Frau trinkt Wasser neben einem Ventialtor während der Hitzewelle in Spanien
Reuters/Isabel Infantes
Studie

Klimawandel verursacht aktuelle Hitzewellen

Die heftigen Hitzewellen in Europa, den USA und China wären ohne den menschengemachten Klimawandel „praktisch unmöglich“. Das geht aus einer neuen Schnellanalyse von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Forschungsnetzwerks World Weather Attribution (WWA) hervor. Die globale Erwärmung habe Hitzwellen wesentlich wahrscheinlicher, häufiger, heißer und länger gemacht.

Extreme Temperaturen halten in diesem Monat Südeuropa, Teile der USA, Mexiko und China im Griff – teils mit Temperaturen über 45 Grad. In Phoenix im US-Bundesstaat Arizona etwa stieg das Thermometer drei Wochen in Folge auf über 43 Grad – ein Rekord.

„Die Rolle des Klimawandels ist absolut überwältigend“, sagte die Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial College London. Otto und ihre WWA-Kollegen haben Wetterdaten und Computer-Modellsimulationen genutzt, um das heutige Klima mit dem der Vergangenheit zu vergleichen. Die Forschenden konzentrierten sich dabei auf Zeiträume, in denen die Hitze in jeder Region „am gefährlichsten“ gewesen sei.

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Waldbrand in Griechenland
AP/Petros Giannakouris
Griechenland kämpft seit fast zwei Wochen mit der bisher längsten Hitzewelle der Messgeschichte. Allein auf Rhodos sind in den vergangenen Wochen durch Waldbrände etwa 150 Quadratkilometer Land zerstört worden.
Man steckt Kopf in einen Brunnen während der Hitzewelle in Italien
Reuters/Remo Casilli
In Rom machen Temperaturen jenseits der 35 Grad Touristinnen und Touristen sowie Einheimischen das Leben schwer
Zerstörung nach Unwetter in Mailand
Reuters/Claudia Greco
Während auch im Süden Italiens Temperaturen jenseits der 40 Grad gemessen wurden, sorgten schwere Unwetter in Norditalien für Verwüstung
Überschwemmung in Kanada
Reuters/Tyler Ford
Auch in weiten Teilen Kanadas wüten noch immer heftige Waldbrände, ungewöhnlich starke Regenfälle lösten im Südosten des Landes Überschwemmungen aus
Krankentransport während der Hitzewelle in Texas
Reuters/Kaylee Greenlee Beal
Die USA sind ebenfalls von extremen Temperaturen geplagt: Ein Hochdruckgebiet – Hitzekuppel genannt – hält die Hitze wie ein Deckel in einer Region gefangen
Arbeiter mit Sonnenschutz in Barcelona
Reuters/Nacho Doce
In Spanien trat die erste Hitzewelle 2023 bereits im März auf
Frau mit Sonnenschirm und Kühlpads in Beijing
Reuters/Tingshu Wang
Peking verzeichnete mit 27 Tagen über 35 Grad schon Mitte Juli die meisten Hitzetage in einem Jahr
Krankenstation während der Hitzewelle in Indien
Reuters/Adnan Abidi
Im Norden Indiens stieg das Thermometer bereits im Juni auf über 45 Grad

Früher „im Grunde unmöglich“, in Zukunft noch schlimmer

In der Vergangenheit sei es „im Grunde unmöglich“ gewesen, dass solche schweren Hitzewellen zur selben Zeit aufgetreten seien, sagte Otto. In der Zukunft könne sich das aber noch verschlimmern. „Solange wir fossile Brennstoffe verbrennen, werden wir mehr und mehr dieser Extreme sehen“, fuhr sie fort.

Den Ergebnissen der Analyse zufolge müssen diese schweren Hitzewellen nun etwa alle 15 Jahre in Nordamerika, alle zehn Jahre in Südeuropa und alle fünf Jahre in China erwartet werden. Und sie werden demnach noch häufiger auftreten, sollte die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter um zwei Grad ansteigen.

Bereits jetzt sind es rund 1,2 Grad. Ein Anstieg der Erderwärmung um zwei Grad könnte in etwa 30 Jahren erreicht sein, sollten die Länder ihre Zusagen aus dem Pariser Klimaabkommen nicht einhalten und ihre Emissionen rasch senken, sagte Otto.

„Noch Zeit zu handeln“

Es sei noch Zeit zu handeln, gab die Wissenschaftlerin an. „Wir müssen dringend die Verbrennung fossiler Brennstoffe stoppen und daran arbeiten, unsere Verwundbarkeiten zu verringern. Wenn wir das nicht tun, werden weiterhin Zehntausende von Menschen sterben“, sagte Otto.

Der Chefklimatologe der US-Raumfahrtbehörde NASA, Gavin Schmidt, hatte in der vergangenen Woche gesagt, der Juli 2023 werde wohl der weltweit heißeste Monat seit „Hunderten, wenn nicht Tausenden Jahren“ werden. Für die Effekte könne zudem nicht nur das Wetterphänomen „El Nino“ verantwortlich gemacht werden, das „gerade erst angefangen“ habe.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) belastet die Hitze zunehmend auch die Gesundheitssysteme. Die extremen Temperaturen verschlimmern häufig Vorerkrankungen wie Diabetes, Asthma und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Dürre und Überschwemmungen als Folge

„Höhere Temperaturen führen zu verstärkter Dürre, weil aufgrund der stärkeren Verdunstung die Böden und Vegetation schneller austrocknen, wenn es nicht viel regnet“, so Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Doch nicht nur Dürre sei eine Folge der Hitze. „Höhere Temperaturen führen auch zu mehr Extremniederschlägen, weil warme Luft mehr Wasserdampf aufnehmen und dann abregnen kann.“ Laut einer Studie im Fachjournal „Climate and Atmospheric Science“ ist die Zahl der Niederschlagsrekorde stark gestiegen. Im Durchschnitt könne einer von vier rekordhohen Tagesniederschlägen auf den Klimawandel zurückgeführt werden.

Der meteorologische Sommer zeigte in diesem Jahr schon viele Rekorde: So war der Juni laut EU-Klimawandeldienst Copernicus seit Beginn der Aufzeichnungen noch nie so warm wie in diesem Jahr. Kanada leidet nach Angaben der dortigen Behörden unter der schlimmsten Waldbrandsaison seiner Geschichte. Und die durchschnittliche globale Temperatur lag im Juli an mehreren Tagen über dem bisherigen Rekordwert aus dem Jahr 2016, wie aus Climate-Reanalyzer-Daten der amerikanischen Universität von Maine hervorgeht.