EZB-Gebäude in Frankfurt
APA/AFP/Daniel Roland
4,25 Prozent

Neunte Zinserhöhung in Folge im Euro-Raum

Im Kampf gegen die nach wie vor hohe Inflation in der Euro-Zone hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen zum neunten Mal in Folge erhöht. Der EZB-Rat beschloss am Donnerstag eine Anhebung um weitere 0,25 Prozentpunkte. Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, steigt damit auf 4,25 Prozent. So hoch war der Leitzins zuletzt zu Beginn der weltweiten Finanzkrise Anfang Oktober 2008.

Parken Banken Geld bei der EZB, erhalten sie dafür künftig 3,75 Prozent Zinsen, wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte. Nach Jahren mit Null- und Negativzinsen haben die Währungshüter angesichts der hohen Teuerung die Zinsen seit Juli 2022 in einer beispiellosen Serie angehoben. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte die neunte Erhöhung bereits in Aussicht gestellt.

Außerdem beschloss der Rat der Zentralbank, die Mindestreserven künftig nicht mehr zu verzinsen. Dabei handelt es sich um Geld, das die Banken bei der EZB hinterlegen müssen. Durch den Beschluss „bleibt die Wirksamkeit der Geldpolitik gewahrt“, erklärte die Bank. Angesichts der hohen Zinsen war die Verzinsung der Mindestreserve zuletzt als „Subvention“ für Banken kritisiert worden.

Grafik zum EZB-Leitzins
Grafik: APA/ORF

Auch die US-Notenbank Federal Reserve legte im Kampf gegen die Inflation nach und hob am Mittwoch den Leitzins auf den höchsten Stand seit 22 Jahren an. Der Leitzins liegt nun in der Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent.

Inflation weiter zu hoch

Höhere Zinsen verteuern Kredite. Das kann die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken. Zwar schwächte sich die Inflation im Juni ab. Im Währungsraum der 20 Staaten lagen die Verbraucherpreise nach Angaben des Statistikamtes Eurostat um 5,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Im Mai war noch eine jährliche Teuerungsrate von 6,1 Prozent verzeichnet worden.

Die Rate liegt aber weiterhin deutlich über dem mittelfristigen Inflationsziel der EZB von zwei Prozent, bei dem die Notenbank Preisstabilität gewahrt sieht. Zudem stieg die Kerninflation, in der die schwankungsreichen Preise für Energie und Lebensmittel ausgeklammert bleiben, im Juni auf 5,5 Prozent von 5,3 Prozent im Mai. Und dieses Inflationsmaß gilt als guter Indikator für zugrunde liegende Inflationstrends.

EZB erhöht Leitzins auf 4,25 Prozent

Die Europäische Zentralbank erhöht den Leitzins um einen viertel Prozentpunkt. Er liegt damit bei 4,25 Prozent. Das ist der höchste Wert seit Oktober 2008.

Bremse für Konjunktur

Höhere Teuerungsraten lassen die Kaufkraft der Menschen schwinden: Verbraucherinnen und Verbraucher können sich für ihr Geld weniger leisten. Sie treten beim Konsum auf die Bremse. Das belastet das Wirtschaftswachstum, für das der private Konsum eine wichtige Stütze ist. Zugleich verteuern steigende Zinsen Kredite für Unternehmen, weshalb die eine oder andere Investition ausfallen könnte. Auch das bremst die Konjunktur.

Sparer und Sparerinnen profitieren nach jahrelanger Flaute von steigenden Zinsen für Tagesgeld und ähnliche Produkte. Für Kreditnehmer und Kreditnehmerinnen dagegen wird es durch steigende Zinsen teurer, vor allem Bauherren bekommen das deutlich zu spüren.

Kritik an EZB-Politik: „Kostet kurzfristig Wohlstand“

Schon vor der Entscheidung des EZB-Rates hatte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, gemahnt: „Das, was die EZB macht, kostet kurzfristig Wohlstand, kostet Einkommen von Menschen.“ Ein Beispiel dafür seien die aktuellen Probleme in der Baubranche wegen der hohen Zinsen.

Auch andere Wirtschaftswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen haben sich bereits für eine Zinspause ausgesprochen. Eine solche schloss Lagarde am Donnerstag auch nicht aus. Die EZB gehe mit einer „unvoreingenommenen Haltung“ an die nächsten Zinsentscheidungen im September und danach heran, sagte sie.

Zinspause im Herbst denkbar

Diese Entscheidungen hingen von den dann verfügbaren wirtschaftlichen Daten ab. Diese Daten würden darüber entscheiden, „ob wir die Zinsen erhöhen oder ob wir eine Pause machen werden“, sagte Lagarde weiter. Eine Zinssenkung in den kommenden Monaten schloss sie aber aus.