Kinder bei einer Pressekonferenz von Fridays For Future zur Klimaklage
APA/Eva Mannhart
„Zu eng gefasst“

VfGH weist Klimaklage von Kindern zurück

Ein Antrag beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) von zwölf Kindern und Jugendlichen, die ihre Rechte durch fehlende Maßnahmen für den Klimaschutz gefährdet sehen, ist aus formalen Gründen zurückgewiesen worden. Der Antrag sei „zu eng gefasst“ gewesen, teilte der VfGH am Freitag per Aussendung mit.

Konkret seien nicht alle aus Sicht der Verfassungsjuristinnen und -juristen „untrennbar“ zusammenhängenden Teile des Klimaschutzgesetzes angefochten worden. „Eine Aufhebung in diesem engen Umfang würde die von den Antragstellern behauptete Verfassungswidrigkeit nicht beseitigen“, hieß es in der VfGH-Aussendung. Zudem dürfe der Verfassungsgerichtshof einer Norm durch Aufhebung bloßer Teile keinen völlig veränderten Inhalt verleihen.

Eine Aufhebung des Klimaschutzgesetzes im angefochtenen Umfang hätte unter anderem zur Folge gehabt, dass der Bund nicht nur für die Führung von Verhandlungen über Klimaschutzmaßnahmen, sondern für diese Maßnahmen insgesamt verantwortlich wäre. Der VfGH könne dem Gesetzgeber einen solchen Gesetzesinhalt nicht unterstellen.

Klimaklage aus formalen Gründen zurückgewiesen

Der Antrag von zwölf Kindern und Jugendlichen auf Aufhebung von Teilen des Klimaschutzgesetzes ist vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) aus formalen Gründen zurückgewiesen worden. Die Verfassungsrichter stellten fest, dass nicht alle Teile des Gesetzes angefochten wurden, die jedoch untrennbar zusammenhängen – der Antrag war somit „zu eng gefasst“.

Verfassungsrechtlich verankerte Kinderrechte verletzt?

Die Kinder und Jugendlichen, in deren Namen der Antrag eingebracht worden war, sind zwischen 2006 und 2015 geboren. Sie hatten laut VfGH kritisiert, dass das Klimaschutzgesetz lediglich eine Pflicht enthalte, über Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen zu verhandeln, aber keine Verpflichtung, Ergebnisse zu erzielen. Dadurch habe der Gesetzgeber seine Pflicht verletzt, für den Schutz der verfassungsrechtlich verankerten Kinderrechte zu sorgen.

Es gebe keinen Schutz der Kinder vor schwerwiegenden Beeinträchtigungen durch den Klimawandel, zudem werde beim Klimaschutz nicht auf eine im Zeitverlauf und über die Generationen hinweg gerechte Lastenverteilung Bedacht genommen, hatte es in dem Antrag geheißen.

Alte Regelung Ende 2020 ausgelaufen

Die alte Regelung des Klimaschutzgesetzes lief am 31. Dezember 2020 aus, seither sind hierzulande keine gesetzlichen Reduktionszielwerte für Treibhausgase mehr vorgegeben. Im Raum steht ein Gesetz mit verbindlichen Wegen zur Emissionsreduktion entsprechend den Pariser Klimaschutzzielen, auch um drohende Strafzahlungen in Milliardenhöhe zu vermeiden.

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) sieht das Gesetz, mit dem man die Republik bis 2040 klimaneutral gestalten wolle, regelmäßig „auf sehr gutem Weg“, konnte aber noch immer keinen mit dem Regierungspartner akkordierten Begutachtungsentwurf vorlegen. Die ÖVP betont, dass das Gesetz nicht oberste Priorität genieße und man Klimaneutralität auch anders erreichen könne.

Mit Fortschreibung der bisherigen Klimaschutzmaßnahmen würde Österreich die EU-Klimaziele für 2030 klar verfehlen, kritisierte etwa Greenpeace den jüngsten Umweltbundesamtsbericht.

„Eine Katastrophe“

Die Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“ (FFF) zeigte sich von der VfGH-Entscheidung enttäuscht. Inhaltlich ändere es nichts an der Tatsache, dass das bisherige Klimaschutzgesetz „eine Katastrophe“ ist, so die Gruppe. „Das Urteil führt uns vor Augen, dass wir keine Möglichkeit haben, uns vor Gericht über die Zerstörung unserer Zukunft zu beschweren“, sagte Daniel Shams von „Fridays for Future“. Die Organisation wolle weiter für besseren Klimaschutz kämpfen.

Die Bundesjugendvertretung (BJV) forderte „dringend politische Schritte“, auch wenn die Klage aus formalen Gründen zurückgewiesen wurde. „Junge Menschen machen seit Jahren darauf aufmerksam, wie sehr sie sich in der Klimakrise von der Politik im Stich gelassen fühlen“, so BJV-Vorsitzende Sabrina Prochaska. „Die Sorgen unserer Generation müssen ernst genommen werden.“

Weiterer Antrag zurückgewiesen

Aus gänzlich anderen Gründen wollte ein Rechtsanwalt Paragraf 3 des Klimaschutzgesetzes vom VfGH aufgehoben haben. Er führte in seinem nun ebenfalls als unzulässig zurückgewiesenen Antrag aus, dass in den kommenden Jahren dramatische Maßnahmen zur Erreichung der vorgegebenen Klimaschutzziele ergriffen werden müssten, die seine Erwerbsfreiheit sowie sein Recht auf Eigentum und auf Achtung des Privatlebens einschränken würden.

Der Anwalt hatte nicht dargelegt, welche der von ihm genannten Maßnahmen jeweils in welche grundrechtlich geschützte Position eingreifen würden, hielt der VfGH ebenfalls in der Aussendung fest. Ein Antrag auf Gesetzesprüfung kann nur dann inhaltlich behandelt werden, wenn die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen dargelegt werden, so das Höchstgericht. Da diese zwingende Vorschrift nicht erfüllt war, wurde der Antrag ebenso wie jener der zwölf Kinder inhaltlich nicht bewertet, sondern formal zurückgewiesen.

Weitere Klimaklagen vor VfGH

Indes liegen weitere Klimaklagen zur Behandlung beim VfGH, u. a. der Antrag einer Frau, die an Multipler Sklerose leidet und sich gegen mehrere steuerliche Begünstigungen für die Luftfahrt wendet. Ebenfalls beraten wird eine Beschwerde von unter anderem einer steirischen Gemeinde und von Global 2000, wonach sich aus Artikel zwei der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht nur eine Schutzpflicht des Staates zur Abwendung von Naturkatastrophen und -gefahren ableiten lasse, sondern auch ein Anspruch jedes Betroffenen auf Erlassung geeigneter Maßnahmen.