Verfahren gegen Ungarn wegen Freilassung von Schleppern

Die EU-Kommission hat wegen der Freilassung hunderter inhaftierter Flüchtlingsschlepper ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet. Die Kommission ließ Ungarn gestern ein entsprechendes Schreiben zukommen.

Das Land hat nun zwei Monate Zeit, um Brüssels Bedenken auszuräumen. Andernfalls können eine Anrufung des Europäischen Gerichtshofs und mögliche finanzielle Sanktionen folgen.

„Weder effektiv noch abschreckend“

Die Kommission begründete ihre Entscheidung damit, dass das ungarische Vorgehen „weder effektiv noch abschreckend“ sei und die Umstände der jeweiligen Fälle nicht berücksichtige.

Ungarns Außenminister Peter Szijjarto verurteilte das eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren scharf. Das „Modell des Menschenhandels“ funktioniere, „weil Brüssel eine Politik betreibt, die die Einwanderung begünstigt“, erklärte er.

Ungarn argumentiert mit Kosten

Die Regierung des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban hatte Ende April angeordnet, 700 ausländische Schlepper aus der Haft zu entlassen, sofern sie danach binnen 72 Stunden das Land verlassen.

Die Regierung argumentierte mit der steigenden Anzahl von Schleppern in den Gefängnissen sowie den damit verbundenen Kosten für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Demnach machen Schlepper derzeit 13 Prozent aller Gefängnisinsassen des Landes aus. Dabei handele es sich um 2.600 Menschen aus 73 Ländern, so die Angaben von Ungarn.

Der Erlass vom April hatte insbesondere den Unmut Österreichs hervorgerufen, das daraufhin seine Grenzkontrollen zum Nachbarland Ungarn verschärfte und dessen Botschafter einbestellte.