Australien: „Sozialhilfejagd“ trieb Menschen zur Verzweiflung

In Australien hat ein beinahe tausendseitiger Untersuchungsbericht nun ergeben, dass eine illegale „Sozialhilfejagd“ der Vorgängerregierungen Menschen in die Verzweiflung trieb. Das berichteten mehrere englischsprachige Medien, darunter BBC und ABC News, heute.

Mindestens drei Menschen hätten sich aufgrund der als „Robodebt“ bekannten Software, die zwischen 2016 und 2019 in der öffentlichen Verwaltung eingesetzt worden war, das Leben genommen, hieß es in der Untersuchung. Der Abschlussbericht der zuständigen königlichen Untersuchungskommission legt ferner nahe, dass es auch zu weiteren, nicht bekannten „Tragödien“ gekommen sein dürfte.

Falscher Algorithmus im Fokus

Bei „Robodebt“ handelte es sich um ein automatisiertes Regierungsprogramm, das Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger fälschlicherweise zur Rückzahlung von Leistungen aufforderte. Konkret erhielten Menschen Briefe, in denen diese zur Rückzahlung Tausender australischer Dollar aufgerufen wurden.

Die Software, die auf einem falschen Algorithmus basierte, habe Betroffenen das Gefühl gegeben, kriminell zu sein. Mehr als eine halbe Million Australierinnen und Australier waren betroffen.

Viele Menschen berichteten, dass sie all ihre Ersparnisse nutzen mussten, um Schulden zurückzuzahlen. Für die Rückzahlung hatten Betroffene nur wenige Wochen Zeit. Das Programm wurde 2019 von einem Gericht für illegal erklärt. Die Regierung wurde zudem zu einer Rückzahlung von mehr als 700 Mio. australischen Dollar verpflichtet.

„Kostspieliges Versagen der öffentlichen Verwaltung“

Der Einsatz des Programms wurde im Bericht als „kostspieliges Versagen der öffentlichen Verwaltung“ mit „umfangreichen, verheerenden und anhaltenden“ negativen Auswirkungen bezeichnet. Der amtierende Premierminister Anthony Albanese bezeichnete den Plan der Vorgängerregierung als „groben Verrat“ an den Bürgern, der den Schwächsten geschadet habe.

Der frühere konservative Premier und ehemalige Sozialminister Scott Morrison wird im Bericht scharf kritisiert, weil er das Kabinett in seiner Zeit als Sozialminister mit der Empfehlung „irregeführt“ habe, dass die Umstellung auf ein automatisiertes System keine Verabschiedung eines Gesetzes erfordern würde.

Morrison weist Vorwürfe zurück

Morrison wies die Vorwürfe indes vehement zurück, er habe eigenen Aussagen zufolge stets in guter Absicht gehandelt. Unter Tony Abbott war er von 2014 bis 2015 Sozialminister, wurde danach unter Premier Malcolm Turnbull zum Schatzkanzler „befördert“ und regierte Australien schließlich von 2018 bis 2022.

Wie es in dem Bericht außerdem hieß, habe die frühere Regierung versucht, das Vorhaben zu vertuschen, als dessen „Ungerechtigkeit, wahrscheinliche Illegalität und Grausamkeit offensichtlich wurden“.