Abgedecktes Haus in Imst
APA/Zeitungsfoto.at
Im Auge des Sturms

Neue Unwetter fegen über Österreich

Schon am Montagabend haben Unwetter zu Millionenschäden, vor allem in Kärnten, geführt. Am Dienstag setzte sich die Wetterlage fort, Österreich lag genau im Bereich einer Luftmassengrenze. Am Nachmittag waren vor allem Tirol, Salzburg und erneut Kärnten betroffen. Im Tiroler Silz wurde am Dienstag vorübergehend eine Zivilschutzwarnung ausgegeben, in zwei Bundesländern mussten Gäste aus Seilbahnen in Sicherheit gebracht werden. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen wurde vom Sturm betroffen.

In Tirol waren am Dienstag 130 Feuerwehren im Einsatz. Die Gemeinde Silz war am Dienstag am stärksten betroffen: Zeitweise wurde eine Zivilschutzwarnung ausgegeben und die Bevölkerung aufgefordert, die Gebäude nicht zu verlassen, um nicht durch herumfliegende Teile von abgedeckten Dächern verletzt zu werden. Wenig später wurde die Warnung aber wieder aufgehoben. Verletzte wurden nicht gemeldet – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Böen mit 161 km/h

Laut der Unwetterzentrale wurden in Innsbruck am Dienstag zwischenzeitlich Windspitzen bis zu 161 km/h erreicht. Die Behörden meldeten umgestürzte Bäume und einen Blitzeinschlag in Imst, die Feuerwehr war in etlichen Orten im Einsatz.

Auch auf den Straßen kam es vor allem wegen umgestürzter Bäume zu vereinzelten Sperren. So etwa auf der Inntalautobahn (A12) bei Telfs in Richtung Kufstein, wie der ÖAMTC der APA mitteilte. Später wurde eine Fahrspur wieder freigegeben. Im Roppener Tunnel im Oberland hatten die Unwetter einen Stromausfall zur Folge, auch hier kam es zu einer Sperre. Auch in Seitentälern wie dem Zillertal, Ötztal und Pitztal mussten Straßen gesperrt werden. Der ÖAMTC verwies auf den herrschenden starken Reiseverkehr und daraus resultierende Staus.

Abgetragenes Dach in der Andreas Hofer Straße in Innsbruck
privat
Auch in Innsbruck wurden Dächer abgedeckt

Van der Bellen saß in Zug fest

Auch der Bahnverkehr war beeinträchtigt. Wegen Schäden an der Oberleitung waren zwischen den Bahnhöfen Telfs-Pfaffenhofen und Imst-Pitztal vorübergehend keine Fahrten möglich, so die ÖBB. Wie die „Tiroler Tageszeitung“ (Onlineausgabe) berichtete, war ein Railjet – ebenfalls wegen eines Oberleitungsschadens – kurz vor dem Bahnhof in Roppen zu stehen gekommen. Der Bereich wurde abgesichert. Die Fahrgäste konnten anschließend aussteigen und wurden von den Mitarbeitern der ÖBB und der Feuerwehr zum Bahnhof geführt.

Unwetter fordern Einsatzkräfte

Eine Unwetterfront mit teils Sturmböen, Hagel und Regen ist über den Westen und Süden Österreichs gezogen. Die Schäden in Kärnten und Tirol waren groß, im Bezirk Imst musste sogar eine Zivilschutzwarnung ausgesprochen werden.

Im Railjet befand sich dem Bericht zufolge auch Bundespräsident Van der Bellen. Er war auf dem Weg nach Bregenz, wo am Mittwoch die Festspiele beginnen. Kurz nach 17.00 Uhr konnte der Präsident mit einem Auto die Fahrt nach Vorarlberg fortsetzen, hieß es. Laut der „Kleiner Zeitung“ (Onlineausgabe) hatten der Bundespräsident und alle weiteren Fahrgäste rund zwei Stunden in den Waggons ausharren müssen.

Viele Häuser und Wohnungen ohne Strom

Nach Informationen des landeseigenen Netzbetreiber Tinetz waren auch am Abend noch rund 10.000 Kunden und Kundinnen ohne Strom. 288 Trafostationen in 37 Gemeinden waren betroffen. Vor allem im Ötz- und im Pitztal, dem hinteren Zillertal sowie Teilen Osttirols wurden die Störtrupps auf Trab gehalten. Zu Spitzenzeiten waren 18.000 Haushalte und 400 Trafostationen in 31 Gemeinden tirolweit kurzzeitig ohne Strom.

In mehreren Erstmeldungen der Leitstelle Tirol war zudem von Bergnotfällen die Rede, etwa im Karwendelgebirge, aber auch in Münster und Imst. In der Zillertal Arena im gleichnamigen Tal standen wegen eines Stromausfalles die Gondeln still. Auch Hütten waren betroffen. Rund 1.600 Wanderer mussten laut Angaben der lokalen Bergbahn im Bereich Rosenalm zunächst am Berg ausharren.

400 Personen aus Gondeln gebracht

Über einen Notbetrieb wurden 400 in den Gondeln befindliche Personen nach einiger Zeit sicher ins Tal gebracht. Bis 19.00 Uhr seien schließlich die restlichen Gäste, die zwischenzeitlich auf den Stationen sowie in den Hütten betreut worden waren, schließlich wieder mit der mit Strom versorgten Bahn ebenfalls ins Tal transportiert worden.

Im Bereich der Gerlossteinbahn im Gemeindegebiet von Hainzenberg war hingegen kein Leerfahren der Liftanlage möglich. 20 Personen mussten letztlich durch die Bergrettung geborgen werden.

Spuren hinterließ das Unwetter auch im Stubaital. In Neustift kam es unter anderem zu kleinen Vermurungen. Der Taleingang bzw. die Zufahrtsstraße in das Pinnistal wurde oberhalb der Fraktion Schmieden durch umgestürzte Bäume zur Gänze verlegt, teilte die Polizei mit. Wegen umstürzender Bäume wurden drei landwirtschaftliche Fahrzeuge (Schlepper, Traktoren) und ein Auto schwer beschädigt. Die Fahrzeuginsassen konnten sich selbstständig befreien und blieben unverletzt. Eine etwa zehnköpfige Fußgängergruppe fand unterdessen nahe der Landmaschinen Schutz und wurde ebenfalls nicht verletzt.

Zahlreiche Einsätze auch in Salzburg

Im Bundesland Salzburg sind am Dienstagnachmittag nach einem heftigen Gewitter zwei Seilbahnen wegen umgestürzter Bäume zum Stillstand gekommen. In Wagrain (Pongau) mussten 144 Personen in einer großen Hilfsaktion aus den Gondeln befreit werden, in Uttendorf (Pinzgau) waren es 13 Fahrgäste. Bis zum Abend waren die Feuerwehren in 27 Orten zu knapp 100 Einsätzen gerufen worden, teilte die Landeswarnzentrale am Abend mit – mehr dazu in salzburg.orf.at.

In Wagrain war ein Baum in die Trasse der Grafenbergbahn gestürzt, weshalb es zu einem Notstopp der Seilbahn kam. Weil die Bahn nicht mehr gestartet werden konnte, mussten die Insassen der Gondeln von Mitarbeitern der Bergbahn, der Bergrettung und der Feuerwehr geborgen werden. Um die eingeschlossenen Gäste zu beruhigen, wurden sie laufend über die Lautsprecheranlagen über den aktuellen Stand informiert.

Starke Gewitter in Vorarlberg erwartet

Eine neue Unwetterwarnung wurde auch für Vorarlberg ausgegeben. Bis Mittwoch seien starke Gewitter zu erwarten, informierte die Landespressestelle. Ebenso sei das Auftreten von Sturmböen mit Geschwindigkeiten von bis zu 100 km/h sowie von Starkregen bis zu 35 Liter und Hagel möglich. Schon am Dienstagnachmittag mussten die Einsatzkräfte 26-mal ausrücken, besonders betroffen war das Montafon. In St. Gallenkirch trug der starke Wind etwa rund 100 Quadratmeter Blechdach eines Alpengasthofs ab, ein Teil davon wurde auf die Terrasse geschleudert – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Sturmschäden im Montafon
Bernd Hofmeister
In Vorarlberg war das Montafon am Dienstag stark betroffen

Baum fiel auf fahrendes Auto

Auch in der Steiermark rechnete man nach den Unwettern von Montag mit weiteren heftigen Gewittern in den kommenden Tagen – entsprechend stellten sich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Energienetze Steiermark darauf ein. Schon am Montag verzeichnete der Landesenergieversorger rund 5.600 Haushalte, die mehrere Stunden ohne Strom waren. Am Dienstagabend waren es rund 2.000 Haushalte.

Am stärksten betroffen war das Ennstal, die schon am Montag stark betroffene Südweststeiermark sowie das Mürztal. Die Ennstalbundesstraße (B320) musste in einigen Abschnitten wegen Aufräumarbeiten gesperrt werden.

Wie das Bereichsfeuerwehrkommando Liezen mitteilte, waren zahlreiche Bäume durch Sturmböen auf die B320 gefallen. „Alleine zwischen Schladming und Haus im Ennstal stürzten im dreispurigen Abschnitt rund zwei Dutzend ausgewachsener Bäume auf die Straße“, hieß es in einer Aussendung. Es seien dort „wie durch ein Wunder“ keine Fahrzeuge betroffen gewesen. Eine Person sei allerdings nach ersten Informationen der Feuerwehr in Oberhaus verletzt worden, wo ein Baum auf ein fahrendes Auto gefallen war – mehr dazu in steiermark.orf.at.

Unter Bäumen einkelemmter PKW in der Steiermark
APA/BFW Liezen
Im steirischen Ennstal riss der Sturm Bäume um

Kirchturmdach abgerissen: Pfarrer entsetzt

In der Nacht auf Dienstag war schon eine Gewitterfront über Teile Österreichs gezogen, dabei war der Kärntner Bezirk Völkermarkt am stärksten betroffen. Hier gab es bis zu 30 Liter Regen pro Quadratmeter in kurzer Zeit und 100 km/h schnelle Windböen.

Die Feuerwehren bewältigten rund 500 Einsätze: Starkregen sorgte für Überflutungen, der Sturm knickte Bäume um und riss bei Kühnsdorf das Dach eines Kirchturmes ab. Die genaue Schadenshöhe liegt laut Diözese Gurk bei „mindestens 500.000 Euro“. Pfarrer Johann Skuk sagte, er sei „unfassbar entsetzt und nahezu sprachlos“ über das Ausmaß der Zerstörung: „Die Kirche ist 750 Jahre alt, so etwas hat es noch nie gegeben.“ Häuser wurden abgedeckt, umgestürzte Bäume verlegten Straßen und fielen auf Stromleitungen.

Schwer beschädigte Kirche in der Gemeinde Eberndorf, Kärnten
APA/Gerd Eggenberger
Das Dach des Kirchturms St. Marxen in der Pfarre Kühnsdorf/Sinca vas wurde zerstört

Umgestürzte Kiefer traf Buben

Zwischenzeitlich waren 2.500 Haushalte ohne Strom, am Dienstagnachmittag waren es noch rund 500. Laut Robert Schmaranz von Kärnten Netz war das Problem die schwere Erreichbarkeit einiger Schadstellen. Auf einem Campingplatz am Gösselsdorfer See gab es zehn Verletzte durch herumfliegende Gegenstände. Laut Polizei stürzte eine circa 20 Meter hohe Kiefer um.

Ein Neunjähriger aus der Steiermark wurde dabei leicht verletzt. Nach der Erstversorgung wurde er per Rettungshubschrauber zur Abklärung ins Klinikum Klagenfurt geflogen. Insgesamt waren am Montagabend bis Mitternacht allein wegen des Unwetters im Bezirk Völkermarkt 250 Notrufe bei der Landesalarm- und Warnzentrale eingegangen.

Abgedecktes Haus in der Gemeinde Eberndorf, Kärnten
APA/Gerd Eggenberger
In Kärnten verursachten die Unwetter am Montag die meisten Schäden, hier: Eberndorf

Die Kärntner Landesregierung dankte den Einsatzkräften am Dienstag. Die Schäden seien zum großen Teil durch Versicherungen abgedeckt, doch das Land stellte eine Überbrückungsfinanzierung in Aussicht – mehr dazu in kaernten.orf.at.

In Kärnten bleibt die Unwettergefahr auch am Dienstag und Mittwoch hoch, wie Andreas Mansberger von GeoSphere Austria sagte. Zu rechnen sei wieder lokal mit kräftigen Windböen und Sturmböen um die 100 km/h, womöglich auch Hagel – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Dach der Burg Güssing beschädigt

Die Unwetter zogen am Montag bis in den Osten Österreichs, ins Burgenland. Das Dach der Burg Güssing wurde durch den heftigen Sturm beschädigt. Zwischen 60 und 70 Quadratmeter der Dachfläche seien weggeflogen. Man habe die Kunstwerke in Sicherheit gebracht und im Anschluss provisorisch das Dach mit einer Plane abgedeckt, so Feuerwehrkommandant Mario Unger – mehr dazu in burgenland.orf.at.

Millionenschäden in Landwirtschaft

Die jüngsten Unwetter mit Starkregen und Hagel verursachten in weiten Teilen Österreichs Schäden in Millionenhöhe an landwirtschaftlichen Kulturen, wie die Hagelversicherung in einer Aussendung berichtete. Hier war besonders Oberösterreich stark betroffen, in den Bezirken Steyr-Land, Linz-Land und Perg wurden 7.100 Hektar Ackerkulturen – Getreide, Mais, Sojabohne, Zuckerrübe und Ölkürbis – beschädigt bzw. zerstört. Der Schaden belaufe sich auf rund 4,6 Millionen Euro.

In Niederösterreich verursachte das Unwetter vor allem in den Bezirken Zwettl, Melk und Amstetten Schäden in Höhe von 900.000 Euro. Insgesamt wurden 5.900 Hektar Ackerfläche, großteils Getreide, Mais und Soja, beschädigt. In der Steiermark bilanzierte die Hagelversicherung vorerst mit einer Schadenssumme von rund 1,3 Millionen Euro. Speziell in den Bezirken Murtal und Hartberg-Fürstenfeld mussten Landwirte herbe Verluste hinnehmen.