Wirecard: Marsalek-Brief sorgt im Prozess für Streit

Im Strafprozess um die milliardenschwere Pleite des deutschen Zahlungsabwicklers Wirecard sorgt ein Brief des untergetauchten Ex-Vorstands Jan Marsalek für Streit. Während die Verteidiger des angeklagten früheren Chefs Markus Braun in der Verhandlung des Landgerichts München heute eine Verlesung des bisher nicht veröffentlichten Schreibens an die Strafkammer forderten, lehnte der Vorsitzende Richter Markus Födisch das vorläufig ab.

Er sehe kaum Möglichkeiten, den Brief in die Gerichtsverhandlung einzuführen, sagte Födisch ohne nähere Begründung. Darüber entscheiden werde er zu einem späteren Zeitpunkt. Brauns Anwälte Alfred Dierlamm und Nico Werning protestierten, da Marsaleks Brief wesentliche Angaben zu Brauns Entlastung enthalte.

Heftige Wortgefechte

Das mündete in minutenlange heftige Wortgefechte zwischen den Anwälten, dem Richter und Staatsanwältin Inga Lemmers, worauf Födisch die Sitzung unterbrach und mit den übrigen Richtern den Saal verließ.

Wenige Minuten später setzte Födisch die Verhandlung fort und erklärte, er werde Brauns Anwälten im späteren Tagesverlauf das Wort für einen Beweisantrag erteilen.

Ex-Vorständin: Wusste nichts

Zunächst wurde wie geplant die frühere Produktvorständin Susanne Steidl als Zeugin vernommen. Sie gab an, dass die mutmaßlichen Betrüger ihre Geschäfte vor dem übrigen Vorstand abgeschottet hätten. „Ich habe keine Passwörter gehabt“, sagte die österreichische Managerin.

Marsalek war beim Zusammenbruch von Wirecard vor drei Jahren untergetaucht und wird international gesucht. Er galt als führender Kopf bei Wirecard und war dort für das Asiengeschäft verantwortlich.

Wirecard brach im Juni 2020 zusammen, als aufflog, dass auf Treuhandkonten in Asien 1,9 Milliarden Euro fehlten. Die Staatsanwaltschaft wirft Braun und zwei weiteren Angeklagten Bilanzfälschung und großangelegten Betrug vor.