Den Menschen in Südeuropa steht ein heißes Wochenende bevor. Vielerorts steigen die Temperaturen auf über 40 Grad – für Mensch, Tier und Natur eine anstrengende Situation. Menschen, vor allem Risikogruppen, sollten daheim bleiben und von Aktivitäten im Freien absehen. Das öffentliche Leben kommt bei derart hohen Temperaturen bereits ab Mittag bis fast in den Abend de facto zum Erliegen.
Jede Tätigkeit wird ob der hohen Temperaturen zur Qual. Der Europäischen Raumfahrtorganisation (ESA) zufolge könnten am Wochenende sogar die höchsten Temperaturen erreicht werden, die jemals in Europa gemessen wurden. Die ESA geht von bis zu 48 Grad auf Sizilien aus. Bisher liegt der Europahöchstwert bei 48,8 Grad, die im August 2021 in Floridia auf Sizilien erreicht wurden.

Italien: Von einer Hitzewelle in die nächste
Italien leidet bereits seit Tagen unter der Hitze. Wegen „Cerbero“ – der mehrköpfige Höllenhund aus der griechischen Mythologie – wurde unter anderem auf Sardinien und in der Region Apulien am Mittwoch die 40-Grad-Marke überschritten. Für etliche Städte rief das Gesundheitsministerium die höchste Hitzealarmstufe Rot aus.

Entspannung ist nicht in Sicht: Auf „Cerbero“ soll „Caronte“ mit noch höheren Temperaturen folgen. Anfang nächster Woche soll das Hochdruckgebiet seine maximale Hitze erreichen – mit Temperaturen von über 40 Grad etwa in Rom, Florenz und Bologna. In Teilen Sardiniens herrschen dann sogar bis zu 47 Grad.
Für die größeren Städte rief das Gesundheitsministerium am Mittwoch den Hitzenotstand aus. In der Hauptstadt Rom und in den Städten Florenz und Bologna waren dem Wetterdienst der Luftstreitkräfte zufolge 37 Grad gemessen worden. Diese Hitzewelle sollte laut den Prognosen allerdings nicht die letzte dieses Sommers sein. Weitere Höchstwerte könnten dann fallen.

Griechenland: Temperaturen jenseits der 40 Grad
In Griechenland stellen sich die Menschen ebenfalls auf Extreme ein: Wie die Meteorologiebehörde mitteilte, werden vor allem in Mittelgriechenland Werte von bis zu 44 Grad erwartet. Bereits in der Nacht auf Freitag blieben die Temperaturen über 30 Grad – für den menschlichen Körper besonders anstrengend, da er sich bei solchen Temperaturen nur schlecht erholen kann, wie griechische Ärzte im griechischen Rundfunk sagten.
In Athen soll das Thermometer auf über 41 Grad klettern. Das Kulturministerium hat die Verwalter von archäologischen Sehenswürdigkeiten wie der Akropolis angewiesen, die Orte zwischenzeitlich für mehrere Stunden zu schließen, wenn es zu heiß wird. Viele Gemeinden halten klimatisierte Hallen geöffnet, damit man dort Schutz suchen kann.
Auf ältere Menschen sowie Kranke und Kleinkinder solle besonders geachtet werden, hieß es. Zudem dürften Haustiere und Streuner nicht vergessen werden – ihnen solle überall ausreichend Wasser hingestellt werden. Das Arbeitsministerium ordnete außerdem an, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Lieferdiensten wie Pizzaboten erst nach 17.00 Uhr die Arbeit aufnehmen dürfen. Das Rote Kreuz verteilt am Fuß der Akropolis Wasserflaschen an Tausende Besucher und Besucherinnen. Überlegt wird, die Akropolis aufgrund der Hitze in den kommenden Tagen in den heißesten Stunden des Tages zu schließen.

Das griechische Bürgerschutzministerium warnte inzwischen bereits vor erhöhter Brandgefahr in der kommenden Woche. Weil die Hitzewelle mit großer Trockenheit einhergehe und ab Montag in vielen Teilen des Landes starker Wind wehe, erhöhe sich auch die Gefahr großer Brandherde, warnte Bürgerschutzminister Vassilis Kikilias.
Bulgarien: Warnstufe Orange
In Bulgarien ist es die erste Hitzewelle des Jahres: Bereits am Donnerstag riefen die Behörden die zweithöchste Warnstufe Orange aus – mit dem heißesten Tag seit Jahresbeginn. Höchsttemperaturen bis 41 Grad gibt es in Plowdiw und in Russe an der Donau. Die Hitzewelle soll das Land Meteorologen zufolge rund zehn Tage lang fest im Griff haben. Angenehmer bleibt es mit rund 32 Grad an der Schwarzmeer-Küste.
Klimaforscherin: „Hitze ist stille Mörderin“
Klimaforschende erwarten für diesen Sommer noch weitere Hitzerekorde in Südeuropa. Enorme Temperaturen und kaum Abkühlung in der Nacht erschweren für viele den Alltag, jedoch stellt die Hitze auch eine erhebliche Gefahr für die Bevölkerung dar. „Hitze ist eine stille Mörderin“, mahnte Hannah Cloke, Klimawissenschaftlerin und Professorin an der Universität Reading, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters in einem Interview.
Türkei: Warnung vor starker Hitze
Auch in der Türkei warnt der Wetterdienst für das Wochenende vor starker Hitze. Im Westen des Landes liegen die Temperaturen in den kommenden Tagen bis zu zehn Grad über den für die Jahreszeit üblichen Temperatur, in anderen Landesteilen bis zu sechs Grad über dem Normalwert.
In der Urlaubsregion Antalya werden am Wochenende Temperaturen bis 42 Grad erwartet. Auch in den im Februar vom Erdbeben zerstörten Regionen in der Südosttürkei wird es bis zu 40 Grad heiß. Das ist besonders bitter für die Menschen dort: Viele von ihnen leben immer noch in Notunterkünften.
Spanien stöhnt unter Hitze
In Spanien ebbte die zweite offizielle Hitzewelle dieses Sommers am Donnerstag leicht ab. Der Wetterdienst AEMET, der am Mittwoch noch für mehrere Regionen gewarnt hatte, rief nur noch für den Süden von Gran Canaria die höchste Alarmstufe Rot aus.
Auf dem Festland sollte es aber vor allem in Teilen von Andalusien mit Temperaturen von bis zu 40 Grad sehr heiß bleiben. Zuvor hatte die Hitzewelle den Menschen in vielen Regionen Spaniens schwer zugesetzt. Die höchsten Temperaturen wurden mit knapp unter 45 Grad in Andalusien und in Murcia gemessen. Auch auf Mallorca stieg die Temperatur zeitweilig über 40 Grad.
Teile Spaniens sind nach Angaben von Experten und Expertinnen so trocken wie seit tausend Jahren nicht mehr. Es war auch der heißeste und trockenste Frühling seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
Die Folgen des Wassermangels
Haushalte müssen trotz der großen Hitze Wasser sparen. Sei der Wasservorrat für den Tag aufgebraucht, bleibe oft das abendliche Geschirr ungewaschen, so Bloomberg über die sich summierenden Probleme durch den Wassermangel. Klimaanlagen und -geräte sind nur bedingt eine Lösung, verbrauchen sie doch meist große Mengen an Strom, und die Abwärme der Geräte wird meist ins Freie geleitet. Die katalanische Hauptstadt Barcelona musste bereits in den letzten Jahren mit von großen Tankschiffen gebrachtem Wasser versorgt werden.

„34 aufeinanderfolgende Dürremonate“
Auf Landwirtschaft und Viehzucht wirkt sich die Trockenheit zunehmend aus. Manche Betriebe stehen vor dem Ruin. „Gegen Ende Mai und im Juni hatten wir leichte Regenfälle, die der Landwirtschaft zugutekamen und das Risiko von Waldbränden verringerten“, so Sarai Sarroca, Direktorin der katalanischen Wetterbehörde gegenüber Bloomberg. Aber es habe nicht in dem Ausmaß geregnet, „das wir brauchen, um 34 aufeinanderfolgende Dürremonate zu lindern“, so Sarraco gegenüber Bloomberg.

Wasserreservoirs mit bedenklichen Pegelständen
Auch Stauseen, die größten Wasserreservoirs in der Region, befinden sich in einem wassermäßig desolaten Zustand. Sie hätten derzeit einen Wasserstand von nur rund 30 Prozent, wie Bloomberg schreibt. Das liege weit unter dem spanischen Durchschnitt von 47,5 Prozent. In der vergangenen Dekade waren es noch durchschnittlich 68 Prozent gewesen. Eine Änderung der äußerst angespannten Lage ist nicht in Sicht.
Stau durch „Katastrophentourimus“
Zahlreiche Kleinunternehmen im Tourismusbereich an den Stauseen, etwa Kajakverleihe und Imbissstände, und auch Hotels, stehen vor dem Aus, wie Bloomberg schreibt. Wassersport ist in Teilen unmöglich, es gebe nur harten, getrockneten Schlamm, so Bloomberg. Die Stauseen wurden laut Bloomberg allerdings am Wochenende zum Treffpunkt von „Katastrophentouristen – und touristinnen“ – bis hin zu Staus bei der Anreise.
Das rufe Unmut bei den mit der Überwachung der Wasserqualität betrauten Beamten und Beamtinnen hervor. Diese würden dadurch in ihrer Arbeit behindert, so Bloomberg. Einige Male blieben Besucher und Besucherinnen auch an den schlammigen Ufern stecken, was die Regionalregierung dazu veranlasste, Beschränkungen für den Zugang von den vertrocknenden Stauseen in Betracht zu ziehen.
Ortschaften, die früher aus den Stauseen versorgt wurden, müssen sich nach anderen Quellen, etwa Flüssen, umsehen, da die Wasserqualität durch die sinkenden Pegelstände beeinträchtigt ist, so Bloomberg weiter.
Extremwetterereignisse werden häufiger
Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut UNO-Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.