BVwG-Spitze: Kogler verweist auf Koalitionspartner

Seit mehr als 200 Tagen wird das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wegen politischer Uneinigkeit interimistisch geleitet. Gestern hatten die Präsidenten der vier Oberlandesgerichte (OLG) scharfe Kritik an dem „groben Missstand in unserer Republik“ geübt. Das von den Grünen geführte Beamtenministerium versuchte zu kalmieren.

Man teile die Anliegen der OLG-Präsidentinnen und -Präsidenten, hieß es aus dem Büro von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Die fachlich versierte Besetzungskommission habe Mitte Februar ihren Besetzungsvorschlag in gereihter Form übermittelt, die zuständige Sektion im Ministerium daraufhin einen entsprechenden Ministerratsvortrag erarbeitet.

Dieser sei dem Koalitionspartner „vor Monaten übermittelt worden und könnte nach positiver Rückmeldung jederzeit im Ministerrat beschlossen werden“. Für die Bestellung ist laut Gesetz der Bundespräsident zuständig, der allerdings auf Vorschlag der Regierung handeln muss. Damit muss die Personalentscheidung im Ministerrat beschlossen werden.

ÖVP und Grüne besetzen Posten nicht

Zuvor hatten die vier OLG-Präsidenten und -Präsidentinnen in einem Schreiben an Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Kogler erneut die Nachbesetzung der BVwG-Leitung urgiert. Amtsinhaber Harald Perl war bereits am 1. Dezember 2022 in Pension gegangen.

Aus einem Auswahlverfahren für seine Nachfolge war dann dem Vernehmen nach die Vorsteherin des Bezirksgerichts Floridsdorf und Chefin der Richtervereinigung, Sabine Matejka, als bestgereihte Kandidatin hervorgegangen.

Bereits Ende April hatten die OLG-Präsidenten und -Präsidentinnen einen Appell an die Regierungsspitze gerichtet, die Stelle Perls endlich nachzubesetzen. Doch das Schreiben blieb unbeantwortet, und Taten folgten auch keine.

SPÖ: „Freunderlwirtschaft von Türkis-Grün“

Im Hintergrund geht es eigentlich um zwei Posten: Zum einen muss die Leitung des größten Gerichts des Landes nachbesetzt werden, zum anderen wird seit geraumer Zeit auch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) interimistisch geleitet. Auch bei der BWB gibt es bereits eine Entscheidung, aber die Grünen blockieren die Besetzung. Beim BVwG legt aus Sicht der Grünen die ÖVP ihr koalitionäres Veto ein.

„Die Freunderlwirtschaft von Türkis-Grün zeigt bei der Nichtbesetzung des Bundesverwaltungsgerichtes ihre schlimmsten Auswüchse und beschädigt Rechtsstaat und Demokratie massiv“, so SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim in einer Aussendung. „Es ist völlig unverantwortlich, das größte Gericht Österreichs aus parteipolitischem Hickhack für sieben Monate unbesetzt zu lassen und mit der Besetzung der Bundeswettbewerbsbehörde zu verknüpfen.“