlag sorgte in Spanien für Aufsehen. Nadia Calvino etwa, Wirtschaftsministerin der sozialistisch geführten Koalitionsregierung, stellte infrage, wie diese Politik in der Praxis funktionieren würde. „Jeder, der vorschlägt, Subventionen oder Zuschüsse ohne jegliche Einschränkungen in Bezug auf Einkommenshöhe oder Ziele zu gewähren, muss erklären, wie das finanziert werden soll, denn wir müssen in den kommenden Jahren eine verantwortungsvolle Finanzpolitik betreiben“, sagte Calvino am Montag dem Radiosender Onda Cero.

Die oppositionelle konservative Volkspartei (PP) wurde noch deutlicher. Ein Sprecher der PP warf Sumar vor, die Prioritäten falsch zu setzen, und schlug vor, die Regierung solle sich auf andere Probleme in einem Land konzentrieren, in dem „27 Prozent der Bevölkerung von sozialer Ausgrenzung bedroht sind, in dem die Arbeitslosenquote die höchste in Europa ist, in dem Familien nicht bis zum Monatsende durchhalten können und in dem Selbstständige darum kämpfen, sich über Wasser zu halten“.

Regierungswechsel erwartet

Die PP liegt in Umfragen vorne und könnte damit die Sozialistische Partei (PSOE) von Premier Pedro Sanchez als stärkste Kraft ablösen. Im Falle eines Wahlsiegs dürften die Konservativen aber voraussichtlich auf die Unterstützung der rechtsextremen Vox-Partei angewiesen sein, um eine Regierung zu bilden. Diaz’ politische Plattform Sumar, die die Linke jenseits der PSOE vereint, liegt in Umfragen auf Platz vier.

Spanien hat derzeit den EU-Ratsvorsitz inne. In Brüssel, insbesondere in der EU-Kommission, wird der mögliche Rechtsruck in Spanien mit Sorge gesehen. Der Grund ist, dass Vox die von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorangetriebenen Klima- und Umweltschutzprojekte stoppen will und wie Partnerparteien in Ungarn und Polen teils EU-rechtswidriges Verständnis von Rechtsstaatlichkeit hat.

Eine andere Befürchtung in der EU-Kommission ist, dass die erwartete schwierige Regierungsbildung in Madrid laufende EU-Gesetzgebungsvorhaben verzögern könnte. Problematisch wären längere Verzögerungen unter anderem wegen der umstrittenen Pläne für die Reform des europäischen Asylsystems. Sollte Spanien aus dem Lager der Befürworter der Reform ins Lager der Gegner wechseln, könnte dies das Aus für die Pläne bedeuten.