Medizinisches Personal mischt Chlor in Wasser
Reuters/Mike Hutchings
Mosambik

Klimawandel befeuert Gesundheitskrise

Mosambik gilt der UNO zufolge als eines der am schwersten von der Klimakrise betroffenen Länder der Welt. Überflutungen und Dürren wechseln einander zunehmend ab, zugleich häufen sich starke Wirbelstürme. Die Folge? In dem von Armut geplagten Land finden sich ideale Bedingungen für die Ausbreitung unterschiedlichster Krankheiten: von Cholera über Malaria bis hin zu Krätze. Das bestätigen auch Beobachtungen von Ärzte ohne Grenzen.

Die NGO ist in der bevölkerungsreichsten Provinz Nampula tätig. Die Folgen der Klimakrise sind aber im gesamten Land zu spüren. Das hängt auch mit dessen Lage zusammen: Das rund 32 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zählende Mosambik liegt am Indischen Ozean, seine Küste ist 2.800 Kilometer lang – und damit besonders von Wirbelstürmen gefährdet. Längst ist zu beobachten, dass diese durch steigende Temperaturen heftiger und intensiver werden. Tatsächlich kommt das südostafrikanische Land seit viereinhalb Jahren nicht zur Ruhe.

2019 zogen die Zyklone „Idai“ und „Kenneth“ über Mosambik hinweg. Nach UNO-Angaben waren allein von „Idai“ rund drei Millionen Menschen in Südostafrika betroffen, Hunderte Menschen starben. 2022 folgten mit „Ana“ und „Gombe“ zwei weitere verheerende Wirbelstürme. Der letzte Zyklon, der über Mosambik fegte, war der wohl langlebigste Wirbelsturm seit Beginn der Wetteraufzeichnungen: „Freddy“. Gleich zweimal traf er das Land und hinterließ ein Bild der Verwüstung.

Frau geht auf Straße nach Sturm
APA/AFP/Unicef/Alfredo Zuniga
Nach Extremwetterereignissen – wie dem Zyklon „Freddy“ – nehmen in Mosambik Erkrankungen wie Cholera und Malaria zu

Wie Klima und Cholera zusammenhängen

Zu Stürmen, schweren Regenfällen und Fluten mischen sich Dürren. Für die hiesige Bevölkerung ein katastrophaler Mix, der nicht nur Häuser zerstört, sondern auch Ernten und die Gesundheitsversorgung. Ärzte ohne Grenzen warnt in dem Zusammenhang vor mehreren Erkrankungen, darunter Cholera.

Extremwetter

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.

Parallel zur Zunahme von Extremwetterereignissen habe die Organisation eine „Zunahme von Cholera-Ausbrüchen beobachtet“, schilderte Catarina Gallizioli, medizinische Teamleiterin in der Provinz Nampula.

„Cholera ist verbunden mit beidem: fehlendem Wasser und zu viel Wasser, also Dürren und Überschwemmungen“, sagte sie. „Das liegt daran, dass es nicht um Wasser an sich geht, sondern um den Zugang zu sauberem Wasser. Sowohl die Trocken- als auch die Regenzeiten werden extremer“, so Gallizioli.

Viele Todesopfer vermeidbar

Cholera ist eine Durchfallerkrankung, die durch Bakterien verursacht wird. Sie kann zu großem Flüssigkeitsverlust, zu Nierenversagen und zum Tod führen. Die Menschen stecken sich meist durch Trinkwasser an, das mit Fäkalien bzw. Erbrochenem von Erkrankten verschmutzt ist, oder durch den Verzehr verunreinigter Lebensmittel. „Wenn man schnell auf einen Cholera-Ausbruch reagiert, ist die Sterblichkeitsrate nicht sehr hoch“, sagte die Medizinerin.

Rasch reagierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) infolge der Wirbelstürme 2019. Allein für Mosambik organisierte sie damals 900.000 Impfdosen. Gelöst ist das Problem damit nicht – immer wieder kommt es zu Ausbrüchen. „Oft leben gerade die Menschen, die betroffen sind, ohnehin bereits in schlechten hygienischen Bedingungen und haben keinen Zugang zu sauberem Wasser und guter Gesundheitsversorgung“, sagte die Expertin. Die Sterblichkeit erhöhe sich dann drastisch.

Günstige Bedingungen für Magen-Darm-Keime

Auch vonseiten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kommen immer wieder Warnungen: „Armut, Konflikte und Katastrophen nähren die Ausbrüche, und die Situation wird durch den Klimawandel noch angeheizt“, schlug heuer Philippe Barboza, Leiter des WHO-Cholera-Teams, Alarm. Im Februar warnte er – wie bereits einige Monate zuvor -davor, dass es nicht ausreichend Impfstoff gebe.

Cholera ist auch längst nicht die einzige klimasensible Erkrankung. Generell dürften steigende Temperaturen die Ausbreitung von Magen-Darm-Keimen weltweit begünstigen. Darauf ließ eine Modellstudie, die 2021 im Fachmagazin „Lancet Planetary Health“ erschienen war, schließen. Die Fachleute errechneten mehrere Szenarien. Bis zu 100.000 Tote erwarten die Forscherinnen und Forscher pro Jahr zusätzlich – und zwar durch allerlei Erreger wie Shigellen, Kryptosporidien und die auch hierzulande auftretenden Campylobacter-Bakterien.

Wetter-Extreme befeuern Krise in Mosambik

In Mosambik wechseln Überflutungen und Dürren einander ab, zugleich häufen sich starke Wirbelstürme. In dem von Armut geplagten Land würden sich daher ideale Bedingungen für die Ausbreitung unterschiedlichster Krankheiten finden, so Beobachtungen der Organisation Ärzte ohne Grenzen.

WHO erwartet Hunderttausende Tote zusätzlich

„Wir wissen, dass sich viele Durchfallerreger wie etwa Bakterien bei höheren Temperaturen besser vermehren“, sagte die Studienautorin und Klimafolgenforscherin Veronika Huber (Helmholtz-Zentrum in München), die in dem Kontext auch die sozioökonomischen Einflüsse betont, gegenüber der „Zeit“.

Auch für die Weltgesundheitsorganisation scheint klar, dass der menschengemachte Klimawandel eine Gesundheitskrise ist. Die WHO schätzt, dass die Klimakrise zwischen 2030 und 2050 jährlich 250.000 zusätzliche Todesfälle durch Unterernährung, Malaria, Durchfall und Hitzestress verursachen wird.

Personen warten vor Wasserstelle
Ärzte ohne Grenzen/Pierre Yves Bernard
Vielen Menschen im Land fehlt der Zugang zu sauberem Trinkwasser – das hat katastrophale Folgen

Mehr Dengue- und Malaria-Erkrankungen

Die Symptome der Klimakrise bekämpfen Hilfsorganisationen bereits seit geraumer Zeit – so auch Ärzte ohne Grenzen. In der Provinz Nampula hilft die NGO unter anderem bei der Prävention, Diagnose und Behandlung ausgewählter durch Vektoren wie Moskitos übertragener Krankheiten, insbesondere von schwerer Malaria und Dengue-Fieber.

Beide Erkrankungen gelten als klimasensibel: Schon jetzt dauert die Malaria-Saison in Teilen Afrikas wegen steigender Temperaturen länger an, auch die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung mit Dengue stieg in den letzten 50 Jahren stark, wie es in einem Bericht von „The Lancet Countdown“ aus dem Vorjahr hieß.

Kontaminiertes Wasser als Risikofaktor

Sorge bereiten der NGO in Mosambik nicht zuletzt vernachlässigte Tropenkrankheiten wie Krätze und Bilharziose – diese stehen wie auch Cholera im Zusammenhang mit dem Zugang zu sauberem Wasser, der vielen Menschen fehlt. Der Bevölkerung bleibt oftmals nur die Option, auf verunreinigtes Wasser zurückzugreifen. Das zeigt sich laut Schilderungen des für die NGO tätigen Umweltingenieurs David Birka entlang des Flusses Meluli.

„Wir sehen Leute, die hier jeden Tag herkommen, ihre Wäsche waschen, sich selbst waschen, hier Wasser entnehmen für zu Hause, um damit zu kochen, zum Trinken, und daneben waschen Personen ihre Autos, ihre Lkws“, sagt er. „Es ist sehr verschmutzt. Das führt dazu, dass Krankheiten übertragen werden.“ In der Stadt Nametil hat die Organisation deshalb eigenen Angaben zufolge nach Wasser gebohrt. Mit Erfolg: 8.500 Haushalte können dadurch versorgt werden.

„Klimagerechtigkeit ist von entscheidender Bedeutung“

Der Ausblick für die Region bleibt aber düster. Je stärker sich die Welt erhitzt, desto gravierender die Folgen. Besonders zu spüren bekommen das die Staaten des Globalen Südens, deren CO2-Ausstoß vergleichsweise gering ist. Mosambik ist eines jener Länder. Im Pandemiejahr 2020 hatte es laut Daten von Climate Watch einen CO2-Ausstoß von lediglich 0,2 Tonnen pro Kopf.

Zum Vergleich: In Österreich lag der CO2-Ausstoß jenen Daten zufolge bei 6,6 Tonnen, in den USA lag er bei 13 Tonnen. Rund 75 Prozent der weltweiten Treibhausgasemmissionen kommen aus den wichtigsten Industrie- und Schwellenländern (G-20). Zugleich wird den reichen Staaten vorgeworfen, die Pariser Klimaziele krachend zu verfehlen.

Auf jenen Umstand verwiesen auch Dutzende Forschende des Weltklimarats (IPCC) in ihrem umfangreichen Synthesebericht, der im März erschienen war. Der IPCC erinnerte daran, dass reiche Länder ihr Versprechen von 100 Milliarden US-Dollar (rund 94,1 Milliarden Euro) im Jahr für die ärmsten Länder noch nicht umgesetzt haben. Aditi Mukherji, eine von 93 Autorinnen und Autoren des Berichts, sagte: „Klimagerechtigkeit ist von entscheidender Bedeutung, weil diejenigen, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, unverhältnismäßig stark davon betroffen sind.“