Der thailändische Wahlsieger Pita Limjaroenrat
AP/Sakchai Lalit
Thailand

Wahlsieger darf nicht Premier werden

Thailands Parlament hat dem reformorientierten Wahlsieger Pita Limjaroenrat eine neue Kandidatur als Regierungschef verwehrt. Das verhinderte am Mittwoch der von der Militärjunta dominierte Senat. Eigentlich hätte sich der Politiker bereits in der Früh einer zweiten Wahlrunde stellen sollen. Die Entscheidung löste umgehend Proteste aus.

„Pita kann nicht erneut kandidieren“, sagte am Mittwochnachmittag (Ortszeit) Parlamentspräsident Wan Muhamad Noor Matha in Bangkok unter Protestrufen von Pitas Anhängerinnen und Anhängern seiner Move-Forward-Partei (MFP). Abgeordnetenkammer und Senat stimmten mit 394 zu 312 Stimmen dafür, der Forderung der Senatoren stattzugeben.

Mehrere Senatoren hatten zuvor gefordert, den 42-Jährigen nach seiner Niederlage bei der ersten Abstimmung vergangene Woche kein zweites Mal antreten zu lassen. Sie argumentierten, ein Kandidat dürfe sich im Parlament nur einmal zur Wahl stellen, wofür es politischen Experten zufolge aber keine Grundlage gibt. Dennoch kamen sie bei einer Abstimmung mit ihrem Anliegen durch.

Thailand: Wahlsieger darf nicht Premier werden

Thailands Parlament hat dem reformorientierten Wahlsieger Pita Limjaroenrat eine neue Kandidatur als Regierungschef verwehrt. Das verhinderte am Mittwoch der von der Militärjunta dominierte Senat. Eigentlich hätte sich der Politiker bereits in der Früh einer zweiten Wahlrunde stellen sollen. Die Entscheidung löste umgehend Proteste aus.

Weitere Vorgehensweise unklar

Wie es weitergeht, ist unklar. Für Donnerstag war eine dritte Abstimmung geplant, falls die zweite keinen Regierungschef hervorbringen sollte. Am Mittwochabend (Ortszeit) war die Situation aber völlig unklar. Möglich ist, dass nun Pitas wichtigster Koalitionspartner, die Partei Pheu Thai, einen Kandidaten aufstellt. Sie wurde bei der Parlamentswahl zweitstärkste Kraft. Jedoch würden dann wahrscheinliche neue Gespräche nötig.

Lautstarke Proteste vor dem Parlamentsgebäude in Bangkok ließen nicht lange auf sich warten. Polizisten in Kampfmontur wurden abgestellt, um die Menschenmenge unter Kontrolle zu bringen. Mehr und mehr Demonstrierende zogen später zum Demokratiedenkmal der Hauptstadt – ein symbolischer Ort, berühmt seit vielen Jahren für Massenproteste.

Aufgebrachte Menschen sprachen von „politischer Sabotage“. „Es ist klar, dass es im gegenwärtigen System nicht ausreicht, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen, um dieses Land zu regieren“, wandte sich Pita resigniert an seine Anhängerinnen und Anhänger auf Instagram.

Plenum unter Beifall verlassen

Pita hatte das Plenum zuvor unter dem Beifall seiner Parteikollegen und mit erhobener Faust verlassen. Er reagierte damit auf eine Entscheidung des Verfassungsgerichts, ihn für die Dauer eines Verfahrens als Abgeordneter zu suspendieren. Hintergrund sind Ermittlungen über angebliche Aktienanteile an einem Medienunternehmen, die der 42-jährige Harvard-Absolvent während seiner Kandidatur besessen haben soll. Das ist in Thailand verboten.

Pita Limjaroenrat
AP/Sakchai Lalit
Thailands Oppositionsführer Pita Limjaroenrat verlässt unter dem Beifall seiner Kollegen das Plenum

Seinen Angaben zufolge ist das betreffende Medienunternehmen, dessen Anteile aus dem Nachlass seines Vaters stammen, schon lange geschlossen. Nach der Bekanntgabe der Entscheidung versammelten sich wütende Anhänger Pitas vor dem Parlament, die lautstark protestierten.

Erstes Votum gescheitert

Pita, der vielen als Hoffnungsträger gilt, hatte mit seiner progressiven MFP die Parlamentswahl im Mai klar gewonnen. Mit einer Koalition aus acht Parteien verfügt er über eine stabile Mehrheit im Repräsentantenhaus. Vergangene Woche hatte Pita beim ersten Anlauf der Premierwahl, zu der er ohne Gegenkandidaten antrat, zwar eine Mehrheit im Haus gewonnen. Von den 250 Mitgliedern des konservativen, vom Militär ernannten Senats stimmten allerdings nur 13 für den Oppositionsführer.

Da bei der Wahl des Regierungschefs die Stimmen beider Kammern gezählt werden, fehlten Pita 51 Stimmen. Die meisten Senatoren wurden nach dem Putsch 2014 vom Militär ernannt. Seitdem hatte der Ex-General Prayut Chan-o-cha das Land mit einer Militärjunta regiert. Bei der Parlamentswahl im Mai musste er allerdings eine deutliche Niederlage einstecken und verkündete vergangene Woche seinen Rückzug aus der Politik. Bis zur Bildung einer neuen Regierung werde er die Amtsgeschäfte noch weiterführen, teilte er mit.

Plenum des thailändischen Parlaments
APA/AFP/Lillian Suwanrumpha
Der Senat wurde nach dem Putsch 2014 großteils vom Militär ernannt und gilt als konservativ

MFP will Änderung bei Gesetz zu Majestätsbeleidigung

Das Verfassungsgericht hatte zuletzt auch einen weiteren Fall gegen Pita geprüft. In diesem Verfahren geht es um den Vorwurf des versuchten Umsturzes der Monarchie – auf Grundlage von Pitas Ankündigungen zur Änderung des strengen Majestätsbeleidigungsgesetzes. Dieses sieht nämlich eine Strafe von bis zu 15 Jahren für die Verleumdung der Monarchie vor.

Kritikerinnen und Kritiker sagen, konservative Regierungen hätten das Gesetz benutzt, um abweichende Meinungen zu unterdrücken, und würden daher jeden Vorschlag zur Änderung des Gesetzes ablehnen. Laut Verfassung steht der König offiziell über der Politik und wird „ehrfürchtig verehrt“. Die Reformpläne, an denen Pita unbedingt festhalten wollte, hätten seine Kandidatur von Anfang an aussichtslos gemacht, sagen politische Beobachterinnen und Beobachter.

Vorgängerpartei der MFP verboten

Bereits im Jahr 2019 hatte sich die Monarchie als unantastbar gezeigt: Das Verfassungsgericht hatte damals die Future-Forward-Partei – die Vorgängerpartei der MFP – wegen Verstoßes gegen das Wahlgesetz aus dem Parlament ausgeschlossen und verboten. Sie hatte sich ebenfalls für eine Änderung des Majestätsbeleidigungsgesetzes eingesetzt.

Die MFP hat vor allem viele junge Wählerinnen und Wähler aus prodemokratischen Studentenbewegungen, die aufgrund von Verstößen gegen dieses Gesetz inhaftiert wurden. Bei Protesten im Jahr 2020 hatten diese offen die Monarchie kritisiert.

Gerade diese jüngere Wählerschaft, allen voran die Studentinnen und Studenten, strebt nach demokratischen Veränderungen in ihrem Land. Die „Bangkok Post“ hatte schon vor der Wahl verkündet, der „Wind des Wandels“ wehe durch das Königreich. Neben der Reform der Monarchie setzt sich die MFP unter anderem für eine Abschaffung der Wehrpflicht ein.