Schüler hält Smartphone
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„Stören Unterricht“

UNESCO gegen Handys in Schulen

Ein Bericht der UNO-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) warnt vor übermäßiger Nutzung von Handys in Schulen. Man solle deshalb gegen Störungen durch Smartphones im Unterricht vorgehen, so das Lernen verbessern und Kinder vor Cybermobbing schützen, lautet die Empfehlung. Österreich plane kein Verbot, wie das Bildungsministerium ORF.at am Mittwoch mitteilte, sondern sehe in der Digitalisierung eine Chance.

Die UNESCO erklärte in ihrem „2023 Global Education Monitor“, es gebe Beweise dafür, dass die übermäßige Nutzung von Handys mit schlechteren schulischen Leistungen im Zusammenhang stehe und dass ein hohes Maß an Bildschirmzeit negative Auswirkungen auf die emotionale Stabilität von Kindern habe.

Die Forderung nach einem Handyverbot habe eine klare Botschaft, so die UNESCO: Die digitale Technologie insgesamt – einschließlich künstlicher Intelligenz (KI) – sollte stets einer „menschenzentrierten Vision“ der Bildung untergeordnet sein und niemals die persönliche Interaktion mit Lehrerinnen und Lehrern ersetzen.

„Nicht jede Veränderung ist ein Fortschritt“

Die UNESCO warnte politische Entscheidungsträger und -trägerinnen vor einer unreflektierten Nutzung digitaler Technologie. Positive Auswirkungen auf Lernergebnisse und wirtschaftliche Effizienz könnten überbewertet werden, und neu sei nicht immer besser, so die Autorinnen und Autoren. „Nicht jede Veränderung ist ein Fortschritt. Nur weil etwas getan werden kann, heißt das nicht, dass es auch getan werden sollte“, so die Schlussfolgerung.

Smartphones werden in einer Lade gesammelt
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Keine Smartphones in Schulen mehr? In Frankreich bereits Alltag, in den Niederlanden denkbar.

Angesichts der zunehmenden Verlagerung des Lernens ins Internet, vor allem an den Universitäten, forderte der Bericht Politikerinnen und Politiker auf, die „soziale Dimension“ der Bildung nicht zu vernachlässigen, bei der die Lernenden von Angesicht zu Angesicht unterrichtet werden. „Die digitale Revolution birgt ein unermessliches Potenzial, aber ebenso wie vor ihrer Regulierung in der Gesellschaft gewarnt wurde, muss auch die Art und Weise, wie sie in der Bildung eingesetzt wird, beachtet werden“, sagte UNESCO-Generaldirektorin Audrey Azoulay.

Sie fügte hinzu: „Ihr Einsatz muss zu besseren Lernerfahrungen und zum Wohlbefinden von Schülern und Lehrern führen, nicht zu deren Nachteil. Die Bedürfnisse der Lernenden müssen an erster Stelle stehen, und die Lehrkräfte müssen unterstützt werden. Onlineverbindungen sind kein Ersatz für menschliche Interaktion.“

Forderung nach klaren Zielen und Grundsätzen

In dem Bericht heißt es, Regierungen müssten sicherstellen, dass sie über klare Ziele und Grundsätze verfügen, um den Nutzen digitaler Technologie in der Bildung zu gewährleisten. Sie dürfe keinen Schaden anrichten, weder für die Gesundheit der einzelnen Schülerinnen und Schüler noch für Demokratie und Menschenrechte im weiteren Sinne, zum Beispiel durch die Verletzung der Privatsphäre und das Schüren von Hass im Netz.

Ein übermäßiger oder unangemessener Einsatz von Technologie in der Klasse und zu Hause, sei es durch Smartphones, Tablets oder Laptops, könne ablenkend und störend wirken und sich nachteilig auf das Lernen auswirken, so der Bericht. Dieser zitiert umfassende Studien, die auf einen „negativen Zusammenhang“ zwischen übermäßiger Nutzung digitaler Technologie und den Leistungen der Schülerinnen und Schüler hinweisen.

Die Organisation räumte jedoch ein, dass E-Learning „den Zusammenbruch des Bildungswesens verhindert hat“, als Schulen und Universitäten während der pandemiebedingten Lockdowns geschlossen wurden. Sie schätzte, mehr als eine Milliarde Schülerinnen und Schüler seien weltweit während der Coronavirus-Pandemie zum E-Learning übergegangen, fügte aber hinzu, dass Millionen von ärmeren Schülerinnen und Schülern ohne Internetzugang unberücksichtigt blieben.

Bildungsministerium gegen Verbot

„Wir sind prinzipiell gegen ein Handyverbot“, hieß es aus dem heimischen Bildungsministerium gegenüber ORF.at. Vielmehr sehe man in der Digitalisierung eine Chance. Es obliege den Schulen bzw. den einzelnen Lehrkräften, wie sie mit Smartphone und Co. im Klassenzimmer umgehen.

Auch durch KI, etwa durch den Chatbot ChatGPT, der umfassend Antworten in vielen Bereichen generieren kann, sieht das Bildungsministerium Schulen derzeit nicht bedroht. Deshalb sei auch hier kein Verbot vorgesehen. In Österreich forderte zuletzt die Lehrergewerkschaft ein Handyverbot an Schulen.

Verbot in Frankreich in Kraft, in Niederlanden geplant

Die UNESCO analysierte für ihren Bericht 200 Bildungssysteme in der ganzen Welt. Frankreich führte bereits 2018 ein Handyverbot für Kinder bis 15 Jahre in Schulen ein. Schon seit 2010 gilt dort ein Gesetz, das die Handynutzung während des Unterrichts verbietet.

Die Niederlande kündigten Einschränkungen für 2024 an. Bei der Ankündigung des Verbots in diesem Monat sagte der niederländische Bildungsminister Robbert Dijkgraaf: „Schüler müssen sich konzentrieren können und die Möglichkeit haben, gut zu lernen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Mobiltelefone eine Störung darstellen. Wir müssen die Schüler davor schützen.“