Nach einem russischen Drohnenangriff zerstörte Getreidehalle in der Region Odessa (Ukraine)
Reuters/Ukrainian Armed Forces
An rumänischer Grenze

Moskau weitet Angriffe auf Donau-Häfen aus

Die ukrainische Hafenregion Odessa am Schwarzen Meer steht derzeit im Zentrum des russischen Beschusses im Süden des Landes. Am Montag wurden erneut sieben Verletzte und schwere Schäden gemeldet. Erstmals wurden auch ukrainische Donau-Häfen nahe der Grenze zu Rumänien mit Drohnen angegriffen. Auch Kiew meldete am Dienstag nächtliche russische Luftangriffe.

„Hafenanlagen an der Donau sind dieses Mal das Ziel“, teilte der Gouverneur der Region Odessa, Oleh Kiper, via Telegram mit. Beschossen wurden die ukrainischen Binnenhäfen Ismajil und Reni, wie die rumänischen Nachrichtenagentur Mediafax meldete. Rumänische Seeleute hatten die Explosionen gesehen und gehört, hieß es. Sechs rumänische Schiffe, die im Hafen von Reni gelegen waren, hätten sich unbeschadet ans rumänische Donau-Ufer retten können.

Nachdem Russland in der Vorwoche das Abkommen zur Sicherung ukrainischer Getreideexporte über das Schwarze Meer aufgekündigt hat, bleibt der Weg über die Donau und das Nachbarland Rumänien eine der Hauptrouten für den Export ukrainischen Getreides. Russische Drohnenangriffe auf ukrainische Binnenhäfen wie Ismajil und Reni zielen auf die gewaltsame Unterbrechung dieser seitens der Ukraine in den Fokus genommenen Route ab.

Kiew spricht von „Nahrungsterrorismus“

Die Drohnenangriffe auf die bisher weitgehend unbehelligten ukrainischen Häfen an der Donau bedeuten eine weitere Eskalation beim Versuch Russlands, ukrainische Getreideexporte zu stoppen. Der Bürgermeister von Reni, Ihor Plehow, sprach in ukrainischen Medien von drei zerstörten Getreidesilos in seiner Stadt. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba warf Russland „Nahrungsterrorismus“ vor und forderte eine globale Reaktion auf die Angriffe.

Seit der russischen Blockade ist die Ukraine noch stärker auf die kleinen Häfen an der Donau angewiesen. Derzeit werden etwa zwei Mio. Tonnen Agrarprodukte im Monat über Reni und Ismajil exportiert, wie der Chef des ukrainischen Getreideverbandes, Mykola Horbatschow, sagte. Weitere Ausfuhren laufen auf Schienen oder Straßen. Horbatschow hoffte trotz der Angriffe auf eine Steigerung der Transporte. Reni ist ein wichtiger Knotenpunkt für Rumänien.

Mindestens 30 Schiffe vor Ismajil

Unterdessen seien nahe dem Hafen Ismajil infolge der Zerstörung der Getreidelager fast 30 Schiffe vor Anker gegangen, wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Daten des Analyseunternehmens MarineTraffic berichtete. Weitere drei Schiffe waren den Daten zufolge entlang der Wasserstraße, die zum Terminal von Reni führt, vor Anker gegangen. Seitens der Ukraine gibt es dazu noch keine Information.

Infolge der Angriffe auf Donau-Häfen appellierte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres an Russland, zum Schwarzmeer-Getreideabkommen zurückzukehren. Zudem warnte er in Rom vor verheerenden Auswirkungen auf „verwundbare Länder, die um die Ernährung ihrer Bevölkerung kämpfen“.

Bukarest sieht „schweres Sicherheitsrisiko“

Der rumänische Präsident Klaus Iohannis verurteilte die russischen Drohnenangriffe auf grenznahe Häfen scharf. „Diese jüngste Eskalation birgt ernsthafte Risiken für die Sicherheit im Schwarzen Meer“, schrieb er auf Twitter. Die Attacke habe sich gegen zivile Infrastruktur sehr nahe an rumänischem Staatsgebiet gerichtet. Sie beeinträchtige den künftigen Transport von ukrainischem Getreide und damit die globale Ernährungssicherheit.

Kiew meldet nächtliche Luftangriffe

In der Nacht auf Dienstag wurde Kiew laut Behördenangaben erneut Ziel von Luftangriffen. Russland habe „Kiew mit Kampfdrohnen angegriffen“, teilte Militärverwaltungschef Serhij Popko auf Telegram mit. Ihm zufolge handelte es sich um den sechsten Drohnenangriff auf Kiew in diesem Monat. Der Luftalarm habe drei Stunden gedauert, alle Geschoße seien entdeckt und zerstört worden. Opfer oder Schäden gebe es nach derzeitigem Stand nicht, sagte Popko. Angaben zur Anzahl der Drohnen oder ihrem mutmaßlichen Abschussort machte er nicht.