Straßenszene in Teheran
AP/Vahid Salemi
Kopftuchpflicht

Religionspolizei im Iran wieder im Einsatz

Im Iran kehrt zur Kontrolle der Kopftuchpflicht die berüchtigte Religionspolizei auf die Straßen zurück. Im ganzen Land sollen Einheiten der Religionspolizei nun mit Patrouillen zu Fuß und in Fahrzeugen wieder gegen Verstöße vorgehen, berichtete die Nachrichtenagentur ISNA am Sonntag unter Berufung auf einen Sprecher der Polizei.

Die Religionspolizei werde „Warnungen aussprechen und dann Menschen, die leider auf ihrem normwidrigen Verhalten bestehen, ohne sich um die Folgen ihrer nicht normgerechten Verschleierung zu kümmern, der Justiz übergeben“, zitieren staatliche Medien dazu den Sprecher der iranischen Strafverfolgungsbehörden, Saeid Montaseralmahdi.

Nach den Demonstrationen gegen die politische und religiöse Führung im Herbst waren die berüchtigten Einheiten von den Straßen der Metropolen verschwunden. Zwischenzeitlich deutete die Justiz sogar die Auflösung der Religionspolizei an. Auslöser der Proteste war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im September 2022. Die junge Frau starb im Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen Verstoßes gegen die Kleidungsvorschriften festgenommen worden war.

Neues Gesetz mit verschärften Strafen

Der Sicherheitsapparat ließ die dann aufkommenden Proteste brutal niederschlagen und mindestens sieben Demonstranten hinrichten. Tausende wurden festgenommen. Die Führung ließ zudem einen Gesetzesentwurf ausarbeiten, über den das Parlament in Kürze abstimmen soll. Das Gesetz sieht neue und harte Strafen bei Verstößen gegen die Kopftuchpflicht vor – zunächst mehrfache Verwarnungen, etwa per SMS. Dann drohen Geldbußen, Berufsverbote und in Extremfällen sogar Gefängnis.

Zur Kontrolle soll vor allem Überwachungstechnik zum Einsatz kommen. Auch online veröffentlichte Fotos, auf denen Frauen ohne Kopftuch zu sehen sind, sollen Konsequenzen haben. Restaurants, Museen und Einkaufspassagen müssen mit Schließung rechnen, wenn dort gegen die Pflicht zum Verhüllen der Haare verstoßen wird.

Zeichen des stillen Protests

Das Gesetz wird seit Monaten kontrovers diskutiert und von vielen Seiten kritisiert. Einflussreiche Konservative fordern noch härtere Strafen. Islamische Kleidungsregeln seien eine religiöse Pflicht und Verstöße dagegen keine Ordnungswidrigkeit. Politiker aus dem Reformlager hingegen forderten Lockerungen als Antwort auf die gesellschaftlichen Umbrüche.

In den vergangenen Monaten ignorierten in dem rund 90 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Land immer mehr Frauen die islamischen Kleidungsregeln – auch als Zeichen des stillen Protests.

Schauspieler verhaftet

Auch Kritik an der verschärften Vorgangsweise zur Durchsetzung der Kopftuchpflicht wird von der iranischen Führung offensichtlich nicht geduldet. Zuletzt wurde der Schauspieler Mohammed Sadeghi festgenommen, nachdem dieser mit einem Video das gewaltsame Vorgehen gegen Frauen, die sich nicht an die Kleidervorschriften halten, kritisiert hatte.

Seit mehr als 40 Jahren gilt im Iran die Kopftuchpflicht infolge der Islamischen Revolution. Schon vor Jahrzehnten demonstrierten zahlreiche Frauen dagegen. Die Kopftuchpflicht gilt als eine der ideologischen Grundsäulen der Islamischen Republik. Auch deshalb gilt eine Lockerung oder Abschaffung als unwahrscheinlich.