Leeres Büro
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Homeoffice-Trend

Büro im Umbruch

Nicht nur in Österreich hat sich Homeoffice im Zuge der Pandemie etabliert: Städte weltweit müssen sich nun auf ein dauerhaftes Fernbleiben vieler Büroangestellter einstellen. Wie ein Bericht des McKinsey Global Institute für Metropolen wie New York, Paris, Tokio und München zeigt, verbringen Angestellte auch nach Pandemieende deutlich weniger Zeit im Büro als vor der CoV-Krise. Die Folge? Schrumpfende Büros.

„Die Auswirkungen hybrider Arbeit sind erheblich“, heißt es im Bericht des Unternehmensberaters McKinsey. Um 30 Prozent sei die Anwesenheit von Angestellten im Büro im Vergleich zu Vor-Pandemie-Zeiten zurückgegangen. Die Städte Peking, Houston, London, New York, Paris, München, San Francisco, Schanghai und Tokio wurden im Bericht besonders unter die Lupe genommen.

Doch auch hierzulande zeigt sich ein ähnliches Bild. Rund 25 Prozent der Beschäftigten in Österreich würden derzeit gelegentlich oder öfter im Homeoffice arbeiten, sagte ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher etwa Anfang Juli. Der Trend hin zu flexibler Arbeitsgestaltung hat Folgen: Die Nachfrage nach Büro- und Einzelhandelsflächen werde künftig unter dem Niveau vor der Pandemie bleiben, prognostiziert McKinsey.

Mehrere Szenarien stehen im Raum: Ein gemäßigteres Szenario sieht die Nachfrage nach Büroflächen im Jahr 2030 um 13 Prozent niedriger als im Jahr 2019. In einem extremeren Szenario sinkt die Nachfrage in der am stärksten betroffenen Stadt um 38 Prozent. Freilich ist die Nachfrage je nach Gegend und Stadt unterschiedlich.

Frau im Home Office
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Homeoffice hat sich im Zuge der Pandemie etabliert – das hat Folgen

Sinkende Bürovermietung in Deutschland

Aktuelle Zahlen gibt es etwa aus Deutschland: Dort sind die Neuvermietungen von Büros im ersten Halbjahr um 40 Prozent eingebrochen, wie der Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle (JLL) berichtet. „Zwanzig Prozent sind der Homeoffice-Effekt, die übrigen zwanzig Prozent der Effekt der konjunkturell unsicheren Lage“, sagt Stephan Leimbach, Leiter des Bürovermietungsgeschäfts bei JLL.

Das zweite Halbjahr geht laut Leimbach traditionell besser als das erste. „Für dieses Jahr gehen wir davon aus, dass etwa 2,8 Millionen Quadratmeter Bürofläche neu vermietet werden, letztes Jahr waren es 3,6 Millionen Quadratmeter. Das wäre ein Rückgang von gut 20 Prozent.“

Die Homeoffice-Quote in Deutschland liege seit einem Jahr stabil bei 25 Prozent der Beschäftigten, sagt Simon Krause, Heimbürofachmann beim Ifo-Institut: „Wir gehen davon aus, dass das so bleibt.“ Vor der Pandemie seien es nur zehn Prozent gewesen. „Die Folge ist, dass sich die Zahl der wegen Homeoffice leerstehenden Büros verdreifacht hat. In manchen Branchen sind das jeden Tag etwa 30 bis 35 Prozent der Büros.“

Wiener Büromarkt gewachsen

Auf dem Wiener Büromarkt soll die Vermietungsleistung moderner Flächen (ab 1990 gebaut oder generalsaniert) heuer im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen sein – und zwar um knapp 26 Prozent auf 35.230 Quadratmeter. Gegenüber dem ersten Vierteljahr 2023 entspreche der Wert allerdings einem Minus von zehn Prozent, wie das Vienna Research Forum (VRF) des Vereins zur Förderung der Qualität in der Immobilienwirtschaft am Dienstag mitteilte.

Dem VRF gehören die größten Wiener Maklerhäuser, darunter EHL Immobilien, CBRE und Otto Immobilien, an. Insgesamt wurden 47 Vermietungen verzeichnet. Das waren gleich viele wie im Vorquartal und drei mehr als im zweiten Quartal 2022. Die Leerstandsquote betrug 3,82 Prozent. Der Gesamtbestand an modernen Büroflächen betrage aktuell 6.108.892 Quadratmeter.

Schrumpfende Büros

Ungenutzte Büroräume sind teuer, in wirtschaftlich unsicheren Zeiten entscheiden sich viele Firmen daher für die Verkleinerung. „Mein Eindruck ist, dass sich die Unternehmen im Schnitt um 20 Prozent verkleinern“, sagt JLL-Manager Leimbach.

Nach Worten des Ifo-Experten Krause wandeln manche Unternehmen die freien Büros in Gemeinschaftsflächen um, für mehr persönliche Interaktion an Präsenztagen. Andere verringerten ihren Flächenbedarf etwa durch Desksharing – mehrere Mitarbeiter teilen sich einen Schreibtisch. „Dieser Effekt schlägt auf den Büromarkt durch. Das passiert aber nicht sofort, sondern mit Verzögerung, weil viele Firmen langfristige Mietverträge haben.“

Panorama von München
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In München dürfte der Bedarf an Büroflächen bis 2030 sinken, erwartet McKinsey

Weniger Büroarbeitsplätze als Angestellte

Eine Folge der Arbeit im Heimbüro ist, dass eine steigende Zahl von Unternehmen inzwischen weniger Büroarbeitsplätze als -angestellte hat. Für viele Unternehmen wäre es also gar nicht möglich, alle Mitarbeiter gleichzeitig ins Büro zu holen. Fachleute des McKinsey Global Institute schätzen, dass der Bedarf an Büroflächen bis 2030 in sieben der neun untersuchten Städte sinken wird – so in München um 16 Prozent, in Schanghai um 14 Prozent und in San Francisco sogar um 20 Prozent.

Zugleich werde die Qualität des Büros „immer wichtiger“, hält Stephan Kippes, Marktforscher beim Immobilienverband Deutschland Süd, fest. Gut ausgestattete Büros sind nach Kippes’ Einschätzung in Zeiten steigenden Fachkräftemangels ein wichtiger Faktor, um begehrte Arbeitskräfte zu halten. „Das Büro muss mehr sein als ein überdachter Schreibtisch“, so auch Leimbach.