Polizisten suchen im Süden Berlins ein Wildtier
APA/dpa/Fabian Sommer
Nach Video aus Waldstück

„Löwin“ hält Polizei nahe Berlin in Atem

Ein Video, das eine Löwin an einem Waldrand nahe Berlin zeigen soll, beschäftigt seit der Nacht auf Donnerstag Deutschland. Die Polizei nimmt es durchaus ernst und ist mit einem Großaufgebot auf der Suche nach einer – Löwin oder nicht – entlaufenen Raubkatze. Von Expertenseite wurden inzwischen aber auch Zweifel laut. Grund zur Entwarnung ist das vorerst nicht. Unklar ist, woher das Tier überhaupt kommen soll.

Alarmiert worden war die Polizei im deutschen Bundesland Brandenburg gegen Mitternacht von Augenzeugen. Diese hätten zwischen Berlin und Potsdam eine Raubkatze an einem bewaldeten Straßenrand gefilmt, hatte es Donnerstagfrüh geheißen.

Nach Angaben einer Sprecherin der Berliner Polizei vom Donnerstagabend gegenüber der „Bild“-Zeitung wurde das Tier möglicherweise erneut im Grenzgebiet zwischen Berlin und Brandenburg gesehen.

„Form des Rückens ungewöhnlich“

Donnerstagvormittag ließ der deutsche Nachrichtensender NTV einen Fachmann, Alexander Sliwa, einen Raubtierexperten des Zoos in Köln, das Video begutachten. Seine Einschätzung: Die „Form des Rückens und auch der Schwanz sehen ungewöhnlich aus. Aber wenn die Polizei sagt, dass es sich um eine Raubkatze handelt, dann kann ich das nicht anzweifeln."

Anhand der kurzen Aufnahmen im Internet sei es nicht auszuschließen, dass es sich um eine Löwin handele, hieß es in einer Stellungnahme des Berliner Zoos. Von dort stamme das Tier jedenfalls nicht. „Mit Sicherheit können wir dies aufgrund der geringen Qualität der Aufnahmen aber nicht bestätigen“, sagte Christian Kern, Zoologischer Leiter von Zoo und Tierpark Berlin.

Doch einige Ungereimtheiten

Laut Sliwa könnte es sich bei dem Tier um einen Puma, aber eben auch „um keine Raubkatze handeln“. Von Großkatze bis Hirsch oder Reh – alles möglich, so seine Einschätzung. Den Experten macht unter anderem stutzig, dass das Tier wegen des Lichtkegels, der auf dem Video zu sehen ist, nicht die Flucht ergriff.

Brandenburger Polizei sucht entlaufene „Löwin“

Die Brandenburger Polizei hat die Bevölkerung vor einer entlaufenen Löwin gewarnt. Augenzeugen hatten in der Nacht in Kleinmachnow südlich von Berlin eine Raubkatze gefilmt und alarmierten daraufhin die Exekutive. Ob es sich dabei tatsächlich um eine Löwin handelte, ist allerdings umstritten. Die Polizei Brandenburg nimmt die Sache aber offensichtlich sehr ernst und sucht mit einem Großaufgebot nach der vermeintlichen Löwin.

Die Polizei Brandenburg hatte die Sache offensichtlich sehr ernst genommen und tut es vorläufig auch weiterhin. Um 3.15 Uhr schickte sie eine offizielle Warnung aus. In Twitter hieß es: „Bitte meiden Sie es aufgrund eines entlaufenen Wildtieres aktuell im Bereich Kleinmachnow, Teltow & Stahnsdorf (PM) das Haus zu verlassen und holen Sie auch Ihre Haustiere ins Haus. Unsere Kollegen sind vor Ort und prüfen die Situation.“

Warnung an Bevölkerung

Etwas weiter unten in den Kommentaren: „Wir können bestätigen, dass es sich hierbei um eine Raubkatze handelt.“ Es folgt ein erneuter Aufruf, „das Haus nicht zu verlassen“. Auf dem ebenfalls in Twitter veröffentlichten Video ist ein Tier in einem Lichtkegel an einem Waldrand zu sehen, allerdings nicht vollständig. Ähnlichkeit mit einer Löwin hat es allerdings tatsächlich.

Ein Mann mit einem Betäubungsgewehr während einer Suchaktion nach einem freilaufenden Wildtier im Bereich der südlichen Landesgrenze von Berlin
APA/dpa/TNN/Sven Käuler
Suche nach dem Tier mit Betäubungsgewehr

Das Video soll in Kleinmachnow südlich von Berlin aufgenommen worden sein. Der „Berliner Zeitung“ bestätigte die Polizei Brandenburg, dass es sich bei dem Tier „höchstwahrscheinlich“ um eine Löwin handelt. Es soll laut deutschen Medienberichten auch dabei gefilmt worden sein, wie es ein Wildschwein jagt und erlegt. Das würde gegen einen Luchs sprechen.

Polizei ziemlich perplex

„Gegen Mitternacht kam bei uns die Meldung rein, die wir uns alle nicht vorstellen konnten. Da haben zwei Passanten ein Tier gesehen, das einem anderen nachrennt“, sagte Polizeisprecher Daniel Keip dem Sender rbb24. „Das eine war ein Wildschwein, und das andere war offensichtlich eine Raubkatze, eine Löwin. Die beiden Herren haben auch ein Handyvideo aufgenommen, und auch erfahrene Polizisten mussten bestätigen, es handelt sich wahrscheinlich um eine Löwin.“

Laut „Berliner Morgenpost“ war das Video gegen 2.00 Uhr in Twitter aufgetaucht, als die Polizei bereits auf der Suche nach dem Tier war. Die Warnung blieb Donnerstagmittag weiter aufrecht. Am frühen Donnerstagnachmittag hieß es, das Tier sei möglicherweise im Süden der Stadt Berlin gesehen worden. Veterinäramt und Stadtjäger wurden alarmiert, der Warnbereich erweitert. Wenig später erwies sich die Spur aber als kalt. „Die Gegend wurde abgesucht. Es fanden sich keine Hinweise oder Spuren, dass das Tier sich dort tatsächlich befunden hat“, so die Polizei.

Suche mit Großaufgebot

Tatsache ist, dass zwischen Berlin und Potsdam ein Großaufgebot an Polizei, Feuerwehr, Veterinären und Jägern auf der Suche nach der Raubkatze ist. Seit der Nacht wurden auch zwei Hubschrauber samt Wärmebildkameras eingesetzt.

Die Polizei forderte die Bevölkerung in der betroffenen Gegend in der Früh auch per Lautsprecher auf, ihre Wohnungen nicht zu verlassen und Haustiere nicht ins Freie zu lassen. Waldspaziergänge in der Gegend um Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf sollten unbedingt unterlassen werden. In Kindergärten durften die Kinder nicht ins Freie. Händlerinnen und Händlern auf Märkten wurde empfohlen, keine Stände aufzubauen.

Möglichst kein Abschuss

Die Polizei setzt zur Suche nach dem Tier auch Drohnen ein, wie Keip sagte. Bei der Suche habe der Schutz der Einsatzkräfte oberste Priorität. Die Polizisten gingen deshalb auch nicht – wie es bei der Suche nach Menschen oft zu sehen ist – in Reihe durch den Wald. Drohnen sollen die Suche unterstützen. „Sichtungen werden geprüft und Bereiche kurzzeitig abgesperrt.“

Bis Donnerstagmittag war völlig unklar, woher die Löwin bzw. die Raubkatze stammen soll. „In der Region vermisst kein Zoo oder Zirkus so ein Tier“, zitierte der Sender NTV einen Sprecher der Brandenburger Polizei. Es habe sich kein Eigentümer bzw. keine Eigentümerin gemeldet, hieß es ähnlich in der „Berliner Zeitung“.

Laut Polizei solle das Tier, wenn es gefunden wird, nicht abgeschossen, sondern nach Möglichkeit betäubt und dann in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden. In Twitter wurde bereits Sorge vor einem Abschuss laut. Forderungen danach blieben in der Minderheit.

„Wird erst einmal Radau machen“

Aber eine Betäubung mittels Narkosegewehr hätte auch ihre Risiken, sagte May Hokan, Veterinärmedizinerin und Expertin der Umweltstiftung WWF, am Donnerstag. Am besten könnten Zootierärzte, auch unter Stress, mit derartigen Situationen umgehen.

Aber: „Wenn man so einen Löwen trifft, fällt der nicht direkt um und schläft ein. Es gibt eine Stressphase, er hat diesen Pfeil im Hintern, wird erst mal losrennen und Radau machen.“ Das dauere einige Minuten, auch abhängig von der Art des Narkosemittels. „Wir haben dann eine schwierige Phase, bevor das Tier einschläft und man sich dem Tier nähern kann.“

Theoretisch denkbar wäre auch ein Abschuss. „Je nachdem, wie die Situation wahrscheinlich von Tierarzt und Polizei eingeschätzt wird, wird das Tier in solchen Situationen auch erschossen.“ Das mutmaßliche Raubtier sieht die Expertin gerade in einer besonderen Situation. „Das Tier ist nicht in seiner natürlichen Umgebung. Es ist gerade ein unglaublicher Stress.“

Es sei wahrscheinlich noch nie so frei unterwegs gewesen. „Wenn ich in Afrika in der Savanne rumlaufen würde und mir ein Löwe begegnet, der gerade gefressen hat, ist es gar nicht mal so dramatisch oder so gefährlich wie jetzt hier.“