Rauch über kanadischen Wäldern
Reuters/Bc Wildfire Service
Kanada

380 Waldbrände außer Kontrolle

Seit Wochen wüten in Kanada großflächige Waldbrände. Die Behörden sprechen von den schwerwiegendsten Feuern, die im Land jemals erfasst wurden. Ein Ende ist nicht in Sicht – ganz im Gegenteil: Am Freitag (Ortszeit) wurde ein neuer Höchststand an Bränden verzeichnet, mehr als 670 wurden offiziell registriert. Laut den Behörden waren 380 Feuer außer Kontrolle.

Dazu komme, dass die Waldbrandsaison noch mindestens drei Monate dauere, erklärte Michael Norton vom Ressourcenministerium Natural Resources Canada (NRCan). Den Wettervorhersagen zufolge sollen in vielen Teilen Kanadas in den kommenden Wochen überdurchschnittlich hohe Temperaturen erreicht werden. Besonders betroffen seien der Westen und auch das nördliche Quebec.

Bereits neun Millionen Hektar Fläche sind verbrannt – das Elffache des Durchschnitts des vergangenen Jahrzehnts. Der absolute Jahresrekord von 1989 wurde damit schon jetzt übertroffen. In diesem Jahr registrierten kanadische Behörden bereits mehr als 3.400 Waldbrände. Zudem deuteten aktuelle Prognosen darauf hin, „dass dies weiterhin ein äußerst schwieriger Sommer für Waldbrände in Teilen des Landes bleiben könnte“, hieß es in der NRCan-Mitteilung.

Abgebranntes Waldstück in Kanada
AP/Noah Berger
Verkohlte Wälder in ganz Kanada – hier in der Provinz Alberta im Zentrum des Landes

155.000 Menschen mussten bisher Häuser verlassen

Rund 155.000 Menschen mussten aufgrund der Feuer seit Anfang Mai ihre Häuser verlassen, die höchste Zahl an Evakuierungen seit 40 Jahren. „Von Evakuierungen über schlechte Luftqualität bis hin zu extremen Hitzewarnungen erleben wir die Realität der Auswirkungen des Klimawandels“, sagte Gesundheitsminister Jean-Yves Duclos.

Die kanadische Regierung kündigte vor wenigen Tagen ein entschlossenes Vorgehen an. „In Verbindung mit langfristigen Investitionen in die Bekämpfung von Waldbränden sowie in den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel wird Kanada weiterhin Häuser, Lebensgrundlagen und Gemeinschaften schützen und gleichzeitig die Grundursache dieser verstärkten Brände bekämpfen: den Klimawandel“, sagte der Minister für natürliche Ressourcen, Jonathan Wilkinson.

Südafrikanische Feuerwehrleute in Kanada
AP/Noah Berger
Mehrere Länder, darunter auch Südafrika, haben Feuerwehrleute nach Kanada entsandt

Diesige Luft in US-Städten

Bei Waldbränden entsteht eine große Rauch- und Aschewolke. In ihr werden kleine Teile wie etwa Rußpartikel in die Atmosphäre transportiert. Einmal in großer Höhe angekommen, können diese zusammen mit den Höhenwinden mehrere tausend Kilometer über den Globus transportiert werden.

Auf diese Weise bekamen zuletzt Millionen Menschen in den USA die Auswirkungen der Brände in Form von schlechter Luft zu spüren. Betroffen waren Teile des Mittleren Westens, der Rauch zog aber bis an die Ostküste und beeinträchtigte dort die Luftqualität teils signifikant. Auch nach Europa war die Rauchwolke gezogen – in Österreich war das aber nicht vernehmbar, weil sich die Rußpartikel in großer Höhe befanden.

Smog über Toronto
APA/AFP/Getty Images/Ian Willms
Von Toronto (Bild) bis Toulouse in Frankreich – der Rauch bewegte sich Tausende Kilometer

Die Waldbrände vermitteln einen Eindruck von der Gefahr, die Kanada in Zukunft droht. Aufgrund der Klimakrise werden die Brände in den borealen Wäldern, das sind die Wälder der kaltgemäßigten Klimazone, der Nordhalbkugel Fachleuten zufolge noch häufiger und heftiger werden. Die Brände sind jedoch nicht nur eine Folge des Klimawandels, sie befeuern ihn auch noch: Pro verbranntem Hektar setzt der boreale Wald zehn- bis 20-mal mehr CO2 frei als andere Ökosysteme und trägt so zur globalen Erwärmung bei – ein Teufelskreis.

Wetterextreme und Klimakrise

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut dem aktuellen Bericht des Weltklimarats (IPCC) aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.