SAG-AFRA Präsidentin Fran Drescher
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„Wir sind die Opfer“

Hollywood-Schauspieler im Streik

Doppelstreik in Hollywood: Nach den Drehbuchautoren haben nun auch die Schauspielerinnen und Schauspieler in den USA ihre Arbeit niedergelegt. Nachdem bei Verhandlungen mit dem Verband der TV- und Filmstudios (AMPTP) keine Einigung erzielt werden konnte, wurde am Freitag die Arbeit niedergelegt. Damit können in den USA laut Medieneinschätzungen vorerst kaum noch Filme und Serien gedreht werden.

„Wir hatten keine Wahl“, sagte die Gewerkschaftsvorsitzende Fran Drescher („Die Nanny“) bei einer Pressekonferenz. „Wir sind die Opfer hier. Wir werden von einer sehr gierigen Organisation zu Opfern gemacht.“ Die Mitglieder ihrer Gewerkschaft SAG-AFTRA dürften nicht länger „an den Rand gedrängt sowie respektlos und ehrlos behandelt werden“.

„Arbeitgeber machen Wall Street und Gier zu ihrer Priorität und vergessen dabei die wesentlichen Mitwirkenden, die die Maschine am Laufen halten“, sagte Drescher. „Es ist ekelhaft. Schande über sie! Die Arbeitgeber stehen auf der falschen Seite der Geschichte.“

„Kann nicht glauben, wie weit wir auseinander sind“

Zuvor hatten beide Seiten noch einen Schlichter hinzugezogen. Trotzdem konnte bis zu einer von der Schauspielgewerkschaft gesetzten Deadline keine Einigung gefunden werden. „Ich kann ehrlich gesagt nicht glauben, wie weit wir bei so vielen Dingen auseinander sind“, sagte Drescher in ihrer emotionalen Rede.

„Wir sind die Opfer“

Nach gescheiterten Verhandlungen mit den großen US-Filmstudios treten die Schauspielerinnen und Schauspieler Hollywoods in den Streik. Der Vorstand der Schauspielergewerkschaft Screen Actors Guild (SAG-AFTRA) stimmte am Donnerstag einstimmig für eine Arbeitsniederlegung. Seit Wochen streiken auch die US-Drehbuchautoren und -Drehbuchautorinnen. Hollywood erlebt nun erstmals seit mehr als 60 Jahren einen Doppelstreik.

Die Gewerkschaft, die rund 160.000 Mitglieder vertritt, fordert von Studios und Streaminganbietern wie Disney, Paramount und Netflix höhere Gagen sowie Zusicherungen zum künftigen Umgang mit künstlicher Intelligenz. Der Chefunterhändler von SAG-AFTRA, Duncan Crabtree-Ireland, sagte, die Studios hätten vorgeschlagen, die Schauspieler und Schauspielerinnen zu scannen, um ihr Bildnis „für den Rest der Ewigkeit“ verwenden zu können.

Eine Frist für eine Einigung bei den Verhandlungen mit der Vereinigung der Film- und Fernsehproduzenten lief in der Nacht auf Donnerstag aber ohne Ergebnis aus. Schon zuvor wurde entschieden zu streiken. Die offizielle Freigabe erfolgte am Donnerstagnachmittag.

Film- und Fernsehproduzenten „zutiefst enttäuscht“

„Wir sind zutiefst enttäuscht, dass die SAG-AFTRA beschlossen hat, die Verhandlungen abzubrechen“, erklärte die Vereinigung der Film- und Fernsehproduzentinnen und -produzenten in der Folge. „Das ist die Entscheidung der Gewerkschaft, nicht unsere.“ Disney-Chef Bob Iger wies die Forderungen der Gewerkschaft im Sender CNBC als „nicht realistisch“ zurück. Die Entscheidung zum Streik sei „sehr verstörend“.

Gruppenfoto nach der Schauspieler-Gewerkschaftskonferenz
Reuters/Mike Blake
Zuletzt hatten die US-Schauspieler 1980 gestreikt, damals dauerte der Streik mehr als drei Monate

Die Gewerkschaft argumentiert dagegen, Gagen und Folgevergütungen für Schauspielerinnen und Schauspieler hätten sich im vergangenen Jahrzehnt wegen des „Aufstiegs des Streaming-Ökosystems“ deutlich verschlechtert. „Des Weiteren stellt künstliche Intelligenz eine existenzielle Bedrohung für kreative Berufe dar.“ Die Gewerkschaft vertritt nicht nur Superstars wie Meryl Streep, Jennifer Lawrence und Glenn Close, sondern auch zahlreiche Schauspieler und Schauspielerinnen, die sich mit Nebenrollen über Wasser halten.

Am Mittwoch hatte Schauspielstar Matt Damon etwa gesagt, dass man zwar hoffe, einen Streik abzuwenden. Aber viele Schauspieler und Schauspielerinnen bräuchten einen fairen Vertrag, um zu überleben. „Wir sollten die Menschen schützen, die irgendwie am Rande stehen“, sagte Damon. Mit dem Geld müssen die Kollegen und Kolleginnen ihre Krankenversicherung bezahlen. Wenn das Geld versiegt, dann versiege auch die Gesundheitsversorgung. „Das ist absolut inakzeptabel. Das können wir nicht haben. Also müssen wir etwas finden, das fair ist.“

„Oppenheimer“-Besetzung verließ Saal

In der Gewerkschaft SAG-AFTRA unter dem Vorsitz von Schauspielerin Drescher befinden sich Schauspielerinnen und Schauspieler für Film und Fernsehen, Stuntleute, TV-Journalistinnen und Moderatoren. Von vorneherein war klar, dass ein Streik nur Schauspieler und Schauspielerinnen für Serien und Filme betrifft. Er ist für sie alle bindend, sie dürfen dann nicht vor der Kamera arbeiten.

Der letzte Streik der US-Schauspieler im Jahr 1980 hatte drei Monate gedauert. Den letzten Doppelstreik von Schauspielern und Drehbuchautorinnen hatte es 1960 gegeben. Der jetzige Streik wird starke Auswirkungen auf Hollywood haben, Fernseh- wie Filmprojekten stehen große Verzögerungen bevor. Mit Beginn des Streiks dürfen Schauspieler und Schauspielerinnen auch nicht mehr für Filme werben, die neu ins Kino kommen – und das mitten im Sommer und damit in der Blockbuster-Saison.

Während der Premiere des Blockbusters „Oppenheimer“ in London verließ die Besetzung aus Solidarität zu ihren Kollegen und Kolleginnen den Saal am Donnerstag, wie US-Regisseur Christopher Nolan sagte. Auch sie würde streiken. Die Premiere wurde schon zuvor um eine Stunde vorverlegt, damit die Schauspieler und Schauspielerinnen zumindest über den roten Teppich marschieren, bevor der Beschluss für den Streik verkündet wird.

Urabstimmung im Juni mit eindeutigem Ergebnis

SAG-AFTRA warnte nicht gewerkschaftlich organisierte Schauspieler im Vorfeld außerdem davor, sich während eines potenziellen Streiks an Film- und Serienproduktionen zu beteiligen. Konkret wurde angekündigt, bei künftigen Mitgliedsanträgen abzufragen, ob ein Kandidat zu den Streikbrechern zählte.

Streikente WGA-Mitglieder
IMAGO/UPI Photo/John Angelillo
Es wird angenommen, dass der Doppelstreik Hollywood hart treffen wird

An einer Urabstimmung am 7. Juni hatten bereits rund 65.000 Mitglieder der Gewerkschaft teilgenommen, 97,9 Prozent sprachen sich für einen Streik aus. Zudem bekundeten Stars wie Meryl Streep, Jennifer Lawrence, Ben Stiller und Pedro Pascal öffentlich ihre Solidarität.

Erste Folgen

Der seit Wochen anhaltende Streik der Drehbuchautoren und -autorinnen hat schon jetzt Auswirkungen für Zuschauerinnen und Zuschauer, so können beispielsweise viele Late-Night-Shows nicht mehr wie sonst ausgestrahlt werden.

Wegen der anhaltenden Verhandlungen zwischen SAG-AFTRA und AMPTP wurden überdies einige Filmstarts nach hinten verlegt. Darunter sind neue Marvel-Superheldenfilme zu den Charakteren Captain America und Blade, Disneys Realverfilmung des Animationshits „Moana“ und die geplanten „Avatar“-Fortsetzungen. US-Medien warnten zuletzt davor, dass bei einem Doppelstreik kaum noch Filme und Serien gedreht werden könnten.