Zwei indische Frauen rechen Reis, um ihn zu trocknen
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Risiko für Versorgung

Indien verhängt Exportverbot für weißen Reis

Ab sofort wird Indien keinen weißen Reis mehr ausführen, damit soll die Versorgung der eigenen Bevölkerung sichergestellt werden. Für den Rest der Welt wird der Schritt Folgen haben, viele Länder sind auf Indiens Reis angewiesen. Der derzeit ohnehin enorm hohe Preis wird dadurch zudem wohl noch einmal deutlich anziehen.

Die Welt hungert nach weißem Reis, Indien exportierte davon im vergangenen Jahr allein von dieser Kategorie über zehn Millionen Tonnen. Im zweiten Quartal heuer wuchs der Export noch einmal um 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Jetzt zog die indische Regierung die Bremse, das Exportverbot gelte mit sofortiger Wirkung, wie am Freitag bekannt wurde. Betroffen sind weißer und Bruchreis – Basmati und der gelbliche Parboiled-Reis gehören nicht dazu.

Diese Maßnahme werde eine „angemessene“ Versorgung der eigenen Bevölkerung mit dem Grundnahrungsmittel „garantieren“ und den Preisanstieg im Inland dämpfen, so das Ernährungsministerium. In Indien sei dieser Reis im Handel im vergangenen Jahr um knapp zwölf Prozent teurer geworden.

Indien hatte nach einer Dürre vergangenes Jahr bereits den Export von Bruchreis verboten und einen Zoll von 20 Prozent auf die Ausfuhr von höherwertigem Reis verhängt. Auch die Zuckerexporte wurden begrenzt. Die Regierung von Premierminister Narendra Modi setzte nun – knapp ein Jahr vor den nächsten Parlamentswahlen – einen weiteren Schritt gegen die Nahrungsmittelinflation im Land.

Nicht kompensierbar

Überall sonst in der Welt dürfte der Preis für diesen Reis nun aber erneut steigen – vom ohnehin höchsten Niveau seit elf Jahren. Pandemie, Russlands Angriffskrieg und das Klimaphänomen „El Nino“ hatten den Reispreis bereits in den vergangenen Jahren verteuert. Zuletzt setzte der Monsun dem Preis für weißen Reis weiter zu, vor allem im Norden Indiens mussten viele Landwirtinnen und Landwirte zerstörte Saat nachpflanzen. Er stieg im vergangenen Monat allein noch einmal um drei Prozent.

Auf Indien entfallen mehr als 40 Prozent der weltweiten Reisexporte, diese Lücke können andere Länder freilich nicht schließen. „Dieses plötzliche Exportverbot ist sehr schmerzhaft für die Käufer, die keinen Ersatz aus anderen Staaten haben“, so Krishna Rao, Chef der Reisexporteursvereinigung, gegenüber Reuters.

Indische Feldarbeiter tragen Reissetzlinge
Reuters/Amit Dave
Auf Indien entfallen mehr als 40 Prozent der weltweiten Reisexporte

Thailand und Vietnam verfügten nicht über genügend Lagerbestände, um das Defizit auszugleichen. Die Käufer – vor allem Benin, Senegal, die Elfenbeinküste, Togo, Guinea, Bangladesch und Nepal – seien davon enorm betroffen.

Arme Länder „in Schwierigkeiten“

Indien würde den globalen Reismarkt mit weitaus größerer Geschwindigkeit stören, als es die Ukraine wegen der russischen Invasion auf dem Weizenmarkt getan hat, so Rao. Reis ist ein Grundnahrungsmittel für mehr als drei Milliarden Menschen auf der Welt. Er wurde zudem vielerorts als Ersatz für Weizen genommen – dessen Preis seit Kriegsbeginn ebenfalls stark anstieg. Das Exportverbot wurde zudem nur wenige Tage nach Ende des Getreidedeals zwischen Russland und der Ukraine erlassen. Seither stieg der Preis für Weizen noch einmal um elf Prozent, jener für Mais um fast neun Prozent.

„Die Länder haben bereits mit einer erschütternden Nahrungsmittelinflation zu kämpfen, insbesondere arme Länder“, sagte Arif Husain, Chefökonom des UNO-Welternährungsprogramms, zur „Financial Times“ („FT“). „Wenn man besonders von Nahrungsmittelimporten abhängig und die Schuldenlast hoch ist, wertet die Währung ab, und die Zinsen steigen.“ Solche Länder seien nun „in Schwierigkeiten“, so Husain.

Auch Vorräte sinken

Die Analystin Zanna Aleksahhina von der Forschungseinrichtung Mintec, sagte, die weltweiten Reisvorräte würden bis zum Jahresende voraussichtlich auf den niedrigsten Stand seit sechs Jahren sinken. Extreme Wetterbedingungen in den kommenden Monaten würden voraussichtlich ihr Weiteres tun. „Ich hoffte, dass wir den Höhepunkt der Nahrungsmittelinflation schon überschritten hätten, aber ich mache mir Sorgen, dass das nicht der Fall sein könnte“, so Aleksahhina gegenüber der Zeitung.

Zumindest das UNO-Welternährungsprogramm kann weiterhin Reis aus Indien beziehen, denn es ist derzeit von Exportverboten ausgenommen. Zudem können Staaten in Neu-Delhi Ausnahmen beantragen, wie vielen dann stattgegeben wird, ist offen.