Der russische Präsident Wladimir Putin in einem Flugzeug
Reuters/Sputnik/Alexander Kazakov
„Am besten kalt serviert“

CIA erwartet Putins Rache an Prigoschin

Der Chef der russischen Wagner-Söldner, Jewgeni Prigoschin, ist nach dem abgebrochenen Aufstand weitgehend ungeschoren davongekommen. Für einige Zeit verschwand er von der Bildfläche – es schien, als bliebe er verschont von jeglichen Konsequenzen. Ein Umstand, den CIA-Chef William Burns anders einordnet. Der russische Präsident Wladimir Putin sei jemand, „der glaubt, dass Rache ein Gericht ist, das am besten kalt serviert wird“.

Putin versuche, Zeit zu gewinnen, während er über den Umgang mit Prigoschin nachdenke, sagte der CIA-Direktor Burns beim Aspen Security Forum, das vom US-Thinktank Aspen Institute veranstaltet wird. Die Meuterei habe erhebliche Schwächen in dem von Putin aufgebauten Machtgefüge offenbart – entsprechend wolle Putin wohl Vergeltung an Prigoschin üben. Und das möglicherweise auch zu einem späteren Zeitpunkt.

„Was wir hier sehen, ist ein sehr komplizierter Tanz“, so Burns. Prigoschin sei viel unterwegs, habe sich aber in letzter Zeit nicht nur in Russland, sondern auch in der belarussischen Hauptstadt Minsk aufgehalten, sagte Burns auf die Frage nach einem Video, das den Wagner-Chef offenbar in Belarus zeigt und in dessen Telegram-Profil veröffentlicht wurde. Darin bezeichnete er die Vorgänge an der Front als „Schande“.

CIA erwartet Putins Rache an Prigoschin

Der Chef der russischen Wagner-Söldner, Jewgeni Prigoschin, ist nach dem abgebrochenen Aufstand weitgehend ungeschoren davongekommen. CIA-Direktor William Burns glaubt allerdings nicht daran, dass es so bleibt. Russlands Präsident Wladimir Putin sei jemand, „der glaubt, dass Rache ein Gericht ist, das am besten kalt serviert wird“, sagte Burns beim Aspen Security Forum im US-Bundesstaat Colorado.

„Würde Vorkoster nicht entlassen“

Wagner sei für die russische Führung in afrikanischen Ländern und Syrien nach wie vor von Bedeutung, daher sei es wahrscheinlich, dass Putin versuchen werde, die Gruppe von ihrem Anführer zu trennen, glaubt Burns. In Putin sieht er den „ultimativen Racheapostel“, es würde ihn überraschen, wenn Prigoschin einer Vergeltung entgehen könnte, so Burns.

CIA-Chef William Burns
AP/Carolyn Kaster
CIA-Chef Burns sieht in Putin einen „ultimativen Racheapostel“

Die Andeutung von US-Präsident Joe Biden von Anfang des Monats, laut der die Gefahr bestünde, dass der Wagner-Chef vergiftet werden könnte („Wenn ich er wäre, würde ich vorsichtig sein, was ich esse. Ich würde ein Auge auf meine Speisekarte werfen“) unterstrich Burns inhaltlich: „Wenn ich Prigoschin wäre, würde ich meinen Vorkoster nicht entlassen.“

„Keine Bewegungsfreiheit“ für Surowikin

Der Geheimdienst habe tatsächlich im Voraus von der Meuterei gewusst, bestätigte Burns entsprechende Berichte. Ein ranghoher russischer Armeegeneral, Sergej Surowikin, der von der Meuterei im Voraus gleichermaßen gewusst haben soll, genieße derzeit keine „Bewegungsfreiheit“, fügte der CIA-Chef hinzu. Die Meuterei sei der direkteste Angriff, den Putin in seinen 23 Jahren an der Macht erlebt habe.

Putin habe sich selbst als Ordnungshüter dargestellt, umso mehr habe die Meuterei viele im Land mit der Frage zurückgelassen, „ob der Kaiser keine Kleider anhatte oder warum er zumindest so lange brauchte, um sich anzuziehen“, so Burns. Das habe in der russischen Elite größere Fragen über Putins Urteilsvermögen aufgeworfen, die seit seiner Entscheidung, im Februar 2022 eine groß angelegte Invasion in der Ukraine zu starten, bestehen.

Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin
IMAGO/SNA/Elena Kopylova
Prigoschin wird wohl noch Opfer von Putins Rache, glaubt die CIA

Polen wegen Wagner in Belarus besorgt

Wagner ist unterdessen in Belarus ein Faktor geworden, schließlich hatte es nach der missglückten Revolte aus Moskau geheißen, dass die Kämpfer dorthin gehen könnten. Das beunruhigt wiederum Polen, das mehr Truppen nach Osten verlegen will, wie es am Freitag verlautete. Zahlen, wie viele Soldaten den Standort wechseln sollen, nannte ein Regierungsvertreter nach einem Bericht der Nachrichtenagentur PAP nicht.

Wenige Kilometer vor der Grenze des NATO- und EU-Mitglieds Polen findet auf einem Militärgelände bei Brest in Belarus derzeit eine Übung statt. Dabei sollen Wagner-Kämpfer belarussische Soldaten ausbilden. „Gemeinsame Übungen (…) sind zweifellos eine Provokation“, sagte Zbigniew Hoffmann, Sekretär des Sicherheitskomitees der polnischen Regierung. Man müsse mit russisch-belarussischen Aktionen rechnen. Derzeit üben schon zwei polnische Brigaden in der Region im Osten.

Putin: Angriff auf Belarus kommt Angriff auf Russland gleich

In diesem Zusammenhang warnte Putin Polen, jede Aggression gegen Belarus werde als Aggression gegen Russland aufgefasst. Darauf werde mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln reagiert, sagte er in einer im TV übertragenen Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats. Der Machthaber in der ehemaligen Sowjetunion, Josef Stalin, habe Polen nach dem Zweiten Weltkrieg die westlichen Landesteile geschenkt, so Putin. Polen habe das vergessen, man werde es daran erinnern.

London: 20.000 von Wagner rekrutierte Gefangene getötet

Unterdessen veröffentlichte das britische Verteidigungsministerium in seinem neuen Geheimdienstbericht neue Zahlen zu den Verlusten in Zusammenhang mit Wagner: Bis zu 20.000 in russischen Gefängnissen rekrutierte Kämpfer sind nach Einschätzung britischer Militärexperten innerhalb weniger Monate getötet worden. Demnach wurden bei dem als „Projekt K“ bezeichneten Anwerbeprogramm mindestens 40.000 Mann rekrutiert.

Die Ex-Häftlinge haben nach Einschätzung der Briten die Eroberung der umkämpften ostukrainischen Stadt Bachmut ermöglicht. Gleichzeitig sei Wagner erst durch diesen Zuwachs zu einer mächtigen Organisation geworden. Angesichts der hohen Verlustrate handle es sich jedoch auch um „eine der blutigsten Episoden der modernen Militärgeschichte“, so die Mitteilung weiter.

Die letzten Ex-Häftlinge würden wohl in den kommenden Tagen ihre für die Entlassung aus der Haft verpflichtende Dienstzeit bei Wagner beenden, hieß es weiter. Eine erhebliche Zahl der nun begnadigten Verurteilten dürften aber nach Einschätzung der Briten im Dienst der Söldnertruppe bleiben. Das Rekrutierungsprogramm in Gefängnissen werde inzwischen von der russischen Armee fortgeführt.