Sobotka soll für sanktionierten Oligarchen interveniert haben

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) soll laut Informationen des „Standard“ für den von der EU sanktionierten russischen Oligarchen Mosche Kantor interveniert haben. Der ehemalige Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses und Propagandist des russischen Präsidenten Wladimir Putin steht seit April 2022 auf der aufgrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine erstellten Sanktionsliste der EU.

Der 69-jährige Russe leitete über ein Jahrzehnt lang den European Jewish Congress (ECJ). Sobotka soll bei Besuchen in Brüssel mit hochrangigen EU-Politikern und -Politikerinnen über die Personalie gesprochen haben, obwohl er für Sanktionen und Außenpolitik nicht zuständig sei. Ein Sprecher Sobotkas war vorerst für die APA nicht zu erreichen.

„Vertrauliche Gespräche“

Gegenüber dem „Standard“ hieß es, Sobotka tausche sich „regelmäßig mit den unterschiedlichsten Persönlichkeiten über die unterschiedlichsten Themen aus“. Und: „Ich hoffe, Sie haben Verständnis dafür, dass diese Gespräche vertraulich sind und auch so behandelt werden.“

Die offizielle Regierungslinie Österreichs sei jedenfalls, die Sanktionen gegen Kantor mitzutragen, hieß es aus dem Außenministerium und von Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). Weder sie noch Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hätten „Bemühungen gesetzt, dass einzelne Personen, etwa Kantor, von diesen Sanktionslisten wieder gestrichen werden“. Immerhin habe man die Sanktionen ja auch selbst mitbeschlossen.

Kurz-Connection

Aus dem Umfeld von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hieß es gegenüber dem „Standard“, er finde die Sanktionierung von Kantor zwar ungerecht, habe sich aber nicht für ein Ende der Maßnahmen starkgemacht. Geschäftsbeziehungen zu Kantor gebe es nicht.

Kurz hatte wenige Wochen nach seinem Rückzug aus der Politik beim Europäischen Rat für Toleranz und Versöhnung (ECTR), der im Jahr 2008 von Kantor gegründet worden war, angedockt. Drei Monate später stellte das ECTR aufgrund der Sanktionen seine Arbeit ein, und Kurz legte sein Mandat zurück.

Große Teile der jüdischen Community stehen jedenfalls eng an Kantors Seite. So auch Ariel Muzicant: Der Wiener, der von 1998 bis 2012 Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien war, ist Kantors Nachfolger als Präsident des European Jewish Congress. Durch die Sanktionen gegen Kantor werde „jüdisches Leben in Europa vernichtet“, sagte Muzicant. Die jüdischen Gemeinschaften würden „enormen Schaden“ nehmen, weil die finanzielle Unterstützung durch Kantor nicht mehr möglich sei.