Kondensstreifen am Himmel
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Flugverkehr

Gedränge in der Luft dicht wie nie

Das Gedränge in der Luft ist so groß wie nie: Erst kürzlich waren laut dem Flugportal Flightradar24 so viele Flugzeuge wie nie zuvor am Himmel. Weitere Höchstwerte werden zum Höhepunkt der Reisesaison erwartet. Die Flugzeughersteller Boeing und Airbus prognostizieren unterdessen neue Rekorde in der Produktion in den nächsten zwei Jahrzehnten. Fachleute sprechen sich indes in Sachen Klimakrise für eine drastische Reduktion der Flüge aus. Das Mittel der Wahl: eine ebenso drastische Preiserhöhung.

Am Donnerstag, dem 6. Juli, wurde laut dem Flugportal Flightradar24 eine neue Höchstzahl an Flugzeugen in der Luft gezählt. Es fanden 134.396 kommerzielle Flüge an diesem Tag also innerhalb von 24 Stunden statt, so Flightradar24 in einem Tweet von Freitag.

Es sei die höchste Zahl, seit das Portal 2006 in Betrieb gegangen ist, berichtete etwa der Schweizer „Blick“. Insgesamt waren allerdings noch mehr, nämlich 250.381 Flieger, in der Luft, hieß es weiter. Bei diesen Tausenden weiteren Maschinen handelt es sich um Fracht-, Militär-, aber auch Privatflugzeuge.

Höchstzahl könnte bald wieder übertroffen werden

Es wird erwartet, dass diese Höchstzahl im Laufe des Sommers noch übertroffen wird, da besonders viele Menschen Ende Juli und Anfang August in den Urlaub fliegen, wie auch Prognosen von Airlines zeigen, so die Website „travelnews“. Zuvor hatten am 25. Juli 2019 die bisher meisten kommerzielle Flüge stattgefunden – 130.185 innerhalb von 24 Stunden, so „Blick“.

Flugzeugproduktion in einem Boeing-Werk
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Flugzeughersteller, hier eine Werkshalle von Boeing, prognostizieren einen satten Anstieg ihrer Produktion

Flugzeughersteller erwarten globale Verdoppelung

Und das Gedränge wird noch viel stärker werden. Der US-Flugzeughersteller Boeing rechnet wie sein größerer europäischer Rivale Airbus binnen zwei Jahrzehnten mit einer Verdopplung der weltweiten Flugzeugflotte. Im Jahr 2042 dürften bei den Airlines insgesamt etwa 48.600 Maschinen im Einsatz sein, teilte der US-Konzern Mitte Juni mit.

Boeing-Marketingmanager Darren Hulst schätzt, dass der Trend zu längeren Maschinen mit mehr Sitzen oder einer engeren Bestuhlung gehen wird. „Ohne solche Produktivitätsgewinne müsste die Flotte im Jahr 2042 noch etwa 20 Prozent größer sein“, sagte er.

Nur jede zweite Maschine ersetzt ältere

Die Prognose des US-Konzerns deckt sich im Prinzip mit derjenigen von Airbus. Der weltweit größte Hersteller von Flugzeugen hatte zuvor für das Jahr 2042 eine Verdopplung der weltweiten Flotte auf 46.560 Maschinen prognostiziert.

Flugzeuge am Terminal aus der Vogelperspektive
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Der Miami International Airport in Florida aus der Vogelperspektive

Allerdings umfasst Airbus’ Prognose nur Maschinen mit mindestens 100 Sitzplätzen, während Boeing auch etwas kleinere Regionaljets mitzählt. Vor allem dadurch fallen die Gesamtzahlen bei dem US-Konzern etwas höher aus.

Um die vorhergesagte Verdopplung der Flotten zu erreichen, werden nach Boeings Prognose in den Jahren 2023 bis 2042 voraussichtlich knapp 42.600 neue Passagier- und Frachtmaschinen ausgeliefert. Rund jede zweite Maschine ersetze dabei ein älteres Exemplar, die übrigen dienten der Kapazitätserweiterung.

Klimaneutralität: Kersosinersatz reicht nicht

„Von den Maschinen, die heute in Betrieb sind, werden in 20 Jahren voraussichtlich noch etwa 6.000 im Einsatz sein“, sagte Hulst. Vor allem Billigfluggesellschaften dürften stärker als die anderen Fluglinien wachsen. Laut den Prognosen sollen sich ihre Flotten und Passagierzahlen bis 2042 im Vergleich zu 2022 verzweieinhalbfachen.

Nicht nur diese Prognosen und die schiere Zahl der Flüge bereits jetzt lässt in Zeiten der Klimakrise aufhorchen. Es gibt große Probleme, Flugzeuge auf klimaneutral in absehbarer Zeit umzustellen. Klimaneutrales Fliegen ist alleine mit dem Ersetzen von Kerosin durch nachhaltigen Treibstoff nicht möglich, wie eine neue Studie zeigt.

Reduktion des Flugverkehrs nötig

Zusätzlich notwendig wäre eine Reduktion des Flugverkehrs, zu dieser Erkenntnis gelangten Forschende des Schweizer Paul Scherrer Instituts (PSI) und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) durch eine Analyse des gesamten Flugbetriebs, wie aus einer PSI-Mitteilung Anfang Juli hervorgeht.

Die Forschenden haben sich ihren Forschungsgegenstand ganzheitlich und nachhaltig angesehen. So geht es bei ihrer Analyse nicht nur um die Emissionen, die beim Fliegen selbst entstehen, sondern auch um die Emissionen, die bei der Produktion des Treibstoffs und der benötigten Luftfahrtinfrastruktur wie etwa Flughäfen anfallen. Das sei wichtig, so die Forscherinnen und Forscher.

Menschen stellen sich auf einem Flughafen an einem Check-In-Schalter an
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Auch beim Einchecken etwa für den Urlaubsflug ist das Gedränge Alltag

Wie die Fachleute rechneten

Denn wenn man davon ausgeht, dass der Flugverkehr weiterhin wächst wie bisher, dann machen die reinen CO2-Emissionen der Flüge laut den Berechnungen bis 2050 etwa 20 Prozent des gesamten Klimaeffekts aus. Die Resultate wurden im Fachblatt „Nature Communications“ veröffentlicht.

Wenn die Luftfahrt bis 2050 Klimaneutralität erreichen will, muss sie laut der Studie, neben anderen Maßnahmen wie dem Speichern von CO2 im Boden, den Flugverkehr jedes Jahr um 0,8 Prozent verringern, falls sie bei fossilen Treibstoffen bleibt. Er läge dann 2050 bei etwa 80 Prozent des heutigen Aufkommens. Gelinge es, auf klimaschonendere Treibstoffe umzustellen, reichten 0,4 Prozent pro Jahr.

Für drastische Preiserhöhung plädiert

Das, weil die Energiedichte von klimaneutralen Treibstoffen laut der Studie nicht bei allen Flugzeugen eingesetzt werden kann. Deren Energiedichte reiche nur für kleine Flugzeuge auf kurzen Strecken, im Fall von Wasserstoff auch für mittelgroße auf mittleren Strecken.

Um eine Reduktion des Flugverkehrs zu erreichen, plädierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für eine drastische Preissteigerung der Flüge. „Um die tatsächliche Klimawirkung umfassend auszugleichen, müsste ein Ticket im Vergleich zu heute etwa das Dreifache kosten“, sagte Studienautor Romain Sacchi vom PSI.