Mann trägt ein Kind auf der Flucht vor dem Feuer
AP/InTime News/Lefteris Damianidis
Flucht vor Bränden

Tausende Touristen sitzen auf Rhodos fest

Außer Kontrolle geratene Waldbrände haben auf der griechischen Urlauberinsel Rhodos zu beispiellosen Massenevakuierungen geführt. 30.000 Urlauberinnen und Urlauber sowie Einheimische mussten am Wochenende vor den Flammen flüchten, 19.000 von ihnen wurden mit Bussen und Schiffen in den Norden der Insel in Sicherheit gebracht. Andere flüchteten auf eigene Faust. Viele von ihnen stecken aber auf der Insel fest.

Polizeisprecherin Konstantia Dimoglidou sprach am Sonntag von der „größten Brandevakuierung“, die es je in Griechenland gegeben habe. „Wir mussten ein Gebiet mit 30.000 Menschen evakuieren.“ Nach Einschätzung der Behörden könnte es noch Tage dauern, bis die Brände unter Kontrolle sind. Im Zentralraum von Griechenland, das derzeit von einer Hitzewelle heimgesucht wird, stiegen die Temperaturen am Sonntag sogar auf 45 Grad.

Am Sonntag brannte das Feuer an drei aktiven Fronten. Anhaltende Hitze und starke Winde erschwerten die Löscharbeiten zusätzlich. Die Feuerwehr versuchte vor allem zu verhindern, dass sich die Flammen weiter nach Norden in den dichten Wald ausbreiten.

Satellitenbild von Rhodos
ESA Copernicus, Sentinel Hub
Satellitenaufnahmen vom Sonntag zeigen die starken Rauchsäulen der drei Brände

In der Nacht auf Montag kämpften Hunderte Feuerwehrleute dagegen, dass die Flammen auf weitere Dörfer und Ortschaften übergriffen, wie der griechische TV-Sender ERT in der Früh berichtete. Im Einsatz waren auch zehn Löschflugzeuge und acht Hubschrauber, darunter zwei Flugzeuge aus Frankreich, zwei aus der Türkei, eines aus Kroatien sowie ein Hubschrauber aus Jordanien, wie die Feuerwehr mitteilte. Trockenheit in Verbindung mit hohen Temperaturen und Wind sorgt dafür, dass sich das Feuer ausbreitet.

Rhodos: Größte Evakuierung aller Zeiten

Die griechische Urlaubsinsel Rhodos ist von massiven Waldbränden betroffen. Tausende Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden.

Evakuierungsaktion auch auf Korfu

Auch in anderen Regionen in Griechenland sind nach langer Trockenheit Großbrände ausgebrochen. Auf der Insel Korfu begann in der Nacht zum Montag die Evakuierung der beliebten Ferienortschaft Nisaki. Boote der Küstenwache brachten rund 1.000 Urlauber und Einwohner in Sicherheit. Auch auf der Insel Evia, bei Karystos, und auf der Halbinsel Peloponnes nahe der kleinen Hafenstadt Egion wurden in der Früh große Brände gemeldet. Auch dort wurden Ortschaften evakuiert.

Ministerium: Nur wenige Österreicher warten auf Hilfe

Der Brand auf Rhodos war am Dienstag ausgebrochen. Am Samstag trieben die Flammen dann plötzlich auf mehrere Dörfer zu, die Behörden gaben Evakuierungsalarm. Tausende Touristen, die am Samstag wegen der starken Rauchbildung und der immer näherkommenden Flammen ihre Hotels rund um das beliebte Ferienstädtchen Lindos verlassen mussten, verbrachten die zweite Nacht in Sporthallen und Schulen. Viele warteten im Flughafen auf die nächste Möglichkeit, um abzufliegen.

Was auf Rhodos betroffene Reisende aus Österreich betrifft, so hieß es vom heimischen Außenministerium am Sonntagnachmittag, dass sich nach aktuellem Wissensstand weniger als 15 Personen noch in Regionen mit akuter Brandgefahr befinden und auf eine Evakuierung warten.

„Die österreichische Botschaft in Athen und das Honorarkonsulat in Rhodos stehen mit rund 70 betroffenen Österreicher:innen in Kontakt, die bereits von den griechischen Einsatzteams aus den akuten Brandgebieten evakuiert werden konnten“, informierte das Ministerium. Sie kommen aus mehreren Bundesländern.

Erste Urlauber in Österreich gelandet

Die ersten Urlauber landeten mittlerweile in Wien-Schwechat. Einer der Heimkehrer erzählte, sie hätten alles, was sie mithatten, verloren – mehr dazu in noe.ORF.at.

Ein noch auf Rhodos befindlicher Tiroler berichtete, sein Ort sei von den Bränden nicht betroffen. In seinem Hotel seien aber Urlauber, die flüchten mussten, einquartiert worden – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Ausdehnung der verbrannten Fläche auf Rhodos. Stand: 23.7.2023. Der südliche Teil sieht abgeschnitten aus, da dort noch kein aktuelles Satellitenbildmaterial zur Analyse vorliegt.

Auf der Website des österreichischen Außenministeriums wird auf eine Kontaktnummer der griechischen Regierung verwiesen. Reisende, die Unterstützung bei der Evakuierung benötigen, sollten die Nummer +30 210 3681730 kontaktieren. Bei unmittelbarer Gefahr solle die griechische Notrufnummer 112 gewählt werden.

TUI stoppt Reisen nach Rhodos

Der deutsche Reisekonzern TUI will bis Dienstag keine Urlauber mehr auf die Insel bringen. Zwar seien noch einige Flüge geplant – sie sollten aber nur noch Urlauber von Rhodos zurückfliegen, sagte eine Sprecherin der Nachrichtenagentur AFP.

Der TUI-Konzern habe derzeit rund 40.000 Gäste auf Rhodos, sagte die Sprecherin. „Darunter sind 7.800, die vom Feuer betroffen wurden und in Unterkünfte beziehungsweise Hotels evakuiert wurden.“ Der britische Billigflieger Jet2 sagte ebenfalls alle Flüge auf die Insel ab.

Rauch zieht über einen Strand auf der Insel Rhodos.
Reuters/Damianidis Lefteris
Rauch zieht über einen Strand bei Lindos

Viele Reisende ohne Ausweis

Das griechische Außenministerium und mehrere Botschaften richteten auf dem Flughafen von Rhodos ein Zentrum ein, um Touristen und Touristinnen zu helfen, die in der Hast des Aufbruchs nicht nur ihr Gepäck, sondern auch ihre Ausweise verloren oder vergessen haben.

Waldbrand auf Rhodos
Reuters/Eurokinissi
Hunderte Feuerwehrleute kämpfen derzeit gegen die Flammen an

Allerdings reisten am Sonntag mit Charter- und Linienflügen trotz der Brände weitere Touristen an, wie Reporter berichteten. Rund 90 Prozent der Hotels von Rhodos sind nach Aussagen von Vertretern der Kommunalbehörde von den Bränden unversehrt geblieben – die meisten von ihnen sind angesichts der Hauptsaison jedoch auch ausgebucht.

Wetterextreme & Klimakrise

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut dem aktuellen IPCC-Bericht aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.

„Herz von Rhodos getroffen“

Der Brand habe „das Herz von Rhodos und seine Umwelt getroffen“, sagte der Naturkatastrophenexperte Efthymios Lekkas dem Fernsehsender ERT. Er warnte vor schwerwiegenden Auswirkungen auf die Tourismusbranche der Insel. „Ich bin gerade von Lindos nach Gennadi gefahren“, sagte er. „Alle großen Hotels haben geschlossen. Ich glaube nicht, dass sie dieses Jahr noch einmal öffnen werden, denn die Umgebung ist zerstört und lädt nicht gerade zum Urlauben ein.“

Die Feuerwehr warnte abermals: Die Waldbrandgefahr werde im Südosten der Insel auch am Montag und Dienstag sehr stark bleiben. Grund sei eine Zunahme des Windes. Eine erste Hoffnung ist aber in Sicht: Am Donnerstag soll die praktisch seit zwei Wochen andauernde Hitzewelle in Griechenland vorerst zu Ende gehen.

Die Brandgefahr bleibt jedoch vielerorts extrem hoch. Laut dem griechischen Meteorologen Konstantinos Lagouvardos könnte die laufende Hitzewelle die längtse werden, die in Griechenland je gemessen wurde. Im Juli 1987 waren in Griechenland bei einer ähnlichen Hitzewelle nach Schätzungen 1.300 Menschen ums Leben gekommen.