Luftansicht der Zerstörung in Bachmut
Reuters/93rd Kholodnyi Yar Brigade
Ukraine

Putin droht mit Einsatz von Streubomben

Russland wird Präsident Wladimir Putin zufolge Streubomben in der Ukraine einsetzen, falls nötig. „Wenn sie gegen uns eingesetzt werden, haben wir selbstverständlich das Recht, entsprechend zu reagieren“, sagte Putin im staatlichen Fernsehen. Die USA haben indes der Ukraine die weithin geächteten Streubomben zugesagt. Kiew versprach aber, die Munition nur in besonderen Fällen einzusetzen und genau darüber Buch zu führen.

Sein Land verfüge über einen ausreichenden Vorrat, so Putin weiter in dem Interview. Sollte die Ukraine Streubomben einsetzen, „dann behalten wir uns das Recht zu deckungsgleichen Handlungen vor“, sagte der russische Präsident, der den großangelegten Überfall auf die Ukraine vor eineinhalb Jahren begonnen hatte. Zuvor hatte sich auch Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu ähnlich geäußert.

Menschenrechtsvertreterinnen und -vertreter werfen den russischen und den ukrainischen Streitkräften vor, in dem Krieg bereits in der Vergangenheit Streubomben eingesetzt zu haben. Dagegen gibt Putin an, Russland habe sie bisher nicht eingesetzt, obgleich es eine Zeit lang auch auf russischer Seite „bekanntermaßen einen Mangel an Munition“ gegeben habe.

„Sie haben nichts Besseres gefunden“

Der russische Präsident warf den USA vor, die umstrittene Streumunition der Ukraine bereitzustellen, weil der Westen nicht mehr in der Lage sei, Kiew mit ausreichend herkömmlichen Mitteln zu versorgen. „Sie haben nichts Besseres gefunden, als den Einsatz von Streumunition vorzuschlagen“, sagte Putin. Mit der eingetroffenen Streumunition hofft die Ukraine, ihre Großoffensive zur Rückeroberung eigener Gebiete im Osten und im Süden forcieren zu können.

Ukrainischer Soldat zeigt eine Streubombe her
Reuters/Clodagh Kilcoyne
Streubomben gelten, genauso wie Landminen, als besondere Gefahr für Zivilpersonen

Die über dem Boden explodierenden Bomben verteilen Geschoße über größere Flächen. Weil oft viele davon nicht sofort explodieren, gelten sie wie Minen als Gefahr für Zivilpersonen auch in der Zeit nach dem Ende von Kampfhandlungen. Mehr als 100 Staaten haben sie deswegen mit einem internationalen Abkommen geächtet. Doch weder die USA noch die Ukraine noch Russland haben sich dem Abkommen zur Ächtung von Streumunition angeschlossen.

Russland: Drohnen auf Krim abgewehrt

Unterdessen wurden auf der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim laut Behörden am Sonntag neun ukrainische Drohnenangriffe abgewehrt. „Heute Früh ist der Versuch des Kiewer Regimes, einen Terrorangriff zu verüben, vereitelt worden“, teilte das russische Verteidigungsministerium in Moskau mit. Es sei niemand verletzt worden. In Sewastopol hat die russische Schwarzmeer-Flotte, die im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt wird, ihren Hafen.

Die Flugabwehr habe zwei Drohnen abgeschossen, fünf weitere seien durch die Einheiten der radioelektronischen Aufklärung zum Absturz gebracht und zwei über dem Wasser vernichtet worden, teilte der Gouverneur der Hafenstadt Sewastopol, Michail Raswoschajew, Sonntag früh mit. Das Verteidigungsministerium sprach im letzten Fall von zwei „unbemannten Booten“, die zerstört worden seien.

Die Angriffe waren diesmal nach offiziellen Angaben vergleichsweise massiv und ausdauernd. „Jetzt ist es in der Stadt ruhig“, schrieb Raswoschajew im Nachrichtenkanal Telegram. Die Flugabwehr habe die Lage weiter unter Kontrolle. Auf der Krim machen im Sommer viele Russen trotz der Gefahr Urlaub. „Wir behalten die Ruhe“, meinte der Gouverneur. Die Angaben ließen sich unabhängig nicht bestätigen.

Weder in der Stadt noch in den Buchten von Sewastopol seien „irgendwelche Objekte“ beschädigt worden, teilte der Gouverneur mit. „Unsere Militärs haben souverän und ruhig die feindlichen Drohnenattacken auf Sewastopol abgewehrt.“ Die Schwarzmeer-Flotte sei gemeinsam mit den Einheiten der Flugabwehr im Einsatz gewesen. Demnach waren neben der Bucht von Sewastopol auch der Stadtteil Balaklawa betroffen und das Gebiet der altgriechischen Siedlung von Chersones, die zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört.

Ukraine will Halbinsel zurückholen

Von ukrainischer Seite gibt es immer wieder Drohnenangriffe auf die von Russland schon 2014 annektierte Halbinsel. Die Ukraine hat angekündigt, sich das Gebiet im Zuge ihrer Gegenoffensive gegen den russischen Angriffskrieg zurückzuholen. Die mit westlichen Waffen und viel Munition des Westens unterstützte Offensive zur Befreiung der Gebiete von der russischen Besatzung kommt nach Meinung von Militärexperten und -expertinnen langsamer voran, als von der Ukraine erhofft.

Der Zeitpunkt des Endes des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hängt nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vom Ausmaß der internationalen Hilfe ab. „Jetzt, da die Geschwindigkeit des Kriegsendes direkt von der globalen Unterstützung für die Ukraine abhängt, tun wir alles, um sicherzustellen, dass diese Unterstützung maximal intensiv und maximal gehaltvoll ist“, sagte er am Samstag in seiner täglichen verbreiteten Videobotschaft in Kiew.

Die Ukraine werde international auf allen Ebenen arbeiten, „um den Frieden im ganzen Land und für alle Menschen wiederherzustellen“, sagte er. „Wir können unsere Menschen, Städte und Dörfer nicht unter russischer Besatzung lassen. Wo immer russische Besatzung weiter besteht, regieren Gewalt und Erniedrigung“, so Selenskyj. Er sei den internationalen Partnern dankbar für die Unterstützung des Landes. „Nur die komplette Befreiung des gesamten ukrainischen Gebiets wird es erlauben, dass die ganze Kraft einer auf internationalen Regeln basierenden Ordnung wiederhergestellt wird.“