Justizumbau in Israel: Heftiger Widerstand in Armee

Kurz vor einer entscheidenden Abstimmung im Parlament hat sich Israels Verteidigungsminister Joav Galant im Streit über den Umbau der Justiz eingeschaltet. Hintergrund ist ein ebenfalls gestern veröffentlichter Brief von mehr als 1.000 Reservisten der israelischen Luftwaffe, darunter Hunderte Kampfpiloten. Sie kündigten an, nicht mehr zu den monatlichen Übungen einzurücken, sollte das Gesetz beschlossen werden.

„Galant ergreift aktuell Maßnahmen, um einen breiten Konsens zu erreichen und die Sicherheit des Staates Israel zu gewährleisten“, hieß es gestern Abend auf Nachfrage aus seinem Büro. Die Ankündigung der Reservisten ist der bisher mit Abstand größte Widerstand innerhalb der Armee gegen den Justizumbau, mit dem Kritikerinnen und Kritiker die Demokratie bedroht sehen.

Besonders bei den Kampfpilotinnen und -piloten sind die Reservisten entscheidend, da sie viel mehr Erfahrung haben als viele der jüngeren und im aktiven Dienst stehenden. Sie haben teils wöchentlich Übungen, um entsprechend einsatzbereit zu sein, und würden die Einsatzbereitschaft durch ein monatelanges Fernbleiben von den Übungen verlieren. Das könnte die volle Einsatzfähigkeit der Luftwaffe im Ernstfall gefährden.

Laut israelischen Medienberichten soll es das ganze Wochenende lang weiter fieberhafte Gespräche geben, um doch noch einen Kompromiss zu erreichen. Galant könnte andernfalls auch auf eine Verschiebung drängen, hieß es weiters.

Seit Monaten permanent Demos

Gegen das umfassende Vorhaben gehen seit mehr als einem halben Jahr regelmäßig Zehntausende Israelis und Israelinnen auf die Straßen. Für Samstag sind erneut mehrere Kundgebungen und Störaktionen geplant. In Jerusalem wird zudem die Ankunft eines Protestmarschs erwartet. Hunderte Menschen waren am Dienstagabend zu der 70-Kilometer-Wanderung von Tel Aviv nach Jerusalem aufgebrochen. Am Freitag waren es bereits mehr als 10.000 Teilnehmende. Am Sonntagabend soll es zudem eine Demonstration von Befürworterinnen und Befürwortern der Reform in Tel Aviv geben.

Mehrere Minister aus der Regierung verurteilten die Drohung der Reservisten und betonten, sich nicht darauf einzulassen. Finanzminister Besalel Smotrich schrieb auf Facebook: „Ein Land, das sich den Drohungen der Generäle unterwirft, wird tatsächlich zu einem Land, das von einer Militärjunta regiert wird.“

Justiz soll stark geschwächt werden

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte Galant im März entlassen, nachdem dieser öffentlich zu einem Stopp der Pläne aufgerufen und davor gewarnt hatte, dass die nationale Sicherheit schweren Schaden nehmen könnte. Auf seine Entlassung folgten heftige Proteste und ein Generalstreik. Der Regierungschef setzte damals die Pläne aus, Galants Entlassung wurde später rückgängig gemacht.

Israels Regierung will das Höchste Gericht im Land gezielt schwächen. Ihrer Ansicht nach hat die unabhängige Justiz zu viel Einfluss auf politische Entscheidungen. Zuletzt hatte auch US-Präsident Joe Biden, das Land ist der mit Abstand wichtigste Verbündete, offen auf einen Kompromiss gedrängt.