Pita Limjaroenrat
Reuters/Athit Perawongmehta
Premierwahl in Thailand

Wahlsieger scheitert an Militärsenatoren

Nach einer siebenstündigen hitzigen Debatte ist der Vorsitzende der prodemokratischen Partei Move Forward (MFP), Pita Limjaroenrat, bei der Wahl zum Premier im thailändischen Parlament knapp gescheitert. Ausschlaggebend waren die wahlberechtigten Militärsenatoren, die in überwiegender Mehrheit gegen den progressiven Sieger der Parlamentswahl im Mai stimmten.

Pita war der einzige Kandidat, der am Mittwoch zur Wahl stand. Im Zuge der Debatte versuchte er ein weiteres Mal, möglichst viele Abgeordnete von sich zu überzeugen. „Das ist keine Stimme für mich oder für den Ministerpräsidenten Thailands, sondern eine historische Chance, in Thailand zur Normalität zurückzukehren“, sagte er. Der Move-Forward-Generalsekretär Chaithawat Tulathon sagte: „Millionen von Wählern fragen sich: Wenn wir nicht den Regierungschef und die Regierung bekommen, für die eine Mehrheit gestimmt hat, wofür halten wir dann überhaupt Wahlen ab?“

Der bisherige Regierungschef Prayut Chan-o-cha musste bei der Parlamentswahl im Mai eine deutliche Niederlage einstecken und hatte am Dienstag seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Bis zur Bildung einer neuen Regierung werde er die Amtsgeschäfte noch weiterführen, teilte er mit. Prayut war 2014 durch einen Militärputsch an die Macht gekommen und hatte seinen Führungsanspruch in einer umstrittenen Wahl 2019 gefestigt.

Proteste befürchtet

Vor dem Parlament hatten sich zahlreiche Anhänger der Opposition versammelt, die die Abstimmung verfolgten. Es werden Proteste befürchtet. Die Polizei richtete eine Protestverbotszone um das Parlamentsgebäude ein. Abstimmungsberechtigt waren nicht nur die rund 500 im Mai gewählten Abgeordneten, sondern auch 216 nicht gewählte, vom Militär ernannte Senatoren. Mit dieser Regelung sicherten sich die Generäle nach ihrem Putsch das Mitbestimmungsrecht.

Proteste vor dem Parlament in Thailand
APA/AFP/Jack Taylor
Während der Parlamentssitzung versammelten sich Unterstützer Pitas in Bangkok

Aktuelle Ermittlungen gegen Pita bekanntgeworden

Am Mittwoch soll erneut abgestimmt werden. Dabei könnte Medien zufolge auch ein anderer Kandidat als Pita nominiert werden – oder Pita wird erneut aufgestellt, müsste aber Beobachtern zufolge seinen Gegnern Zugeständnisse machen. Dem 42-Jährigen drohen aktuell auch juristische Probleme, die seine politische Laufbahn beenden könnten. Erst am Mittwoch war bekanntgeworden, dass er seine Parlamentsmitgliedschaft verlieren könnte. Die Wahlkommission des Landes hatte formal der Bitte stattgegeben, beim Verfassungsgericht um Pitas sofortige Suspendierung anzusuchen.

Hintergrund sind Ermittlungen über angebliche Aktienanteile an einem Medienunternehmen, die der Harvard-Absolvent während seiner Kandidatur besessen haben soll – was in Thailand Teilnehmern an einer Wahl verboten ist. Die „Bangkok Post“ zitierte ihn mit den Worten: „Das betreffende Medienunternehmen ist schon seit Ewigkeiten geschlossen, und ich hielt die Anteile nur als Testamentsvollstrecker des Nachlasses meines Vaters.“

Ebenfalls am Mittwoch meldete das Verfassungsgericht, dass es noch einen weiteren Fall gegen Pita anhöre. In diesem Verfahren geht es um den Vorwurf des versuchten Umsturzes der Monarchie – auf Grundlage von Pitas Ankündigungen zur Änderung der Gesetze zur Majestätsbeleidigung.

Parlament in Thailand
Reuters/Athit Perawongmetha
Abstimmen durften neben den rund 500 gewählten Parlamentsmitgliedern auch mehr als 200 vom Militär ernannte Senatoren

MFP will Änderung bei Gesetz zu Majestätsbeleidigung

Ein Punkt, bei dem die MFP polarisiert und der auch in der Parlamentsdebatte am Mittwoch im Fokus stand, ist die Position zur Änderung des strengen Majestätsbeleidigungsgesetzes. Dieses sieht nämlich eine Strafe von bis zu 15 Jahren für die Verleumdung der Monarchie vor.

Kritikerinnen und Kritiker sagen, konservative Regierungen hätten das Gesetz benutzt, um abweichende Meinungen zu unterdrücken, und würden daher jeden Vorschlag zur Änderung des Gesetzes ablehnen. Laut Verfassung steht der König offiziell über der Politik und wird „ehrfürchtig verehrt“.

Wahlsieger Pita verliert Premierwahl

Bei der Wahl des neuen Ministerpräsidenten in Thailand hat der prodemokratische Spitzenkandidat Pita Limjaroenrat die einfache Mehrheit im Parlament knapp verpasst. Ausschlaggebend waren die wahlberechtigten Militärsenatoren, die in überwiegender Mehrheit gegen den progressiven Sieger der Parlamentswahl im Mai stimmten.

Vorgängerpartei der MFP verboten

Bereits im Jahr 2019 hatte sich die Monarchie als unantastbar gezeigt: Das Verfassungsgericht hatte damals die Future-Forward-Partei – die Vorgängerpartei der MFP – wegen Verstoßes gegen das Wahlgesetz aus dem Parlament ausgeschlossen und verboten. Sie hatte sich ebenfalls für eine Änderung des Majestätsbeleidigungsgesetzes eingesetzt.

Die Partei hatte vor allem viele junge Wählerinnen und Wähler aus prodemokratischen Studentenbewegungen, die aufgrund von Verstößen gegen dieses Gesetz inhaftiert wurden. Bei Protesten im Jahr 2020 hatten diese offen die Monarchie kritisiert.

Gerade diese jüngere Wählerschaft, allen voran die Studentinnen und Studenten, strebt nach demokratischen Veränderungen in ihrem Land. Die Zeitung „Bangkok Post“ hatte schon vor der Wahl verkündet, der „Wind des Wandels“ wehe durch das Königreich. Neben der Reform der Monarchie setzt sich die MFP unter anderem für eine Abschaffung der Wehrpflicht ein.