Subtilität, feiner Humor und ein Gespür für Skurrilität gehörten ebenso zu ihren Markenzeichen wie ihre charakteristisch helle, zerbrechliche Stimme, die sie dem Burgtheater als Ensemblemitglied seit 1972 lieh. Auch nach ihrer Pensionierung 1999 kehrte Zeller neben ihren zahlreichen Kino- und TV-Engagements auf die Bühne zurück, in den letzten Jahren wurde es allerdings ruhig um die Kammerschauspielerin.
Ihre bewegte Karriere fasste Zeller unter dem Titel „Bitte lasst mich mitspielen!“ 2015 in ihrer Autobiografie zusammen, in der sie nicht nur vom Leben am Theater, sondern auch von den Erlebnissen in ihrem zweiten Standbein Film erzählte. Eine Doppelrolle, die nicht immer einfach zu meistern war. So habe sie der frühere Burgtheater-Direktor Claus Peymann „keinen Film machen lassen“. Peymanns Überzeugung sei es gewesen, „Film und Fernsehen sind eigentlich blöd“, wie Zeller anlässlich ihres 85. Geburtstag sagte.
Von Kottan bis „Die Blumen von gestern“
Dennoch brachte sie es auch beim Film zu Bekanntheit: Als Frau Kottan in der Fernsehserie „Kottan ermittelt“ erlangte sie in den frühen 80er Jahren große Popularität. Besonders beliebt war sie als Herta in der Serie „Julia – Eine ungewöhnliche Frau“.
Für das Kino spielte die am 25. Februar 1928 in Mauer bei Wien geborene Zeller unter anderen in Michael Glawoggers „Die Ameisenstraße“ (1995), in Robert Dornhelms „Der Unfisch“ (1997) und in Xaver Schwarzenbergers „Zuckeroma“ (2004). 2010 folgte ein weiterer Auftritt in Peter Patzaks „Kottan ermittelt: Rien ne va plus“, 2011 stand sie in der Glavinic-Verfilmung von „Wie man leben soll“ (Regie: David Schalko) vor der Kamera.
2015 spielte sie in der Regie von Tobi Baumann in „Gespensterjäger – Auf eisiger Spur“. Zuletzt war sie 2016 in „Die Blumen von gestern“ von Chris Kraus auf der großen Leinwand zu sehen.
„Eigentlich bei jedem Stück die andere Rolle gewünscht“
Doch am Anfang stand das Theater: Ihr erstes Engagement erhielt Zeller nach einer privaten Schauspielausbildung 1950 am Theater in der Josefstadt. In den folgenden 20 Jahren war sie überwiegend auf deutschen Bühnen zu sehen. Erst 1972, als Gerhard Klingenberg sie ans Wiener Burgtheater holte, kehrte die Schauspielerin in ihre Heimatstadt zurück.
Dort entwickelte sie sich bald zu einer profilierten Nebenrollendarstellerin: „Eigentlich habe ich mir bei jedem Stück die andere Rolle gewünscht, aber die hat dann immer Gusti Wolf bekommen“, sagte Zeller einmal lachend in einem APA-Interview. „Ich habe immer die kleinere Rolle bekommen, aber ich habe es Gusti gegönnt, wir haben uns gut verstanden.“ Zeller trat etwa in Stücken von Kleist, Ibsen, Brecht, Pirandello, Nestroy, Grillparzer und Shakespeare auf. Bei den Salzburger Festspielen 2005 und 2006 stand sie als Jedermanns Mutter auf der Bühne auf dem Domplatz.
Frau Liebig im „Heldenplatz“
Ihre besondere Vorliebe galt aber stets modernen Autoren. So spielte sie in Claus Peymanns legendären Thomas-Bernhard-Inszenierungen die schweigsame Wirtin im „Theatermacher“ und Frau Liebig im „Heldenplatz“.
Auch in späteren Jahren war sie in vielen Ur- und Erstaufführungen zu sehen, etwa in Gert Jonkes „Chorphantasie“ und „Die versunkene Kathedrale“ in der Regie von Christiane Pohle, in „Der Bus (Das Zeug einer Heiligen)“ von Lukas Bärfuss in der Regie von Thomas Langhoff, in „Ende und Anfang“ von Roland Schimmelpfennig in der Regie von Nicolas Stemann sowie in Friederike Hellers Handke-Inszenierungen „Untertagblues“ und „Spuren der Verirrten“. 2012 trat sie am Burgtheater in „Nach der Oper. Würgeengel“ von Martin Wuttke nach Luis Bunuel auf.
Bibiana Zeller gestorben
Die Burgschauspielerin Bibiana Zeller ist verstorben. Zeller wurde 95 Jahre alt. Sie war sowohl auf der Theaterbühne als auch vor der Kamera vielbeschäftigt und hochgelobt.
1998 wurde Zeller mit dem Berufstitel Kammerschauspielerin ausgezeichnet, im Rahmen der „Langen Nacht des Hörspiels“ wurde sie 2001 zur Schauspielerin des Jahres gekürt, 2010 erhielt sie die Romy als beliebteste Schauspielerin. In den letzten aktiven Jahren stand sie etwa unter Luc Bondy im Rahmen der Festwochen-Koproduktion von Molieres „Tartuffe“ als Madame Pernelle auf der Bühne und spielte im Fernsehen in „Alles Schwindel“ von Regisseur Wolfgang Murnberger.
„Momente großer Freude und großen Glücks“
„Bibiana Zeller hat ihr Publikum geliebt und sich mit ihrer Leidenschaft für die Schauspielkunst fest in die Theatergeschichte eingeschrieben", teilte Grünen-Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer per Aussendung mit. Zeller „war bei Bernhard ebenso zu Hause wie bei Shakespeare, hat unter Claus Peymann wie auch unter Martin Kusej gespielt und war ein halbes Jahrhundert wunderbares Mitglied des Burgtheater-Ensembles“, so Mayer, die noch anfügte: „Zeller auf der Bühne und vor der Kamera erlebt zu haben waren Momente großer Freude und großen Glücks.“
TV- und Radiohinweis
ORF2 sendet in „kulturMontag“ einen Nachruf auf die österreichische Schauspiellegende. In memorian Bibiana Zeller sendet ORF2 am Samstag um 9.50 Uhr „Heimkehr mit Hindernissen“, um 11.20 Uhr „Zuckeroma“, um 15.00 Uhr „Live is Life – Die Spätzünder“ und um 22.50 Uhr „Alles Schwindel“. Am Sonntag folgt um 14.30 „Live is Life – Der Himmel soll warten“.
In 3sat ist Zeller von Donnerstag bis Samstag in drei „Kottan ermittelt“-Nächten mit insgesamt sieben Folgen zu sehen
Das „Ö1 Hörspiel“ bringt am Samstag um 14.00 Uhr „Villa Jüterbog“ – mehr dazu in tv.ORF.at.
Die Wiener SPÖ-Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler bezeichnete Zeller als „Vielbeschäftigte“, die mit den Größen ihrer Zeit zusammengearbeitet habe und sich „beispielsweise in den legendären Thomas-Bernhard-Inszenierungen von Claus Peymann am Burgtheater in das kulturelle Gedächtnis der Stadt“ eingespielt habe – mehr dazu in wien.ORF.at.
„Wird uns allen unvergessen bleiben“
Betroffen vom Tod Zellers zeigte sich per Aussendung auch ÖVP-Kultursprecherin Maria Großbauer: „Ihre helle, zerbrechliche Stimme und auch ihr feiner, trockener Humor haben sie unverwechselbar und unvergesslich gemacht.“ Mit Zeller „hat uns eine vielfältige Schauspielerin verlassen, die nicht nur an der Burg und in Salzburg glänzte, sondern auch in zahlreichen Fernsehproduktionen“, hieß es in einer Aussendung von SPÖ-Kultursprecherin Gabriele Heinisch-Hosek.
Für FPÖ-Kultursprecher Thomas Spalt verliert Österreich mit dem Tod von Zeller eine Theater-, Film- und Fernsehikone. So wie Spalt erinnerte auch die grüne Kultursprecherin Eva Bliminger an Zellers „unvergessliche“ Rolle als Ehefrau des Majors Kottan. „Aber nicht nur in dieser Serie, sondern in zahlreichen Filmen wurde sie eine der beliebtesten Schauspielerinnen in Österreich.“