Neubau in Wien
ORF.at/Georg Hummer
WIFO zu Immobilienmarkt

Umbruch, aber kaum Preiskorrektur

Der heimische Immobilienmarkt befindet sich im Umbruch. Zu diesem Schluss kommt das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht. Konkret habe die Nachfrage seit 2022 spürbar nachgelassen. Gründe dafür gibt es mehrere – Auswirkungen auf den Preis bisher allerdings kaum.

Die Angebotspreise für Wohnungen und Häuser begannen den WIFO-Angaben zufolge zwar zu stagnieren. Trotz des Nachfrageeinbruchs und eines deutlichen Anstiegs von angebotenen Immobilien kam es aber vorerst zu „keinen starken Preisreaktionen“. „Die erwartete Preiskorrektur ist noch sehr verhalten und weit davon entfernt, die Preissteigerungen seit der Corona-Pandemie zu korrigieren“, hielten die WIFO-Ökonominnen und -Ökonomen fest.

Als Datenbasis für ihre Erhebung dienten die Wohnimmobilienanzeigen des Internetportals Immobilienscout24.at im Fünfjahreszeitraum zwischen 7. Juni 2018 und 2. Juli 2023. Der Umbruch sei ein österreichweiter Trend. Die aktuelle Entwicklung umfasse „praktisch alle regionalen Teilmärkte“.

Rückgang bei Transaktionen „markant“

Der Nachfragerückgang schlage sich in einem „markanten Rückgang der Transaktionen“ seit Herbst 2022 nieder. Klar abzulesen ist das am Aufkommen der Grunderwerbssteuer: Das Volumen sank den Angaben zufolge im vierten Quartal 2022 im Jahresabstand um elf Prozent, im ersten Quartal 2023 um 20 Prozent.

Wegen des Auseinanderfallens von Angebot und Nachfrage bleiben die angebotenen Immobilien auch deutlich länger auf dem Markt. Sie sind schwieriger zu vermarkten. „Es erscheinen nicht nur weniger neue Anzeigen, sondern es erhöht sich auch die durchschnittliche Verweildauer der bestehenden Anzeigen“, berichtete das WIFO.

Aufseiten der Verkäuferinnen und Verkäufer sei „eine abwartende Haltung“ festzustellen. „Multiple Schocks“ hätten die Rahmenbedingungen auf dem Wohnimmobilienmarkt „markant verändert“ und in weiterer Folge einen Nachfrageeinbruch ausgelöst.

Reihe von Gründen

Die Stagnation bei den Immobilienpreisen und die zunehmende Anzahl von angebotenen Wohnungen fällt laut WIFO zeitlich zusammen mit dem Anstieg der Zinsen für Wohnbaukredite seit dem Frühjahr 2022. „Neben der ausgesprochen schnellen Zinswende ist auch die Verschärfung der Kreditvergaberegeln als Faktor zu nennen, der für den abrupten Rückgang bei den Immobilienkrediten verantwortlich ist“, erklärten die WIFO-Expertinnen und -Experten.

Aufgrund der gestiegenen Kreditzinsen und auch verschärfter Kreditvergaberegularien sei die Finanzierungssituation schwieriger und damit auch die Nachfrage nach Immobilien geringer geworden – ein an sich preisdämpfender Faktor.

Gleichzeitig gebe es „mit den massiven Baukostensteigerungen – was eine schwächere Neubauentwicklung erwarten lässt – und der hohen Inflation“ aber auch Faktoren, die die Preise von Bestandsobjekten „zumindest nominell stabilisieren dürften“. Eine deutliche Preiskorrektur nach unten blieb vorerst aus.

„Verschnaufpause“ vs. „Wendepunkt“

Nach vielen Jahren ständig steigender Immobilienpreise habe der Immobilienmarkt zuletzt jedenfalls „eine Wachstumspause“ eingelegt. Der Immobilienpreisindex der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) zeige seit dem vierten Quartal 2022 „stagnierende beziehungsweise leicht rückläufige Preise“ im Vorquartalsvergleich an.

Der Häuserpreisindex der Statistik Austria habe spätestens im ersten Quartal 2023 einen Rückgang ausgewiesen. Beide Indizes zeigten damit „zum ersten Mal seit zumindest vier Jahren“ keinen weiteren Preisauftrieb bei Wohnimmobilien mehr.

„Ob es sich dabei um eine Verschnaufpause nach den starken Anstiegen der Vorjahre handelt oder um einen tatsächlichen Wendepunkt mit bevorstehenden Preisrückgängen, ist offen“, so die Wirtschaftsforscherinnen und -forscher. „Ob es doch noch zu umfangreicheren Preisrückgängen kommt, hängt stark von der weiteren Inflations- und Zinsentwicklung in den nächsten Monaten ab.“