Der des Amtes enthobene chinesische Außenminister Qin Gang
APA/AFP/Noel Celis
Seit Wochen verschwunden

China setzt Außenminister ab

Der seit mittlerweile einem Monat nicht mehr öffentlich aufgetretene chinesische Außenminister Qin Gang ist abgesetzt worden. Wie der Staatssender CCTV berichtete, stimmte der Ständige Ausschuss des Volkskongresses bei einer Sitzung am Dienstag für die Amtsenthebung des Ministers. Eine Begründung für den Schritt wurde nicht genannt – Spekulationen, wieso er in Ungnade gefallen sein könnte, gibt es aber schon, seit er von der Bildfläche verschwunden ist.

Denn bereits mit Beginn seiner öffentlichen Absenz hatte es in den vergangenen Wochen Spekulationen über das Schicksal Qins gegeben. Der 57-Jährige hatte am 25. Juni seinen letzten öffentlichen Termin in Peking – seitdem wurde er nicht mehr gesehen. Chinas führender Diplomat Wang Yi, der in der Hierarchie noch über Qin stand, hatte den Außenminister mehrfach vertreten.

Zu Beginn der Abwesenheit des Ministers hatte ein Sprecher des Außenministeriums auf Anfrage noch erklärt, dass Qin aus „gesundheitlichen Gründen“ verhindert sei. Doch kamen mit der Zeit ganz andere Spekulationen auf, wonach der Minister eine außereheliche Affäre gehabt habe. Darauf angesprochen sagte eine Sprecherin des Außenministeriums zuletzt, dazu „keine Informationen“ zu haben.

Russischer Vizeaußenminister Andrej Rudenko und chinesischer Außenminister Qin Gang
AP/Ministry of Foreign Affairs of the People’s Republic of China
Beim Empfang des russischen Vizeaußenministers Andrej Rudenko am 25. Juni wurde Qin zum letzten Mal gesehen

Der mögliche Hintergrund einer Affäre wurde über Medienberichte aus Taiwan bekannt. Laut diesen soll es ich bei Qins Affäre um eine chinesische Journalistin handeln, die einen Sohn mit Qin habe. Besonders heikel daran: Der Bub soll in den USA zur Welt gekommen sein und daher die US-Staatsbürgerschaft besitzen. Doch auch mögliche Querelen mit der Führung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) wurden via Medien ins Spiel gebracht.

Erst im März zum Minister ernannt

Qin war erst im März nach einer steilen Karriere unter Staats- und Parteichef Xi Jinping zum Außenminister ernannt worden. Laut „South China Morning Post“ beherrschte Qins lange Abwesenheit zuletzt die innenpolitischen Diskussionen – und das mit dem Potenzial, sich zur größten Krise des chinesischen Präsidenten seit Beginn seiner dritten Amtszeit zu entwickeln, wie es hieß.

Das Verschwinden von hohen Beamten, Prominenten und Geschäftsleuten kommt in China immer wieder vor. Oft stellt sich später heraus, dass sie in Ermittlungen oder Kontroversen verwickelt waren. Die Geheimhaltung des Privatlebens und der Gesundheit hoher Beamtinnen und Beamter ist in der KPCh tief verwurzelt.

Auch Interpol-Chef lange verschwunden

Aus immer noch ungeklärtem Grund verschwand Xi selbst kurz vor seiner Machtübernahme im Jahr 2012 abrupt für zwei Wochen aus der Öffentlichkeit. Zu den bekanntesten Fällen der vergangenen Jahre gehört der ehemalige chinesische Interpol-Chef Meng Hongwei, der 2018 auf einer Reise in China verschwand. Zwei Jahre später verurteilte ihn ein chinesisches Gericht wegen der Annahme von Bestechungsgeldern zu einer langen Haftstrafe.