Kocher gegen Lohnausgleich bei kürzerer Arbeitszeit

ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher lehnt die von SPÖ und Gewerkschaft geforderte gesetzliche Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich ab. „Die meisten Menschen in Österreich spüren sehr gut, dass dieser Wunsch flächendeckend nicht möglich ist“, sagte Kocher dem „Kurier“ (Freitag-Ausgabe).

„Weniger arbeiten bei gleichem Lohn und gleich hohen sozialen Leistungen wird einfach nicht gehen, weil damit unser Wohlstand und unsere hohen Sozialleistungen nicht aufrechtzuerhalten sind“, sagte Kocher. Die 32-Stunden-Woche ist eine Kernforderung des neuen SPÖ-Vorsitzenden Andreas Babler.

Wenn sich einzelne Branchen für weniger Stunden oder alternativ für starke Lohnsteigerungen entscheiden, so sei dies das Recht der KV-Verhandler, so der Arbeitsminister. „Die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür existieren.“

PRO-GE drängt auf Verkürzung

Der neue Chef der Produktionsgewerkschaft PRO-GE, Reinhold Binder, drängt auch auf eine Arbeitszeitverkürzung. „Wir als PRO-GE vertreten Arbeiter und Arbeiterinnen, die schwere körperliche Arbeit verrichten, die mit Kälte und Schmutz verbunden ist.“

Unter solchen Bedingungen sei „eine Arbeitszeitverkürzung nötig, um gesund alt werden zu können“, sagte Binder den „Salzburger Nachrichten“ (Freitag-Ausgabe). Er wollte sich aber nicht auf eine konkrete Stundenreduktion festlegen.

Letzte Senkung 1975

Es wäre am Gesetzgeber, nach 47 Jahren den ersten Schritt zu machen und etwa auf 38,5 Stunden Normalarbeitszeit zu gehen, so Binder. Man müsse sich das Thema auf Branchenebene ansehen, mit Arbeitszeitmodellen, die größere Freizeitblöcke ermöglichen, auch die sechste Urlaubswoche. Das wäre auch gesundheitspolitisch wichtig.

Wenig Verständnis für Kochers ablehnende Haltung zeigte auch Willi Mernyi, Leitender ÖGB-Sekretär. Die Produktivität sei auf einem „All-Time-High“, es gehe um den Innovationswillen und den Mut der Unternehmer. Silvia Hruaka-Frank, Direktorin der AK Wien, hob die Kluft zwischen Männern und Frauen bei der Arbeitszeit hervor. „Wir sehen enorme stille Reserven, gerade auch bei den Frauen, die wir heben können.“

Kocher pocht auf Arbeitsmobilität

Bei der Arbeitslosigkeit gibt es in Österreich ein starkes Ost-West-Gefälle. Im Juni belief sich die Arbeitslosenrate in Wien auf 10,2 Prozent und in Salzburg sowie Tirol nur auf drei Prozent. „Wenn wir es nicht schaffen, diese Divergenz zu verändern, wird sie sich verfestigen und zum Problem“, sagte Kocher dem „Kurier“ weiters.

Wenn eine arbeitslose Person jung und nicht verwurzelt sei sowie keine Betreuungspflichten habe, dann müsse es möglich sein, den Arbeitssuchenden überregional zu vermitteln. „Wir brauchen allerdings noch mehr Anreize und mehr Begleitung“, so der Arbeitsminister.

AMS: Wien einzige Großstadt

Für den neuen Chef des AMS Wien, Winfried Göschl, ist der relativ hohe Migrationsanteil der Bevölkerung in Wien einer der Hauptgründe für die hohe Arbeitslosenrate. „Wien ist die einzige Großstadt in Österreich, daher sind wir speziell mit der Migrationsproblematik konfrontiert“, sagte er der „Presse“ (Freitag-Ausgabe).

Wien sei in den vergangenen 30 Jahren um eine halbe Million Menschen gewachsen. „Der Vorteil ist, dass sie jetzt jünger ist. Der Nachteil ist, dass die Arbeitsplätze mit dem Bevölkerungswachstum nicht ganz mitgekommen sind“, sagte der AMS-Wien-Chef.