Spaso-Preobraschenskji-Kathedrale in Odessa
Reuters
Kathedrale beschädigt

Ukraine droht nach Angriffen auf Odessa

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach den neuen russischen Angriffen auf die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer Vergeltung angekündigt. Es werde „definitiv eine Vergeltung gegen die russischen Terroristen geben“, sagte er. Neben mehreren Wohngebäuden und Hafeninfrastruktur wurde auch die größte orthodoxe Kirche der Schwarzmeer-Stadt schwer beschädigt.

Dabei handelt es sich um die 1809 geweihte Spaso-Preobraschenskji-Kathedrale, die auch als Verklärungskathedrale bekannt ist. Sie befindet sich im historischen Zentrum der Stadt, das zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Eine Rakete habe den Hauptaltar getroffen, teilte die örtliche Diözese der Ukrainischen Orthodoxen Kirche laut Kathpress mit. Ein Wachmann sei verletzt und in eine Klinik gebracht worden. Auf Bildern ist zu sehen, dass die Decke der Kathedrale eingestürzt ist.

Durch den Beschuss brach ein Feuer im Gotteshaus aus, das von der Feuerwehr gelöscht werden musste, wie es hieß. Die Diözese verurteilte „die Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine, diesen Terrorakt gegen das Hauptheiligtum und das geistige Zentrum der Stadt Odessa“.

Spaso-Preobraschenskji-Kathedrale in Odessa
IMAGO/Sipa USA/Sopa Images
Die Verklärungskathedrale von Odessa liegt in Trümmern

Kirchenoberhaupt äußert tiefe Trauer

Das Oberhaupt der Kirche, Metropolit Onufri, äußerte seine tiefe Trauer über „den weiteren feindlichen Angriff auf die Stadt Odessa“. „Wer in den Himmel zielt, trifft letztlich sich selbst“, betonte er. Aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte sich die ukrainische Kirche im Mai 2022 vom Moskauer Patriarchat losgesagt und sich für unabhängig erklärt.

„Raketen gegen friedliche Städte, gegen Wohngebäude, gegen eine Kathedrale … Es kann keine Entschuldigung für das russische Böse geben“, schrieb Selenskyj am Sonntag in seinem Telegram-Kanal. „Wie immer wird auch dieses Böse verlieren. Und es wird für Odessa definitiv eine Vergeltung gegen die russischen Terroristen geben“, so Selenskyj. Russland bestritt, die Kathedrale getroffen zu haben und verwies stattdessen auf eine ukrainische Luftabwehrrakete. Die EU verurteilte die Angriffe auf die Hafenstadt als Kriegsverbrechen. Die UNESCO zeigte sich bestürzt.

„Nächtlicher Angriff der Monster“

Durch die Angriffe wurden den ukrainischen Behörden zufolge zwei Menschen getötet und 22 weitere verletzt. „Odessa: ein weiterer nächtlicher Angriff der Monster“, sagt Oleh Kiper, Gouverneur der südukrainischen Region Odessa in der Messaging-App Telegram. Ukrainischen Angaben zufolge wurden insgesamt 19 russische Raketen und Marschflugkörper abgefeuert. Die Luftverteidigung habe neun davon abwehren können. Die Angaben lassen sich bisher nicht unabhängig überprüfen.

Russland hatte am vergangenen Montag unter internationalem Protest das Getreideabkommen mit der Ukraine aufgekündigt und bombardiert seitdem täglich Odessa. Die Millionenstadt spielte für den Export der Nahrungsmittel übers Schwarze Meer eine zentrale Rolle. Die Führung in Moskau hat die Angriffe als Vergeltung für einen Angriff auf die Krim-Brücke bezeichnet, die Russland mit der 2014 annektierten Halbinsel verbindet und für den militärischen Nachschub wichtig ist. Die Ukraine hat den Angriff auf die Brücke zwar begrüßt, ihn aber nicht für sich reklamiert.

Angriffe auf Hafenstadt Odessa

Russland hat die ukrainische Hafenstadt Odessa erneut stark beschossen. Dabei sind auch ein Wohnhaus und eine orthodoxe Kirche schwer beschädigt worden. Glück hatte erneut ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz. Sein Hotel liegt nur 100 Meter von dem Haus entfernt, das durch den Beschuss in Schutt und Asche liegt.

NATO-Ukraine-Rat berät am Mittwoch

Fraglich bleibt, wie es mit dem ausgesetzten Getreideabkommen weitergeht. Der NATO-Ukraine-Rat wird am Mittwoch dazu beraten. Das Gremium werde am Mittwoch auf Botschafterebene die Lage im Schwarzen Meer infolge von Russlands Widerstand gegen eine Verlängerung des Getreideabkommens beraten, teilte die NATO mit.

Kurz vor der Ankündigung hatte Stoltenberg mit Selenskyj telefoniert. Stoltenberg teilte danach mit: „Wir verurteilen Moskaus Versuch, Nahrungsmittel als Waffe einzusetzen, aufs Schärfste.“ Die Verbündeten stünden der Ukraine so lange wie nötig zur Seite.

Selenskyj erklärte, er und Stoltenberg hätten über die Umsetzung der beim jüngsten NATO-Gipfel erzielten Vereinbarungen und weitere Schritte zur Integration der Ukraine in das westliche Verteidigungsbündnis gesprochen. Man habe zudem auch notwendige Schritte identifiziert, um den Getreidetransport über das Schwarze Meer von der Blockade zu befreien und langfristig zu gewährleisten.

Appell aus China

China rief Moskau und Kiew unterdessen zu einer raschen Einigung auf. Chinas stellvertretender Ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen, Geng Shuang, forderte zuletzt im UNO-Sicherheitsrat eine baldige Wiederaufnahme der Ausfuhren von Getreide und Düngemitteln aus Russland und der Ukraine. Peking sorgt sich um die Aufrechterhaltung der internationalen Ernährungssicherheit.

Lukaschenko bei Putin

Im russischen Sankt Petersburg kam es am Sonntag indes zu einem hochrangigen Treffen: Der russische Präsident Wladimir Putin empfing den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko. Bei der Begrüßung durch Putin sagte Lukaschenko im Hinblick auf die ukrainische Gegenoffensive laut russischen Nachrichtenagenturen: „Es gibt keine Gegenoffensive.“ Putin entgegnete: „Es gibt sie, aber sie ist gescheitert.“

Die Gespräche sollen Putin zufolge zwei Tage dauern. Dabei werde es „sicherlich“ um die Sicherheit in der Region gehen, sagte er. Der Chef der Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, soll sich in Belarus im Exil befinden.

Blinken: Gegenoffensive dürfte Monate dauern

Die ukrainischen Streitkräfte haben im vergangenen Monat mit der seit Langem erwarteten Gegenoffensive begonnen, konnten aber bisher nur kleine Erfolge gegen die gut verschanzten russischen Invasionstruppen erzielen. Nach Darstellung der USA habe die Ukraine mittlerweile etwa die Hälfte der Gebiete zurückerobert, die Russland bei seiner Invasion ursprünglich besetzt hatte.

Die jüngste Gegenoffensive stehe allerdings erst in den Anfängen und werde ein „sehr harter Kampf“, sagte US-Außenminister Antony Blinken dem Sender CNN. „Sie wird sich nicht in den nächsten ein, zwei Wochen abspielen“, sagte er weiter. Vermutlich werde sie noch „mehrere Monate“ dauern.