Brennende Fahrzeuge in Paris
Reuters/Gonzalo Fuentes
Nach Krawallen

Frankreich verhängt Verbot von Pyrotechnik

Nach den Ausschreitungen in Frankreich will die Regierung mögliche Krawalle am Nationalfeiertag am Freitag verhindern. Entsprechend wurde am Sonntag ein Pyrotechnikverbot für Privatleute ausgesprochen. Tags zuvor gingen in mehreren Städten Menschen zum Gedenken an den von einem Polizisten erschossenen 17-jährigen Nahel M. sowie aus Protest gegen Polizeigewalt auf die Straße.

Laut der Verordnung dürfen Feuerwerkskörper und andere Pyrotechnik am Nationalfeiertag am kommenden Freitag sowie am Samstag weder verkauft noch mitgeführt oder gezündet werden. Das soll ihren Missbrauch wie zuvor bei den landesweiten Krawallen verhindern. Ausdrücklich ausgenommen von dem Verbot sind Firmen und Gemeinden, die die traditionellen Feuerwerke zum 14. Juli ausrichten.

Jene Menschen, die sie an den Orten der Unruhen getroffen habe, seien in Hinblick auf den Nationalfeiertag und mögliche neue Zwischenfälle ziemlich beunruhigt, sagte Premierministerin Elisabeth Borne, die das Verbot verfügte, im Interview der Zeitung „Le Parisien“ (Sonntag-Ausgabe). Der Innenminister aber werde ein starkes Polizeiaufgebot mobilisieren, um die Menschen am Nationalfeiertag vor neuen Krawallen zu schützen, wie es hieß.

Proteste erschütterten ganzes Land

Nach dem tödlichen Schuss eines Polizisten auf M. bei einer Verkehrskontrolle am 27. Juni hatten nächtelang andauernde, schwere Ausschreitungen das ganze Land erschüttert. Mehr als 3.700 Menschen wurden nach Behördenangaben festgenommen, darunter 1.160 Minderjährige. Der verantwortliche Polizist sitzt in U-Haft, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Totschlags gegen ihn.

Polizeieinsatz auf den Champs Elysees
Reuters/Nacho Doce
Nach dem Tod eines 17-Jährigen kam es zu tagelangen Protesten, die von Krawallen überschattet waren

Tausende nahmen an Gedenkmärschen für M. teil

Inzwischen hat sich die Lage beruhigt. Doch die Spannungen dauern an, und die Behörden bleiben nervös. Am Samstag beteiligten sich laut Innenministerium rund 5.900 Menschen an Gedenkmärschen für den getöteten M. sowie an Protesten gegen Polizeigewalt. Größere Zwischenfälle blieben dabei aus.

Allein im Zentrum von Paris nahmen 2.000 Menschen an einer Kundgebung zum Gedenken an einen 2016 bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei gestorbenen jungen Schwarzen teil, obwohl die Behörden ihr die Genehmigung verweigert hatten. Zuvor hatte ein Gericht bereits einen Marsch zum Gedenken an den 24-Jährigen im Pariser Umland verboten.

Demonstranten in Alhoussein Camara, Frankreich
APA/AFP/Yohan Bonnet
Demonstrierende in Angouleme in Westfrankreich – sie gingen am Samstag gegen Polizeigewalt auf die Straße, im Gedenken an einen im Juni während einer Polizeikontrolle erschossenen 19-jährigen Guineer

Der Marsch zum Gedenken an Adama Traore wird alljährlich von seiner älteren Schwester Assa organisiert, die sich inzwischen zu einer prominenten Kämpferin gegen Polizeigewalt entwickelt hat. An der nicht genehmigten Kundgebung beteiligten sich auch mehrere Abgeordnete der linkspopulistischen Partei La France Insoumise (LFI).

Festnahmen gemeldet

Die Polizei meldete zwei Festnahmen, darunter Traores Bruder Youssouf. Nach Angaben der Pariser Staatsanwalt wurde er wegen Widerstands und Gewalt gegen eine Amtsperson in Gewahrsam genommen. Einer mit dem Fall vertrauten Quelle zufolge soll er eine Polizistin geschlagen haben.

Journalisten und Augenzeugen berichteten später, dass die Polizisten bei der Festnahme von Youssouf Traore unnötig hart vorgegangen seien. Laut Staatsanwaltschaft wurde er ins Spital eingeliefert. Linke Verbände, Gewerkschaften und Parteien riefen wegen des Vorfalls für Sonntag zu einer Protestdemo vor einer Polizeiwache im Herzen von Paris auf.

UNO-Ausschuss mahnt Frankreich

Ein UNO-Ausschuss hatte Frankreich am Freitag aufgefordert, gegen Rassismus und Gewalt bei der Polizei vorzugehen. Das aus 18 unabhängigen Fachleuten bestehende UNO-Komitee zur Beseitigung von Rassismus zeigte sich zutiefst besorgt über „die anhaltende Praxis des Racial Profiling in Verbindung mit exzessiver Gewaltanwendung bei der Strafverfolgung, insbesondere durch die Polizei, gegen Angehörige von Minderheitengruppen, insbesondere Menschen afrikanischer und arabischer Herkunft“.

Um Abhilfe zu schaffen, fordert das Komitee ein Verbot von Kontrollen allein aufgrund von Hautfarbe und Herkunft. Die französische Regierung wies die Kritik als „unbegründet“ und „übertrieben“ zurück. Jegliches „Racial Profiling“ durch die Polizei sei „in Frankreich verboten“, erklärte das Außenministerium in Paris. Der Kampf gegen übermäßige und auf Rassismus basierende Polizeikontrollen sei längst „verstärkt“ worden.